Peter Voss der Millionendieb
Seine Miene war so wirkungsvoll, und seine Maske war so echt, daß sich auch der dickfellige Holländer, der eben von seiner Ausfahrt zurückkam, nicht des Mitleids erwehren konnte.
Peter Voss hielt jedem das Sammelbrett hin, mit der Schrift nach unten. Er hatte schon ein erkleckliches Sümmchen beisammen, als Bobby Dodd und Polly heraustraten. Dodd begann sofort mit zwei Rikschamännern zu verhandeln, während Peter Voss die Gelegenheit wahrnahm und Polly die Schrift vor die Augen hielt.
Sie las und erschrak nicht. Wer mit einem steckbrieflich verfolgten Millionendieb verheiratet war, durfte keine übermäßig erregbaren Nerven haben. Sie fiel also weder in Ohnmacht noch erschrak sie. Peter Voss drehte befriedigt den Löffel wieder um.
»Oh!« rief Polly und legte einen blanken Dollar auf die unbeschriebene Löffelseite. »Du armer Mann! Wie du leidest. Kommen Sie, Mr. Dodd, und schenken Sie ihm auch einen Dollar.«
Dodd gehorchte, und Peter Voss steckte dabei die allerjämmerlichste Miene auf, die jemals ein lahmer Bettler auf dieser Erde zur Schau getragen hatte.
»Ekelhaft!« entfuhr es Dodd unwillkürlich, als er sich mit einer Bewegung des Abscheus von ihm wandte.
Polly stieg ein. Dodd nahm den zweiten Wagen.
»Museumspark«, hörte Peter Voss ihn noch rufen, dann stürmten die beiden Rikschamänner davon.
Peter Voss begab sich sofort wieder auf die Wanderschaft, kroch in irgendeinen dunklen Winkel der Nebenstraße, schliff an einem rauen Stein die Schrift, die ihre Schuldigkeit getan hatte, ab und ersetzte sie durch eine neue: »Fahre ohne Dodd aus, ich folge.«
Dann kehrte er auf seinen alten Platz zurück und machte vortreffliche Geschäfte, denn die Gäste kehrten jetzt zum Dinner zurück. Auch Polly und Dodd erschienen wieder, ohne daß Peter Voss Gelegenheit gehabt hätte, ihr die verbesserte Löffelrückseite vor Augen zu führen. Sie nahm überhaupt keine Notiz von ihm.
Während des Dinners aber erschien sie auf einen Augenblick vor dem Portal und ließ achtlos eine kleine Papierkugel fallen, die wie von ungefähr dem Bettler vor die Füße rollte. Als Peter Voss die Papierkugel erst in den Fingern hatte, begann er seine Kriecherei von neuem, gab sie aber schon hinter der ersten Straßenecke auf, weil er auf zwei Beinen mindestens zehnmal so schnell vorwärts kam.
So fiel er denn dem falschen Krüppel, den er vertreten und der vor seinem Häuschen schon voller Sorgen nach ihm ausgeschaut hatte, fast in die Arme.
»Gewonnen!« schrie er, riß sich die Lumpen vom Leibe, wobei die gesammelten Geldstücke auf den Fußboden fielen, und schwang den Zettel, der die hastig hingekritzelten Worte enthielt: »Morgen früh fährt Dodd nach Yokohama. Ich hoffe Dich im Museumspark zu treffen. Tausend süße Küsse von Deiner Polly.«
»Und ob du mich treffen wirst!« lachte Peter Voss vergnügt und wollte wieder in seinen alten Anzug hineinkriechen.
Allein der kahle Kopf und die gelbe Hautfarbe wollten durchaus nicht dazu passen. Unterdessen hatte der gesunde Krüppel die Geldstücke zusammengelesen und war so überrascht von der Höhe des Gewinnes, daß er Peter Voss allen Ernstes vorschlug, bei ihm zu bleiben, um das Geschäft gemeinsam zu betreiben. Wie es sich nun herausstellte, besaß der Mann nicht nur das Häuschen zu eigen, sondern verfügte außer seinen Lumpen über die Garderobe eines reichen Japaners, die er aber nur des Abends benutzte, wenn er sich von seiner täglichen Kriecherei erholen wollte. Er bot Peter Voss einen seidenen Kimono an, der sich schon sehen lassen konnte. Alles, was zur Ausstattung eines japanischen Kavaliers gehörte, war vorhanden.
Peter Voss ging scheinbar auf das Anerbieten ein und blieb bei dem Bettelkomödianten über Nacht. Am nächsten Morgen drang dieser von neuem in ihn, sein Kompagnon zu werden, da ihn keiner so gut vertreten könne wie er.
Peter Voss versprach ihm, sich die Sache zu überlegen, und verließ das Häuschen als wohlgekleideter Japaner. Eine Rikscha brachte ihn zum Museumspark im Norden Tokios. Hier spazierte er im japanischen Kostüm mit der Grandezza eines Altkastiliers und der unerschütterlichen Würde eines nordamerikanischen Multimilliardärssohnes auf den zierlichen gewundenen Pfaden einher, bis Polly auftauchte. Sie erkannte ihn nicht, aber er ließ sie nicht lange im Ungewissen, folgte ihr bis an eine Stelle, wo die Büsche dicht genug waren, und vertrat ihr den Weg.
»Peter!« jauchzte sie und hing schon an seinem Halse.
Die
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