Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
wahrscheinlich deine Hilfe in einer dringenden Angelegenheit.“
„Welche Tochter musst du denn heute wieder nach Hause bringen?“, fragte Carlos noch immer mit einem Lachen. Er kam hinter der Theke hervor und umarmte Schmitt.
Carlos war ein Kopf kleiner als Schmitt und Ende Vierzig. Sein genaues Alter hatte Schmitt nie erfragt. Mit seinen 1,65 Metern Körpergröße und seinem runden Oberkörper erinnerte er ihn immer an Super Mario, den Klempner aus dem Nintendo-Spiel.
„Ist komplizierter, leider.“
„Oh, das hört sich nicht gut an. Komm, lass uns in mein Büro und bei einem Kölsch reden.“
„Danke.“
Carlos klopfte mit der rechten Hand auf Schmitts Schulter und beide gingen nach hinten, wo sich das Lager und das Büro befanden. Im Lager saß auf einem Stuhl ein Junge. Es war Carlos Neffe Miguel, welcher bei Carlos eine Ausbildung machte.
„Miguel, geh bitte an die Kasse. Ich muss mit Schmitti was besprechen und die nächste Stunde will ich nicht gestört werden.“
„Hi Miguel“, antwortete Schmitt und reichte Miguel die Hand, der diese erwiderte. Miguel war sechzehn und hatte die Schule ohne Abschluss beendet. Wahrscheinlich hätte ihm keiner einen Ausbildungsplatz gegeben, aber Carlos war zum einen vernarrt in den Kleinen und zum anderen war er sein Neffe. Für Carlos war die Familie sehr wichtig und stand in allen Dingen an erster Stelle.
Typisch Südländer , dachte Schmitt immer wieder und bewunderte diesen starken Familienzusammenhalt. Er hatte seinen Bruder das letzte Mal vor fünf Jahren persönlich gesehen. Sein Bruder wohnte in München. Man telefonierte zum Geburtstag und zu Weihnachten, ansonsten hatte jeder sein eigenes Leben, versuchte Schmitt sich selbst gegenüber und auch gegenüber Carlos zu rechtfertigen.
Carlos verstand das nicht. Auch die Entfernung war für ihn kein Grund, seinen Bruder nicht zu besuchen, schließlich besuchte Carlos seine Verwandten in Spanien, genauer gesagt in Segovia, einer kleinen Stadt knapp hundert Kilometer von Madrid entfernt, auch regelmäßig.
Du kannst dich nur auf die Familie und deine besten Freunde verlassen, war die Einstellung von Carlos. Wie konnte Schmitt ihm da widersprechen. Aber es war nun mal so, wie es war. Weder sein Bruder noch er hatten den Antrieb, etwas an diesem Zustand zu ändern. Der Zeit war das völlig egal. Sie eilte weiter voran. Ticktack, ticktack!
Aber Carlos war für Schmitt der beste Beweis, dass man nicht in Schwarz/Weiß denken durfte, dass Menschen entweder nur gut oder schlecht waren. Es gab so viele Faktoren, so viele Nuancen, die eine eindeutige Zuweisung schwer machten. Eigentlich war Carlos vom Charakter her ein guter und zuverlässiger Mensch. Schmitt war sich sicher, dass wenn er Carlos benötigte, dieser für ihn da wäre, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Das war einfach Carlos Natur. Aber war Carlos deswegen ein guter Mensch? Schließlich kannte Schmitt auch die andere Seite an ihm. Er war ein Kleinkrimineller. Das Büdchen nur Tarnung. Sein wirkliches Geld verdiente er mit Kurieraufträgen für die Bosse, wie es Carlos nannte. Und Carlos hatte eine Schwäche für junge Mädchen. War Carlos deswegen ein böser Mensch, den man meiden sollte? Schmitt hatte bis heute keine Antwort darauf.
Im Büro setze sich Carlos auf den Stuhl, welcher vor dem Schreibtisch stand. Das Büro unterschied sich von den meisten anderen Büros nicht wirklich. Es gab einen Schreibtisch mit einem Bürosessel davor und zwei einfachen Bürostühlen dahinter, sowie einen kleinen Besprechungstisch mit vier Stühlen. Ebenso war es mit einem Kühlschrank ausgestattet, wo Carlos Getränke griffbereit lagerte.
Carlos entnahm dem Kühlschrank zwei Flaschen Kölsch, natürlich von der Marke Früh. Alles andere war für Carlos kein richtiges Kölsch.
Er reichte Schmitt ein Bier und setzte sich auf den Bürosessel. Beide öffneten ihr Bier mit einem Feuerzeug, welches auf dem Schreibtisch lag, stießen an und gönnten sich einen großen Schluck.
„So, mein Bester, was bringt dich denn zu mir?“, fragte Carlos und gönnte sich noch einen Schluck. Danach öffnete er eine Schublade unter dem Schreibtisch.
„Mein neuer Fall. Der bereitet mir ziemliche Kopfschmerzen.“
„Oh, da habe ich genau das richtige für dich“, antwortete Carlos und holte aus der Schublade einen Joint heraus, zündete ihn an und nahm einen kräftigen Zug.
„Hier, danach ist es entspannter.“
„Danke, aber du weißt ja, was ich
Weitere Kostenlose Bücher