Peter Voss der Millionendieb
doch noch den Millionendieb.
20
Peter Voss stand im Gerichtsgebäude von St. Louis vor dem Richter, der die Voruntersuchung führte.
»Wo haben Sie die Millionen versteckt?« fragte ihn der mit streng gefurchter Stirn.
»Um die Millionen verstecken zu können«, erwiderte Peter Voss ebenso ernsthaft, »müßte ich sie doch erst einmal gehabt haben. Diese Annahme Ihrerseits ist aber ein Irrtum. Ich erkläre hiermit zum dreihundertfünfundsechzigsten Male, daß ich die Millionen überhaupt nicht gestohlen habe. Ich sitze ganz unschuldigerweise in Untersuchungshaft und müßte längst auf freien Fuß gesetzt worden sein.«
»Damit Sie sich die Millionen holen?« sagte der Richter ironisch. »Wir kennen diesen Trick. Sie stehlen, verstecken, reißen aus, stellen sich dann freiwillig, um ein möglichst mildes Urteil herauszuschlagen, behaupten. Sie hätten das Geld verloren oder es sei Ihnen von dritter Seite wieder gestohlen worden, sitzen Ihre Strafe ab und leben dann als Millionär vergnügt bis an Ihren Tod. Wie gesagt, wir kennen diese schöne Praxis und haben die feste Absicht, sie nicht um sich greifen zu lassen. Sie werden es sich noch sehr überlegen, ob Sie die Millionen mit zwanzig Jahren Zuchthaus bezahlen wollen.«
»Ich beglückwünsche Sie zu diesem Antrag«, rief Peter Voss begeistert. »Sie werden sich den Dank aller amerikanischen Bankhäuser verdienen. Aber bei mir die Wirkung dieser Methode zu erproben ist nicht nur überflüssig, sondern sogar widersinnig. Denn ich habe die Millionen nicht nur nicht versteckt, sondern sie überhaupt gar nicht gestohlen. Ich bin kein Millionendieb.«
»Dies ist eine Behauptung, der leider der Beweis fehlt«, versetzte der Richter schulterzuckend. »Oder sind Sie imstande, diesen Beweis zu erbringen?«
»Sehr wohl«, antwortete Peter Voss. »Ich habe einen Zeugen.«
»Einen Komplicen!« verbesserte ihn der Richter. »Sie haben also den Diebstahl nicht allein ausgeführt.«
»Nein, einen richtiggehenden Zeugen«, rief Peter Voss. »Einen so guten, so vortrefflichen Zeugen, wie er noch keinem des Millionendiebstahles Beschuldigten zu seiner Entlastung zur Verfügung gestanden hat. Dieser Mann braucht nur den Mund aufzutun und zu sagen: Peter Voss ist kein Millionendieb! Und kein Mensch, der es hört, wird an der Wahrheit dieser Aussage zweifeln. Auch Sie nicht, Herr Richter. Sie werden es dem Mann sogar glauben, ohne daß er seine Aussage durch einen Eid bekräftigt.«
»Nun gut!« schmunzelte der Richter. »Nennen Sie den Zeugen. Nach ihrer Behauptung zu urteilen, muß ich ihn nicht nur kennen, sondern auch von seiner absoluten Glaubwürdigkeit überzeugt sein. Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß ich an eine absolute Zeugenglaubwürdigkeit nicht glaube. Aber trotzdem, nennen Sie den Namen. Es gibt Umstände, die eine partielle Glaubwürdigkeit möglich erscheinen lassen. Wenn zum Beispiel der Entlastungszeuge sich durch seine Aussage eines mit dem Millionendiebstahl in direkter Verbindung stehenden Mordes bezichtigen würde. Der Fall aber wird nach menschlichem Ermessen niemals eintreten. Also auch bei Ihrem Fall nicht, wobei übrigens nach meinem Wissen niemand ermordet worden ist.«
»Nach meinem auch nicht«, bestätigte Peter Voss diese freundliche Annahme.
»Also nennen Sie Ihren Komplicen!« forderte ihn der Richter zum dritten Male auf.
»Das verbietet mir leider mein Anstand«, erwiderte Peter Voss und warf sich in die Brust. »Ich bin diesem Zeugen zu großem Dank verpflichtet, und ich werde ihn niemals in eine unangenehme Situation bringen.«
»Aber das ist ja heller Wahnsinn!« fuhr ihn der Richter an. »Nur um einen Menschen nicht in eine unangenehme Situation zu bringen, lassen Sie sich zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilen?«
»Lebenslänglich!« betonte Peter Voss. »Darauf kommt es an. Der Mann hat mir nämlich einmal das Leben gerettet. Und ich leide an einem vorzüglichen Gedächtnis. Außerdem würde ich das Urteil natürlich nicht annehmen, sondern Berufung einlegen. Ich hoffe jedoch zuversichtlich, schon in der ersten Instanz freigesprochen zu werden.«
»Woraufhin?« fragte der Richter verblüfft.
»Auf die Eröffnungen, die ich noch zu machen habe«, sagte Peter Voss. »Ich behalte sie mir für die Verhandlung vor. Aus rein taktischen Gründen.«
»Sie wollen sich also jetzt auf die Aussage beschränken, daß Sie die Millionen nicht gestohlen haben?« fragte der Richter kopfschüttelnd.
»Jawohl«, antwortete Peter
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