Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
eher nur daher gesagt hatte. Schließlich schaute er genau deswegen jeden Tag gründlich in die Zeitung. Falls er es mit organisiertem Menschenhandel zu tun hatte, war er sicher, würden noch andere Kinder verschwinden und die Presse würde darüber berichten. Aber der Express hatte seit Samstag nichts über verschwundene Mädchen berichtet. Der Express war aber bislang ja auch nicht mal über das Verschwinden von Nina informiert.
Was, wenn vor Nina schon Kinder entführt wurden oder als vermisst galten? Wie schnell wurde so eine Entführung in der Presse wirklich zu einem Ereignis, das die Titelseiten schmückte, und nicht eher die Regionalseiten der betroffenen Städte und Orte, war Schmitt in Gedanken gekommen. Und dieser Gedanke machte für Schmitt schon Sinn. Es hätte gut sein können, dass nicht nur Nina in den letzten Tagen entführt wurde. Vielleicht lag genau in dieser Anfrage in den Foren die Antwort. Und er hoffte, dass Carlos die nötigen Antworten liefern könnte.
„Ja, das denke ich auch, Schmitti. Aber, Hombre, es kann auch bloß ein blöder Zufall sein. Ich konnte in den Foren leider nur sehen, dass es diese Anfrage gibt, aber nicht von wem.“
„Scheiße! Stand denn etwas davon, ob schon ein Mädchen entführt wurde?“
„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete Carlos, bekreuzigte sich und sein Blick wich dem von Schmitt aus.
„Was ist los, Carlos? Verschweigst du mir was?“
„Nun, Hombre, wie soll ich das sagen ...“ Carlos stockte die Stimme.
„Ist was mit Nina?“
„Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Aber es wurde etwas von einem sechsjährigen Mädchen erzählt.“
„Was genau? Carlos, machs nicht so spannend“, antwortete Schmitt laut und schämte sich augenblicklich für seinen rauen Ton. Er sah zu Carlos und der wurde ganz ruhig. Schmitt konnte fühlen, dass hier etwas nicht stimmte. Carlos, der immer lustige Carlos, war plötzlich ganz still geworden. Das passte nicht zu ihm.
„Was ist mit Nina?“, fragte Schmitt schon fast im Flüsterton, als kannte er bereits die Antwort.
„Sie ist tot!“
„Was?“, Schmitt lief der Angstschweiß die Stirn runter. Das konnte, das durfte einfach nicht wahr sein. Carlos musste sich geirrt haben. Wie konnte Nina tot sein? Und vor allem, wieso wusste das Darknet, dass sie tot war? Wichtiger noch: D ass es Nina war? Schmitts Verstand wollte diese Tatsache nicht akzeptieren.
„Bist du dir ganz sicher?“, fragte Schmitt daher schon verzweifelt.
„Ich ...“, mehr brachte Carlos nicht zustande.
„Bist du dir wirklich ganz sicher? Zu hundert Prozent??“, fragte Schmitt erneut. Carlos Lethargie machte ihm Angst. Angst, dass es wahr sein könnte.
„Nein, natürlich nicht zu hundert Prozent “, antwortete Carlos hastig.
Schmitt atmete aus. Das gab ihm wieder ein bisschen Hoffnung und Mut.
„Wie kommst du dann drauf, dass sie tot ist?“
„In einem anderen Forum stand, dass die Polizei heute Mittag ein sechsjähriges Mädchen bestialisch zugerichtet und tot aufgefunden hätte.“
„Was? Scheiße, wo?“ Schmitt wollte nicht mehr an dieses eine Prozent Hoffnung glauben, dass Nina noch lebte. Wieso sollte es ein anderes Mädchen sein, das tot aufgefunden wurde? So viel Glück konnte Schmitt nicht haben. Glück? Was für ein perverses Wort! Wenn nicht Nina, so wurde ein anderes sechsjähriges Mädchen bestialisch von einem Perversen getötet und ihren Eltern, Großeltern und Freunden weggerissen. Wie konnte Schmitt da das Wort Glück in den Mund nehmen?
Das Mädchen, wenn es noch leben würde, hätte noch alles Glück vor sich gehabt. Es würde nie wissen wie es ist, sich das erste Mal im Leben zu verlieben, den ersten Kuss auszutauschen, selbst Mutter zu werden. All die Freuden des Lebens würden ihr versagt bleiben, weil ein Wichser seine sexuellen Fantasien an ihr ausleben musste und sie dann aus Angst, seine heile Welt könnte zusammenbrechen, tötete. Wie grausam konnte diese Welt noch sein?
Und dennoch hoffte Schmitt, dass dieses Mädchen nicht Nina war, dass dieses brutale Schicksal eine andere arme Seele erwischt hatte. Warum? Weil er Teil dieser grausamen Welt war. Jeden Tag starben Millionen von Kindern durch Gewalt oder einfach dadurch, dass sie nicht genug zu Essen und zu Trinken hatten , dennoch berührt es die Menschen wie Schmitt nicht.
Schmitt war der Durchschnitt der Gesellschaft. Warum es sie nicht berührte? Weil diese Tode anonyme Tode waren . Die Gesellschaft hatte keinen persönlichen Bezug
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