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Peter Pan

Peter Pan

Titel: Peter Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James M. Barrie
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hätten, aber das verstieß gegen die Bräuche ihrer Rasse. Es steht geschrieben, daß die edle Rothaut in Gegenwart von Weißen niemals Überraschung zeigen darf. So schrecklich das plötzliche Erscheinen der Piraten für sie gewesen sein muß, sie blieben erst mal, wo sie waren, und rührten keinen Muskel – als hätten sie den Feind selbst eingeladen. Dann endlich griffen sie zu den Waffen, und Kriegsgeschrei zerriß die Luft.
    Leider war es zu spät.
    Wir müssen das nicht beschreiben; ein Massaker war es, kein Kampf. So sind viele der Besten des Pickaninni-Stammes umgekommen. Nicht alle starben ungerächt, denn mit Dürrer Wolf starb auch Alf Mason – nicht mehr der Schrecken der Spanischen Gewässer –, und unter denen, die ebenfalls der Staub bedeckte, waren Scourie, Turley und Alsatian Foggerty. Turley fiel durch den Tomahawk von Großer Panther, der sich schließlich seinen Weg durch die Piraten freischlug, mit Tiger Lily und einem kleinen Rest des Stammes.
    Ob man Hook die Taktik, die er hier wählte, zum Vorwurf machen darf, soll die Geschichte entscheiden.
    Hätte er – wie es sich gehört – auf dem Hügel gewartet, dann wären er und seine Leute wahrscheinlich niederge-macht worden; das muß man in Betracht ziehen, wenn man versucht, ihm gerecht zu werden. Vielleicht hätte er seinen Gegnern mitteilen sollen, daß er beabsich-tigte, eine neue Methode anzuwenden. Das wiederum hätte seine Strategie hinfällig gemacht, weil sie ja auf Überraschung beruhte; die ganze Frage ist also äußerst schwierig zu entscheiden. Man kann zumindest eine gewisse – wenn auch widerstrebende – Bewunderung nicht leugnen für den Geist, der solch kühnen Plan ersann, und für das grausige Genie, mit dem der Plan ausgeführt wurde.
    Wie fühlte er sich selbst in diesem triumphalen Augenblick? Gern hätten seine Hunde das gewußt. Wie sie da keuchten und ihre Entermesser wischten, hielten sie vorsichtig Abstand zu seinem Haken und schielten mit ihren Frettchenaugen nach diesem ungewöhnlichen Mann. Stolz war in seinem Herzen, sicherlich, aber sein Gesicht verriet es nicht. Ewig ein dunkles und einsames Rätsel, stand er abseits von seiner Gefolgschaft.
    Das Nachtwerk war noch nicht vol bracht, denn Hook war nicht gekommen, die Rothäute zu vernichten. Sie waren bloß die Bienen, die man ausräuchern muß, damit man an den Honig kommt. Er wollte Pan, Pan und Wendy und ihre Bande, aber vor allem Pan.
    Peter war ein so kleiner Junge, daß man sich doch wundern muß, warum der Mann ihn so haßte. Gewiß, er hatte Hooks Arm dem Krokodil in den Rachen geworfen.
    Aber das und auch die erhöhte Lebensgefahr, die dank der Hartnäckigkeit des Krokodils damit verbunden war, erklären eine solch unerbittliche und tückische Rachsucht kaum. Die Wahrheit ist, daß Peter etwas an sich hatte, das den Piratenkapitän zum Wahnsinn trieb. Es war nicht sein Mut, es war nicht seine blendende Erschei-nung, es war – wir müssen nicht um den heißen Brei herumreden, wir wissen ganz genau, was es war, und sagen es endlich: Peters Frechheit.

    Die ging Hook auf die Nerven, die sorgte dafür, daß ihm die Eisenklaue zuckte, und die plagte ihn nachts wie ein Insekt. Solange Peter lebte, fühlte sich der ge-quälte Mann wie ein Löwe im Käfig, der von einem Spatz geärgert wird.
    Jetzt war die Frage, wie die Piraten die Bäume hinunter kämen, oder vielmehr, wie diese Hunde es schafften.
    Hook musterte sie mit gierigen Augen und suchte die dünnsten aus. Denen wurde ganz mulmig, denn sie wußten, daß er nicht zögern würde, sie unangespitzt in den Boden zu rammen.
    Und was ist inzwischen mit den Jungen passiert? Wir haben sie zuletzt gesehen, als der Waffenlärm losging, versteinert standen sie da, mit offenen Mündern, die Arme flehend nach Peter ausgestreckt. Und wir kehren zu ihnen zurück, als die Münder sich schließen und die Arme wieder herabsinken. Der Tumult da oben hat fast so plötzlich aufgehört, wie er anfing; wie ein Sturmwind, der gleich wieder verschwindet. Aber sie wissen, daß dieser Sturm über ihr Schicksal entschieden hat.
    Welche Partei hat gewonnen?
    Die Piraten, die begierig oben an den Bäumen lauschten, hörten, wie jeder Junge diese Frage stellte, und, ach, sie hörten auch Peters Antwort.
    »Wenn die Rothäute gewonnen haben«, sagte er, »werden sie das Tomtom Schlagen, das ist ihr Sieges-zeichen.«
    Nun hatte Smee das Tomtom gefunden und saß in diesem Augenblick darauf. »Du wirst das Tomtom nie mehr

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