Peter Voss der Millionendieb
lieben!« rief sie und sank weinend in den Sessel.
»Sie sind vorläufig noch gar nicht in der Lage, das entscheiden zu können«, bemerkte er sanft. »Mein Vorschlag bringt die Lösung. Nehmen Sie ihn an und fahren Sie mit mir nach England. Ich werde Ihnen beweisen, daß ich ein Gentleman bin. Ist Peter Voss nicht verrückt, dann kommt er ins Zuchthaus. Kommt er nicht ins Zuchthaus, dann ist er verrückt. Und bei seiner außerordentlichen Intelligenz kann es nur unheilbarer Wahnsinn sein, der ihn antrieb, nach den Millionen zu greifen. In beiden Fällen werden Sie sich von ihm scheiden lassen müssen. Und dann, Mrs. Voss, werde ich erscheinen, und Sie werden mich nicht zurückstoßen.«
»Nein, nein«, seufzte sie mit ersterbender Stimme. »Er wird gesund werden, er muß gesund werden. Ich werde ihn pflegen.«
In diesem Augenblick wurde Dodd das Telegramm gebracht, nach dem Peter Voss auf der Pennsylvania nicht aufzufinden war.
»Sie haben knapp zwei Stunden gesucht«, sagte er ärgerlich und warf es auf den Tisch. »Er ist doch an Bord.«
Am nächsten Morgen fuhren er und Polly mit der Mauretania gen Liverpool. Die ersten Tage hatten die Schiffe Funkverbindung miteinander, und Dodd forderte den Kapitän Siems auf, weitere Nachforschungen nach dem Millionendieb anzustellen. Doch es kam keine Antwort, für Kapitän Siems war die Sache erledigt. Er hatte es satt, sich mit diesen amerikanischen Millionendieben herumzuärgern.
Frank Murrel ließ es sich drei Tage lang wohl sein, wurde von dem Steward sehr gut verpflegt und söhnte sich mit den Widerwärtigkeiten seines Schicksals aus. Aber dann wurde er seekrank, und zwar auf eine so erbarmungswürdige Weise, daß Peter Voss mit Hilfe des Stewards Nachtsüber in die leere Nebenkabine übersiedelte.
Erst am sechsten Tage ging es Frank Murrel wieder besser, allerdings nur körperlich. Den ganzen Tag saß er in der Koje und hatte den Kopf zwischen den Händen. Er hatte Kabinenangst. Der kleine Raum kam ihm wie eine Gefängniszelle vor. Peter riet ihm, Nachts an Deck zu gehen, doch davor hatte Frank Murrel noch mehr Angst.
Da ließ ihn Peter Voss sitzen. Bald war es ja überstanden. Die Pennsylvania näherte sich der englischen Küste.
Peter Voss war der Held des Decks, er hatte eine ganze Gesellschaft um sich versammelt und unterhielt sie mit seinen Witzen und Kartenkunststückchen. Er war ja Frank Murrel, der Varietekünstler. Zu jonglieren lehnte er entschieden ab, weil das Schiff nicht genügend still lag. Er konnte es natürlich nicht. Die jungen Mädchen fanden ihn einfach himmlisch. Am letzten Abend der Überfahrt war das Kapitänsessen. Peter Voss hielt dabei eine schwungvolle Rede auf den wackeren Kapitän Siems und wurde von ihm zu einem Glase Sekt eingeladen.
»Mr. Murrel!« sagte der Kapitän beim zweiten Glase. »Sie sind ein ganz patenter Kerl. Wo haben Sie so gut Deutsch gelernt?«
»Meine Mutter war eine Hamburgerin«, versetzte Peter Voss bescheiden.
»Also auch ein Hamburger Jung!« rief der Kapitän begeistert und stieß mit ihm an.
Aber die Gesellschaft an Deck wollte nicht länger auf Peter Vossens gesellschaftliche Talente verzichten und ließ ihn durch den Decksteward herunterbitten.
Bald saß er wieder mitten unter ihnen und brachte sie in wenigen Augenblicken zum Lachen, kaltblütig wie ein gewerbsmäßiger Spaßmacher.
Und da platzte die Bombe, und daß sie platzte, daran war nichts anderes als Frank Murrels Kabinenangst schuld. Sie hatte jede Vernunft in ihm erstickt. Er mußte hinauf! Sonst wäre er verrückt geworden. Er hätte sich aus dem Bullauge ins Meer gestürzt, wenn die Kabinentür abgeschlossen gewesen wäre.
Jetzt war ihm alles gleich. Er wankte an Deck auf Peter Voss zu, den Hahn im Korbe der Gesellschaft.
Da standen sich plötzlich zwei Frank Murrels gegenüber. Die beiden Backfische fielen in Ohnmacht.
»Betrüger«, zischte der echte Murrel und hob die Faust.
Die Passagiere schrien und stoben auseinander wie ein Schwarm Tauben, unter die der Habicht gefahren ist. Aus dem Rauchzimmer stürzte der Obersteward. Man schrie nach dem Kapitän.
›Nur die Ruhe kann es machen!‹ dachte Peter Voss und fixierte seinen Doppelgänger.
»Verhaften Sie diesen Menschen!« sagte er dann kaltblütig zu dem Obersteward. »Er ist der Millionendieb Peter Voss aus St. Louis!«
»Schurke!« schrie der andere. »Du bist es selbst!«
»Das ist also der Dank!« brüllte ihn Peter Voss in der ehrlichen Entrüstung eines enttäuschten
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