Peter Voss der Millionendieb
Wohltäters an. »Sie kriechen in meinen Koffer, zerbrechen mir meine kostbaren Glassachen, und ich habe trotzdem Mitleid mit Ihnen und verberge Sie in meiner Kabine. Und nun besitzen Sie die Kühnheit, mir den Kleiderschrank auszurauben und hier heraufzukommen und diese nichtswürdige Komödie zu spielen. Auch ein Millionendieb muß Ehre im Leibe haben.«
Über diese Unverschämtheit stand der echte Murrel wie entgeistert da.
Nun erschien Kapitän Siems. Er beschaute sich erst den echten, dann den falschen Murrel und schüttelte dann den Kopf. So etwas war ihm denn doch noch nicht vorgekommen!
»Hier sind meine Papiere!« schrie der echte Murrel mit wutbebender Stimme und riß ein paar Blätter aus seiner Brusttasche.
»Ha!« schrie Peter Voss mit noch wutbebenderer Stimme, stürzte sich schnell auf ihn und entriss ihm die Papiere. »Also auch die hast du mir gestohlen. Das ist ja nun der Gipfel der Frechheit!«
»Kommen Sie mal beide mit!« sagte der Kapitän und ließ sie voran aufs Bootsdeck steigen. »Das werden wir geschwind heraus haben. Geben Sie mal die Papiere her.«
»Sie wagen, an meiner Identität zu zweifeln?« rief Peter Voss empört, als sie in der Kapitänskajüte waren.
»I wo!« tröstete ihn der Kapitän. »Ich will bloß den andern entlarven.«
Da gab Peter Voss die Papiere heraus, und der Kapitän begann den echten Murrel nach allerlei zu fragen, was in den Papieren stand. Wie am Schnürchen wußte er die Angaben herzubeten.
»Was sagen Sie dazu?« fragte der Kapitän ganz überrascht.
»Er hat als geübter Verbrecher die Papiere auswendig gelernt«, sagte Peter Voss wegwerfend.
In diesem Augenblick nahm Frank Murrel vom Tisch einen schweren Aschenbecher aus gegossenem Glas, eine Streichholzschachtel und einen abgebrannten Zigarettenstummel und begann zu jonglieren. Und wie er das konnte! Obwohl der Dampfer stark schlingerte, fiel kein Stück auf den Boden.
»Donnerwetter!« rief Kapitän Siems in ehrlicher Bewunderung.
›Jetzt sitz ich fest!‹ dachte Peter Voss, steckte aber eine sehr verächtliche Miene auf.
»Na, Sie können das gewiss noch besser!« wandte sich der Kapitän an Peter Voss.
»Gewiss!« bestätigte er. »Aber ich tu es nicht.«
Kapitän Siems wich zurück, als hätte er einen derben Schlag auf die Kugelweste erhalten. Sein Argwohn wuchs. Der echte Frank Murrel lächelte triumphierend. Die Kabinenfurcht verließ ihn restlos.
»Das ist sehr verdächtig!« bemerkte der Kapitän und blätterte in den Papieren. »Wann ist Ihre Mutter geboren?«
Peter Voss sagte das richtige Datum, er hatte es sich genau gemerkt, als Frank Murrel seine Personalien hergebetet hatte.
Der Kapitän schaute ihn plötzlich außerordentlich kritisch an.
»Sagten Sie nicht, Ihre Mutter sei eine geborene Hamburgerin?« fragte er stirnrunzelnd. »Hier stammt sie aus Boston. Ich denke, Sie geben die Komödie auf und lassen sich einsperren.«
Peter Voss nickte. Der Kapitän drückte auf den Knopf.
»Er hat die Millionen auf der Bank von England liegen!« rief Frank Murrel.
»Das geht mich nichts an!« wies ihn der Kapitän zurück und gab dem eintretenden Steward einen Wink, den ersten Bootsmann zu holen.
Michel Mohr kam und schaute sich die beiden Murrels an.
»Da steht der Millionendieb!« sagte der Kapitän und wies auf Peter Voss. »Setz ihn mal fest.«
»Kommen Sie!« schnauzte Michel Mohr und packte seinen allerbesten Freund am Arm.
»Mein Smoking!« jammerte Frank Murrel, denn natürlich hatte sich Peter Voss zum Kapitänsessen Murrels Smoking angezogen.
Er wurde in die kleine Kajüte zurückgeführt und mußte in seinen alten blauen Anzug kriechen. Wieder packte ihn Michel Mohr am Arm und brachte ihn unter der Bedeckung zweier Stewards aufs Achterdeck, wo er die Isolierzelle des Hospitals aufschloss. »Marsch, hinein mit dir, du Millionendieb!« brüllte er und gab ihm einen Fußtritt, der aber nur die Luft traf.
Der eine Steward grinste, dem andern schlotterten die Knie. Er schlich zu Frank Murrel in die Kabine und beschwor ihn unter Tränen, ihn nicht anzuzeigen.
»Geben Sie die zwanzig Dollar heraus!« befahl Frank Murrel und nahm das Geld zurück. »Damit ist die Sache für mich erledigt. Sie haben mich wenigstens nicht verhungern lassen.«
Er war alles in allem ein Gemütsmensch.
Peter Voss war gefangen.
›Eine ganz gemütliche Bude!‹ dachte er. ›Nur ein wenig duster!‹
Denn es war gegen zehn Uhr Abends.
Die Pennsylvania hatte durch den Sturm eine solche
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