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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Antonin Lomeg wohnte, musste Hogart den Wagen anhalten, da ihnen ein Bagger mit einer riesigen Schaufel den Weg versperrte. Vor ihnen öffnete sich eine tiefe Grube mit bloßliegenden Abwasserrohren. Möglich, dass hier auch eine neue Metrostation ausgehoben wurde. Einige Bauarbeiter, die soeben aus einer Vorstadtbierstube kamen, stemmten sich gegen den bitterkalten Wind. Das Lokal nannte sich Zum ausgeschossenen Auge und sah nicht gerade vertrauenerweckend aus. Hogart betätigte den elektrischen Fensterheber. Sogleich peitschte der Wind Regen ins Wageninnere. Obwohl es bereits Samstagnachmittag war, knatterte im Hintergrund ein Presslufthammer. Hogart rief einem Bauarbeiter den Namen der Straße zu, in die sie wollten, worauf ihnen der Mann in knappen Worten eine Umleitung beschrieb. Eine Minute später parkten sie vor Lomegs Wohnhaus, umgeben von Baustellen und Maschinen.
    Ivona beugte sich nach vorne, um durch die Windschutzscheibe an dem vierstöckigen Gebäude emporzusehen. »In dieser Gegend war ich noch nie.«
    An der ockerfarbenen Fassade hatte der Regen schwarze Schlieren hinterlassen. Bestimmt wucherte feuchter Schimmel in den Wohnungen. Hogart kannte die altmodischen Fenster mit den windschiefen Holzkreuzen, den Flügeln mit den kleinen rostigen Scharnieren und dem Doppelglas noch aus seiner Kindheit in Wien. Seine Großmutter hatte während des Winters Milch und Butter auf dem Fenstersims gelagert, während eine gehäkelte Stoffschlange Zugluft verhindern sollte. Jede Wette, dass in diesem Gebäude entweder alte Menschen mit Mindestrente oder junge Leute ohne Job wohnten. Niemand sonst würde freiwillig hierherziehen.
    »Also gut«, sagte Ivona. »Knöpfen wir uns den Knaben vor.«
    Ondrej wartete bereits unter dem Torbogen des Hauseingangs auf sie. Im Ledermantel, mit verschränkten Armen und hochgeschlagenem Kragen trotzte er wie eine Statue der Kälte. Demonstrativ rümpfte er die Nase und sah zum Himmel, der sich zusehends weiß färbte. Wie Pelepkov auf dem Fischmarkt gesagt hatte: Es roch nach Schnee.
    »He, Detektiv, es ist saukalt. Ich hoffe, du hast eine gute Spur!« Ondrej hauchte sich in die hohlen Hände.
    Hogart antwortete nicht. Er zog das schwere Holztor auf und trat als Erster ins Treppenhaus. Dort roch es nach Nässe und Kalk. Wasserflecken verliefen entlang der Decke. Stellenweise bröckelte der Verputz von den Wänden.
    Ondrej deutete zu den Briefkästen. »Lomeg wohnt im dritten Stock, Nummer sieben.«
    Hogart warf einen Blick in die Postfächer. Einige waren aufgebogen, an manchen hing das Türchen nur noch an einem einzigen Scharnier. Im Gegensatz zu den anderen Briefkästen war Lomegs Fach prall gefüllt. Hogart blätterte durch die Postwurfsendungen, die aus dem Schlitz ragten. Die älteste stammte von Anfang September. Demnach hatte Lomeg seinen Briefkasten schon seit Wochen nicht mehr geleert.
    Sie gingen tiefer in den Gang hinein. Der Klang von Ondrejs metallbeschlagenen Stiefeln hallte von den Wänden wider. Am Ende des Korridors führte rechter Hand eine Wendeltreppe in die oberen Stockwerke, linker Hand ging es in den Keller hinab, aus dem ein muffiger Geruch emporwehte.
    Vor der Wohnungstür Nummer sieben im dritten Stock lag ein abgewetzter Schuhabstreifer. Wo eine Klingel hätte sein sollen, hingen blanke Kabel aus der Wand. ANTONIN LOMEG stand in krakeligen Blockbuchstaben auf einem Papierstreifen, der unter dem Türspion klebte. Hogart und Ondrej pressten sich beidseits der Wohnungstür mit dem Rücken gegen die Wand, während Ivona anklopfte.
    Nichts geschah. Nach einigen Augenblicken öffnete sich im untersten Stockwerk eine Tür. Hogart spähte über das Stiegengeländer. Eine ältere dicke Frau mit Lockenwicklern und einer geblümten Haushaltsschürze schlurfte die Stufen herauf.
    »Wir bekommen Besuch«, flüsterte er.
    »Verschwindet beide, ich mach das!«, entschied Ivona.
    Ondrej und Hogart stiegen den letzten Treppenabschnitt zum Dachgeschoss hinauf. Durch die Streben des Geländers konnten sie mitverfolgen, was sich ein Stockwerk tiefer ereignete.
    »Hallo, Antonin! Mach endlich auf!«, rief Ivona auf Tschechisch und pochte so lange gegen die Tür, bis die Frau sie erreichte.
    »Nun mal friedlich, Fräulein!«, murrte die Alte auf Tschechisch.
    Angespannt verfolgte Hogart die Unterhaltung mit. Da die Dame ziemlich wichtigtuerisch auftrat, musste es sich wohl um die Hausmeisterin handeln. Ivona beschwerte sich über Antonin, der nicht zu Hause war, obwohl sie

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