Peter Voss der Millionendieb
Methode, seine Gedanken zu ordnen. Und das tat dringend not. Wenn dieser Gefangene Peter Voss war – und Dodd zweifelte nicht daran, und wenn es alle anderen abstritten –, dann war es gar nicht so ausgeschlossen, daß sie vielleicht alle mit Peter Voss unter einer Decke steckten. Wahrscheinlich sogar Polly!
Sein Herz bekam einen Stich, als er soweit mit seinen Gedanken war, denn die Sache mit Polly fiel ihm schwer auf die Seele.
Er beschloss, heute Abend noch Polly auf die Probe zu stellen.
Kaum im Hotel, kam sie schon auf ihn zugerannt.
»Endlich sind Sie da!« rief sie und reichte ihm die Hand. »Wie habe ich mich nach Ihnen gesehnt!«
Und nun erzählte er, ganz matt und abgespannt, von der völligen Ergebnislosigkeit seiner Reise nach New York.
»Und was wird nun?« fragte Polly gespannt.
»Ach«, sagte Dodd kraftlos und ließ die Arme herabhängen. »Ich gebe es auf.«
»Was soll das heißen!« rief Polly und rang die Hände. »Sie wollen ihn nicht weiter verfolgen? Das ist gegen unsere Abmachung.«
»O nein!« lächelte Dodd schwach. »Ich bin fertig. Ich werde Stockes & Yarker den Auftrag zurückgeben, und wenn mein ganzes Renommee darüber zum Teufel geht. Ich bekenne offen, Peter Voss ist mir über.«
»Ha!« stieß sie heraus: es sollte bedauernd klingen, war aber der blanke Triumph.
»Ich werde noch heute abreisen. Werden Sie mich begleiten?« fragte Bobby Dodd.
»Was denken Sie von mir!« rief sie empört. »Wenn Sie die Flinte ins Korn werfen, ich weiß, was meine Pflicht ist. Ich werde nicht eher ruhen, bis ich ihn gefunden habe.«
»Ich glaube auch, daß Sie mehr Glück haben werden, als ich gehabt habe«, erwiderte er leise und erhob sich. »Leben Sie wohl, Mrs. Voss.«
Dodd war an diesem Abend mit sich zufrieden. Er wußte Peter Voss hinter Schloß und Riegel, und was Polly betraf, so hatte er längst erkannt, daß er die Partie nur gewinnen konnte, wenn er sie aufgab.
Am nächsten Morgen aber fuhr Dodd nicht zum Flughafen, sondern in den Geburtsort Emil Popels, den er aus den Gerichtsakten kannte. Und dank seiner Weltgewandtheit brachte er es zustande, daß der Amtsvorsteher, ein dicker, gemütlicher Mann, der Küster und der Gendarm sich bereit erklärten, mit ihm nach Rothenburg zu fahren, um den Millionendieb zu entlarven.
Dann sandte Dodd an Jim Stockes ein sehr hoffnungsvolles Telegramm.
Peter Voss aber lag auf der Pritsche und überdachte seinen genialen Fluchtplan zum eintausendunddritten Male bis in die fernsten Winkel.
Jim Stockes aber hielt am nächsten Morgen das Telegramm in Händen, das ihm Dodd geschickt hatte. Es lautete: Hoffe in spätestens vier Wochen mit dem Millionendieb einzutreffen. Er sitzt bereits in Haft.
»Aus!« stöhnte Stockes und sank mit zitternden Händen und schlotternden Knien in den Stuhl.
Dann zerriss er das Telegramm in kleine Stücke und warf es wütend in den Papierkorb.
12
Am folgenden Morgen erschien Dodd mit seinen drei Kronzeugen und in Begleitung des Direktors bei Peter Voss.
»Kennen Sie diese Leute?« fragte Dodd auf Englisch.
»Es tut mir leid«, erwiderte Peter Voss auf Deutsch. »Polnisch verstehe ich nicht.«
Dodd preßte die Lippen zusammen und wiederholte die Frage auf Deutsch.
»Klar«, antwortete Peter Voss und nahm all seine Kombinationskraft zusammen. »Das ist der Amtsvorsteher, bei dem ich Schreiber war, das ist der Gendarm aus meinem Heimatort, und das ist der Schulmeister.«
»Falsch!« rief der. »Ich bin der Küster.«
»Na ja!« machte Peter Voss wegwerfend. »Schulmeister und Küster, das ist doch dasselbe.«
»Eben nicht!« sprach der Amtsvorsteher. »Wir haben einen Schulmeister und einen Küster. Das müssen Sie doch wissen.«
»Ich hab mich nur versprochen«, meinte Peter Voss mit Gleichmut.
»Erkennen Sie in diesen Menschen den Urkundenfälscher Emil Popel wieder?« wandte sich Dodd siegesgewiss an den Landpolizisten.
Der wiegte den Kopf mit der Rotweinnase hin und her. Auch dem Amtsvorsteher schien die wahrheitsgemäße Beantwortung dieser Frage sichtlich schwerzufallen.
»Emil Popel ist das nicht!« antwortete der Küster, der überhaupt nicht gefragt worden war, und die anderen beiden Zeugen nickten schließlich dazu.
Diese Behauptung kam dem Direktor überaus unerwartet.
»Kerl!« fuhr er Peter Voss zornig an. »Willst du jetzt endlich gestehen, wer du bist?«
»Ich hab nichts zu gestehen!« erwiderte Peter Voss eigensinnig.
»He!« schrie der Direktor, rot vor Wut. »Heraus mit der
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