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Pfad der Schatten reiter4

Pfad der Schatten reiter4

Titel: Pfad der Schatten reiter4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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Eifersucht? Sie und Zacharias verbrachten mehr Zeit zusammen als je zuvor, sie tranken gemeinsam den Nachmittagstee, er nahm sie zu Ratsversammlungen und Audienzen mit und fragte sie sogar in Angelegenheiten des Hofes um Rat. Natürlich erwartete sie nicht, dass er seinen Standpunkt zu seinen bereits gefassten Beschlüssen änderte, aber hin und wieder hatten ihre Bemerkungen ihn doch beeinflusst. Sie genoss ihre Rolle; sie bereitete sich darauf vor, Königin zu werden, und zwischen ihnen wuchs eine echte Freundschaft, die ihnen den Übergang zur Ehe bestimmt erleichtern würde.
    Eine Zeit lang war Estora eher abgeneigt gewesen zu heiraten, aber das war vor ihrer Entführung gewesen. Jetzt war
sie dafür dankbar, zu leben und in Sicherheit zu sein. Außerdem hatte sie nach ihrer Rückkehr Zacharias’ Sorge um sie tief berührt. Sie glaubte nämlich nicht, dass er nur darüber besorgt gewesen war, wie ihr Vaters reagiert hätte, wenn sie nicht wohlbehalten zurückgekommen wäre.
    Sie schätzte seine fürsorglichen Aufmerksamkeiten. Zwar blieb ein Teil von ihm immer noch distanziert, aber sie war sicher, dass sich auch das mit der Zeit ändern würde. Schließlich ziemte es sich nicht für ihn, sich allzu sehr mit ihr vertraut zu machen, und aufgrund ihres Ranges wurden sie ständig von allen Seiten scharf beobachtet.
    »Was wolltet Ihr mir zeigen?«, fragte Zacharias.
    »Etwas Unterhaltsames«, antwortete sie. Das hieß, falls sie den Akrobaten mit der Spiegelmaske finden konnte. Vielleicht war es albern von ihr, ihn zu einem solch trivialen Amüsement zu verleiten, aber als sie in die Spiegelmaske gesehen hatte, war sie sicher gewesen, mehr als nur ihr eigenes Spiegelbild zu sehen: Sie hatte einen kurzen Blick ihrer eigenen strahlenden Augen aufgefangen, die auf ein Baby in ihren Armen hinuntersahen. Ein Baby mit weichen goldenen Haaren. Zumindest glaubte sie, das gesehen zu haben. Vielleicht hatte sie nur gesehen, was sie hatte sehen wollen. Trotzdem hatte ihr die Vision große Freude gemacht, und sie hoffte, dass Zacharias etwas Ähnliches sehen würde.
    Die Spiegelmasken, in die sie als Mädchen zu Hause in Coutre auf den Maskenbällen geblickt hatte, hatten nie solche Visionen hervorgerufen, aber sie und ihre Freunde hatten trotzdem welche erfunden. Einmal hatte sie so getan, als hätte sie gesehen, dass sie Königin geworden war. Wie seltsam, dass dies nun bald in Erfüllung gehen würde.
    »Wo ist er?«, murmelte Estora.
    Wie zur Antwort auf ihre Frage erschien der Akrobat in der Menge und landete mit einem Rückwärtssalto direkt vor ihnen.
    Estora klatschte in die Hände. »Gut gemacht!« Zu Zacharias sagte sie: »Ich habe meinen Spaß mit dieser Spiegelmaske gehabt. Jetzt seid Ihr dran.«
    Zacharias lächelte halb. »Ich habe nicht mehr in eine Spiegelmaske gesehen, seit ich ein Knabe war.«
    »Und was habt Ihr damals gesehen?«
    »Einen Knaben. Einen Knaben, der hoffte, etwas Großes zu sehen.«
    Sie tauschten ein Lächeln, und dann blickte er in die Maske. Einige Gäste gesellten sich dazu, um zu beobachten, wie sich ihr König an einem solch albernen Spiel beteiligte.
    Estora beobachtete Zacharias und sah, wie jede Spur des Vergnügens aus seinem Gesicht verschwand. Er starrte ohne zu zwinkern in den Spiegel, als wäre er hypnotisiert.
    »Er scheint ziemlich in sich selbst verliebt zu sein«, scherzte ein Cousin Estoras. »Vielleicht wird für Euch kein Platz auf der Hochzeit sein.«
    Diejenigen, die in Hörweite standen, lachten, aber Zacharias lachte nicht mit. Er bewegte sich nicht, und ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus, bis der Akrobat einige Augenblicke später davonhüpfte.
    Zacharias blickte ihm nach und sah aus, als erwachte er aus einem Traum.
    »Was habt Ihr gesehen, Majestät?«, fragte Estoras Cousin.
    »Ja«, fielen andere ein, »was habt Ihr gesehen?«
    Zacharias lächelte, aber Estora sah, dass das Lächeln gezwungen war. »Ich sah«, sagte er, »den besten König, den Sacoridien je hatte.«
    »Und wie hieß er?«, rief jemand.
    Dies erntete noch mehr Gelächter, aber Zacharias gab keine Antwort. Er sah in die Richtung, in die der Akrobat verschwunden war, und sein Gesicht war ernst.

    Als sich die Zuschauer verliefen, fragte Estora ihn: »Was habt Ihr wirklich gesehen?«
    Sie bekam keine Antwort, denn ein Mann in einem roten Mantel und der Maske eines Löwen rannte brüllend auf sie zu, ein Dolch blitzte in seiner Hand.
    Estora schrie.

DIE VISION DES KÖNIGS
    Karigan stieg

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