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Peter Nimble und seine magischen Augen

Peter Nimble und seine magischen Augen

Titel: Peter Nimble und seine magischen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Auxier
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Anhängsel behandelt und ihn in seinen Sack gestopft. Trotz alledem hatte Sir Tode sich geopfert, damit Peter ihre Aufgabe erfüllen konnte. Der Junge schwor sich, dass er genau das tun würde. »Koste es, was es wolle«, flüsterte er.
    Als Erstes musste er herausfinden, ob das hier wirklich das Verschwundene Königreich war. Nach allem, was er bisher mitbekommen hatte, entsprach der Palast Professor Cakes Beschreibung. Die Außenmauer war mit rankendem Wein bedeckt, und es gab zahllose Balkone, Brücken und Treppen. Alles war aus massivem Fels gehauen und vonzauberhaften Gärten durchsetzt. »Es muss sehr lange gedauert haben, diesen Palast zu bauen«, sagte er zu Mrs Melasse.
    »Oh ja, viele Jahre!«, erwiderte sie. »Unser König hat ihn mit seinen bloßen Händen erschaffen. Stellen Sie sich das mal vor, Mr Trousers!«
    »Warum nennen Sie mich eigentlich ›Mister‹?« Diese Frage beschäftigte Peter schon eine ganze Weile.
    »Weil Sie ein Mann sind, Mr Trousers«, erklärte sie. »Wenn auch ein recht kleiner. Aber in unserem Königreich nennen wir alle Männer ›Mister‹ Soundso und alle Frauen ›Missus‹ Soundso. Ich weiß ja nicht, was in Ihrem Land üblich ist – « Sie schnappte nach Luft und ergriff seinen Arm. »Um Himmels willen! Ich hoffe, bei Ihnen ist es nicht andersherum. Das wäre ja schrecklich peinlich!«
    »Nein. Da, wo ich herkomme, ist es genauso. Alle nennen mich ›Mister‹.« Peter wollte lieber nicht weiter darüber diskutieren. Aber es war schon seltsam, dass sie mit ihm sprach, als wäre er ein Erwachsener. »Mrs Melasse, wie alt sind Sie?«, fragte er, weil er nicht wusste, dass man Frauen solche Fragen niemals stellen durfte.
    »Alt?«
    »Wann sind Sie geboren?«
    »Geboren? Ich weiß nicht, was Sie meinen. Obwohl mir das Wort irgendwie bekannt vorkommt … geboren … geboren …«
    »Nicht so wichtig«, sagte Peter. Er wusste nicht, wie er jemandem erklären sollte, was geboren werden bedeutete.
    »Ah!« Mrs Melasse schnippte mit den Fingern. »Ich wette, Sie meinten gebadet ! Sie wollen wissen, wo ein Badezimmer ist, stimmt’s?«
    »Äh, ja … Ich wasche mir vor dem Essen immer gernedie Hände«, sagte der Junge – eine Lüge, die noch weniger überzeugend war als alle anderen, die er bisher vom Stapel gelassen hatte.
    Mrs Melasse führte Peter durch einen weiteren Gang zu einem Badezimmer. Ihm fiel auf, dass sogar die Toiletten frisch und sauber rochen. Er wusch sich seine rechte Hand, die bei dem Kampf im Rabennest einen ziemlich üblen Schnitt abbekommen hatte. Der Schmerz brachte die Erinnerung an jene letzten schrecklichen Momente auf dem Ausguck zurück. Unter ihm der gähnende Abgrund. Krallen, die an seinen Kleidern zerrten. Sir Todes Stimme in seinem Ohr. Der Druck der Hufe, als der Ritter von seinen Schultern sprang. »Setz die Augen jetzt ein!«, hatte er gerufen, und dann war die Planke unter ihnen durchgebrochen …
    »Juhu, Mr Trousers!«, schallte Mrs Melasses Stimme von draußen herein. »Wir dürfen unser Abendessen nicht verpassen!«
    Peter zwang sich zurück in die Gegenwart. Er verließ das Badezimmer, trocknete sich die Hände an seinen Hemdzipfeln ab (wie kleine Jungen das so tun) und folgte Mrs Melasse in den Speisesaal.
    Der Speisesaal war ein großer offener Innenhof, der von Steinsäulen umrahmt war. Peter hörte, dass von hoch oben Wasser herabplätscherte. Die feinen Rinnsale flossen in einen kleinen Bach, der außen um den Hof herumlief, unter mehreren schmalen Brücken und Pflanzgefäßen hindurch. In der Mitte des »Raumes« stand ein riesiger Tisch, an dem Hunderte von Leuten Platz hatten. Im Gegensatz zu fast allem anderen in dem Palast bestand der Tisch aus Holz. In die Platte war ein flacher Wassergraben eingelassen, auf dessen Oberfläche große Servierplatten mit allennur erdenklichen Leckereien schwammen. Plaudernd und lachend nahmen die Leute ihre Plätze ein.
    Peter hörte etwa ein Dutzend Vögel singen. Es war nicht das übliche Gezwitscher, das er kannte, sondern richtiger Gesang. Sie saßen auf halbhohen Steinsäulen und sangen in mehrstimmigem Chor:
    Das perfekte Ende von einem perfekten Tage.
    Wir lieben unseren König – keine Frage!
    Peter lauschte, wie sie kurz Luft holten und den Reim erneut sangen. Und noch einmal. Und noch einmal. Ihm fiel auf, dass sie bei der Zeile über den König immer ein wenig nuschelten. Diese Vögel kennen sich mit Reimen aus , dachte er bei sich. Vielleicht können sie mir helfen herauszufinden,

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