Peter Voss der Millionendieb
unserer Besatzung!« rief der erste Maschinist empört.
Peter Voss kam hoch und machte ein ganz unbeschreiblich dummes Gesicht, als wäre er soeben erst vom Himmel heruntergefallen.
»Auf welchem Dampfer bist du gewesen?« schrie ihn der Kapitän an und schüttelte ihn kräftig.
»Auf der City of Bristoll«, log Peter Voss bestürzt. »Meine Ausrüstung, meine Heuer! Ich muß nach Yokohama, sonst verlier ich sie. Lieber, bester Herr Kapitän, nehmen Sie mich mit, setzen Sie mich nicht unterwegs ab. Ich bin gänzlich mittellos. Ich will gern arbeiten. Ich verlange nichts umsonst. Helfen Sie einem Landsmann.«
Und schon liefen ihm ein paar dicke Krokodilstränen über die schmutzigen Wangen.
»Also besoffen warst du«, schnauzte der Kapitän, schon weniger wütend. »Marsch, in den Heizraum mit dir!«
Der erste Maschinist übergab ihn dem zweiten Maschinisten, der Peter Voss vor das mittelste Kesselfeuer stellte, wo es am heißesten war.
›He!‹ dachte er, nahm den Twistlappen in die Hand und fuhr mit dem Schürhaken in die höllische Glut. ›Mich kannst du nicht meinen! Ich fürcht mich noch lange nicht!‹
Sie liefen noch etliche Zwischenhäfen an. Als er nach dem Namen gefragt wurde, gab er an, Franz Lehmann zu heißen. Es gefiel ihm sehr gut zwischen seinen neuen Kollegen. Das Trimmen besorgten chinesische Kulis. Er fühlte sich als doppelter Millionendieb zwischen den Feuertüren dieses Ozeandampfers vollständig sicher.
Der zweite Maschinist bezeigte ihm des öfteren seine vollste Zufriedenheit und schenkte ihm sogar einen alten, abgelegten Anzug.
»Es ist hier viel schöner als auf der City of Bristoll«, sagte er eines Tages zu ihm. »Ich hätte schon Lust, hier an Bord zu bleiben.«
»Wir wollen mal sehen, was sich machen läßt!« meinte der Maschinist gutmütig und ging, die Manometer und die Wasserstandgläser zu kontrollieren.
18
Als Peter Voss in Yokohama ankam, pumpte er seine Kollegen im Heizraum um ein paar Yen an und ging in dem abgelegten Anzug des zweiten Maschinisten auf die Suche nach der City of Bristol in der festen Hoffnung, daß sie noch nicht angekommen oder schon wieder abgefahren sei. Das letztere wäre ihm natürlich viel lieber gewesen.
Aber sie war leider da. Sie hatte sogar, um nur recht aufzufallen, über die Toppen geflaggt.
›Schade‹, dachte er, warf dem deutschen Schiff einen Abschiedsblick zu und ging in eine Hafenschenke, um sich in aller Ruhe zu überlegen, wie er sich weiter durch die Welt schlagen könnte, ohne Dodd in die Hände zu laufen. Zunächst mußte er sich über den Kursstand der amerikanischen Kupferpapiere orientieren. Zu dem Zweck blätterte er in der englischen Tokio-Times, suchte aber darin vergeblich die Kupferkurse, für die sich die japanische Öffentlichkeit offenbar nicht mehr interessierte, weil sie gar zu tief standen. Dagegen fand er etwas anderes, was für ihn noch interessanter war, nämlich seinen Steckbrief. Die genaue Beschreibung seiner Personalien und seiner früheren Kleidung ließ nichts zu wünschen übrig. Als Unterschrift trug der Steckbrief: Bobby Dodd, Tokio, Nippon-Hotel.
›Hm‹, dachte Peter Voss, der sich in dem abgelegten Maschinistenanzug, dem die Uniformknöpfe fehlten, durchaus sicher fühlte. ›Ich muß doch mal sehen, ob Polly noch bei ihm ist.‹
Mit dem Omnibus fuhr er die kurze Strecke nach Tokio hinauf und hatte bald das Hotel gefunden. Von dem gegenüberliegenden Teehause aus hielt er das Portal des Hotels unter Beobachtung. Als Deckung diente ihm eine große amerikanische Zeitung, in deren Kurszettel er sich vertiefte. Da aber diese Nummer schon vor vier Wochen gedruckt worden war, konnte sie ihm über die Kupferpapiere, die tatsächlich in den letzten Tagen leise angezogen hatten, noch nichts Erfreuliches mitteilen.
Da kam ein Taxi die Straße herauf und hielt vor dem Hotel. Ein Mann stieg aus, der ihm sehr bekannt vorkam.
Es war kein anderer als Bobby Dodd, sein Verfolger. Er schien sehr große Eile zu haben, denn er vergaß sogar, dem lahmen Bettler, der neben dem Hotelportal hockte, etwas zu geben, obschon ihm dieser arme Mann sein löffelförmiges Sammelbrett dicht unter die Nase hielt. Mit langen Schritten schoß Dodd ins Hotel.
Peter Voss war nicht überrascht und handhabte die schützende Zeitung mit erhöhter Vorsicht. Gleich darauf sah er Polly, wie sie ein Fenster im zweiten Stock aufstieß und neugierig auf das bunte Straßengewühl herunterschaute. Peters Herz tat einen Freudensprung.
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