Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
antwortete Bruhns und klopfte ihm auf die Schulter. „Natürlich war es nicht Marc alleine, der Nina entführt hat. Allein die Aufzeichnungen widerlegen das. Aber was ist, wenn er nur der naive Gehilfe von jemandem war ...“
„Und Schlönz ist dieser Andere?“ Es klang schon mehr als Geistesblitz, denn wie eine Frage.
„Sehr gut, Kollege. Langsam ratterst bei dir. Das Profilbild passt doch sehr gut. Schlönz könnte derjenige sein, der Nina aus dem Kaufhaus entführt hat.“
„Und wie passt Marc in diese Theorie?“
„Das weiß ich noch nicht. Aber du hast ja gesehen, wie naiv Marc ist und wie er zu Schlönz aufschaut. Und bevor du wieder zickst: Marc ist behindert, ja, aber trotzdem ein Mann. Und auch er hat sexuelle Gelüste.“
„Sehr dünnes Eis, Kollegin! Wenn wir Marc mit aufs Revier nehmen und die Presse davon Wind bekommt und wir falsch liegen, dann weißt du, was abgehen wird. Einen Schwerbehinderten zu verhaften kann deine, unsere Karriere kosten.“
„Scheiß auf die Karriere! Welche Wahl haben wir, wenn wir Ninas Leben retten wollen?“
„Ich weiß nicht. Aber wir müssen ganz sicher sein. Wir haben nur den Teddy.“
„Ninas Teddy, welcher zufällig zur Tatzeit bei Nina war und jetzt bei Marc. Und er hat gelogen. Er hätte doch sagen können, dass er den Teddy bei P&C gefunden und ihn mitgenommen hat. Aber nein, er hat gesagt, dass er ihn geschenkt bekommen hat. Wenn ihn das nicht zu unserem Hauptverdächtigen macht, dann weiß ich auch nicht …“
„Scheiße … du hast ja recht, aber ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl bei der Sache.“
„Und ich ein verdammt richtiges!“ Bruhns und Krafts Blicke trafen sich und Bruhns wusste, dass sie Kraft überzeugt hatte. Sie brauchten einen schnellen Erfolg, wenn sie Nina lebend retten wollten. Ja, Bruhns Plan war riskant. Wenn sie Marc nicht schnell zu einem Geständnis bekämen, würde ihnen bald nicht nur die Presse im Nacken sitzen, sondern auch etliche Menschenrechtsorganisationen und Behindertenverbände. Auf den Spießroutenlauf hatte sie, ehrlich gesagt, auch keine Lust. Aber auch dann, wenn Marc ein Geständnis abgelegt hätte, würde dieser Spießroutenlauf starten. Denn die entscheidende Frage letzten Endes war: Wie verlässlich, NEIN, wie belastbar war die Aussage eines Schwerbehinderten? War diese Aussage vor Gericht überhaupt etwas wert?
Bruhns konnte das nicht beurteilen, weil der Grad der Behinderung noch nicht exakt durch die polizeilichen Experten validiert war. Bruhns wusste, die Verhaftung würde nur dann aufgehen, wenn Marc sie zu Nina führen würde. Ansonsten wäre Marc sehr schnell wieder ein freier Mann. Und das war er für Bruhns. Ein Mann! Und Männer hatten sexuelles Verlangen, auch Marc. Bruhns Ziel war somit nicht, dass Marc in den Knast kam, sondern ihn zu einer Aussage zu bewegen, wo Nina war. Wenn sie Nina gefunden hätten, dann würde sich der Rest selbst auflösen. Nina war der Schlüssel zum Erfolg. Dennoch durfte sie keinen Fehler machen, das wusste sie und das bedeutete, dass sie ihre Emotionen im Zaum halten musste. Eine weitere Frage brannte ihr auf den Fingernägel: Was sollte sie mit Schlönz machen? Ihn gleich mitverhaften?
„Was schlägst du vor?“, fragte Kraft und holte Bruhns aus ihren Gedanken zurück.
„Marc mit aufs Revier nehmen!“
„Und Schlönz?“
„Gute Frage. Am liebsten würde ich ihn auch mitnehmen. Aber vielleicht ist es besser, wenn er bleibt und nervös wird, weil er nicht weiß, was Marc aussagen wird. Vielleicht begeht er einen Fehler.“
„Oder er nutzt die Gelegenheit und beseitigt Nina, wenn sie nicht schon tot ist.“
„Ja, die Gefahr besteht. Deswegen muss ihn jemand in Zivil beschatten.“
„Das müssten wir aber vorher mit Wolke abstimmen.“
„Du hast Recht.“
„Bist du dir ganz sicher, Bruhns? Du weißt, wenn wir den Kleinen mitnehmen, gibt es kein Zurück mehr und wenn wir falsch liegen, werden wir die nächsten Monate durch die Hölle gehen.“
„Ich weiß, aber wir müssen es riskieren. Vielleicht lebt Nina noch. Ich rufe jetzt Wolke an.“ Bruhns holte ihr Smartphone und wählte Wolkes Nummer. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Warte!“, kam es aus Kraft herausgeschossen.
Kapitel 26
Tag 2 nach der Entführung, Köln-Kalk, 10:35 Uhr
„Hallo ...?“, fragte eine Stimme am Ende der Leitung zum zweiten Mal.
„Oh, hallo. Hatte es nicht klingeln gehört“, antwortete Schmitt und versuchte seine kurze geistige Abwesenheit zu
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