Pfad der Schatten reiter4
passieren können, waren noch zu frisch und lagen zu dicht unter der Oberfläche.
»Ja«, sagte der König nachdenklich und strich sich den Bart. »Man hört so manch Interessantes, und anderes hört man nicht. Ich habe Sie alle versammelt, meine engsten, meine vertrautesten Räte, weil ich gewisse Dinge erfahren habe, und weil ein Urteil gefällt werden muss.«
In seiner Stimme schwang Erschöpfung mit, aber sein Gesichtsausdruck war streng, als er auf die anderen herabsah. Alle senkten die Köpfe und sahen ernst und sogar nervös aus.
»Kastellan Sperren.«
Der alte Mann trat vor. Laren meinte, er würde gleich vor aller Augen zu Staub zerfallen. »Eure Hoheit?«
»Wie ich höre, haben Sie nicht aktiv gegen mich intrigiert, während ich mich von meinem sogenannten Reitunfall erholte. Sie waren sogar selbst unpässlich. Dennoch habe ich den Eindruck, dass Sie auch nicht gegen die Vorgänge protestierten, was mich persönlich traurig macht, aber kein Verbrechen ist. Sie haben dem Reich seit der Zeit meines Großvaters treu gedient, und als der Kastellan, der mir vor Ihnen diente, sich als Verräter entpuppte, kehrten Sie willig in meinen Dienst zurück, obwohl Sie längst pensioniert waren. Mir scheint, ich habe Ihnen allzu viel abverlangt, indem ich Sie hier viel länger festhielt, als wir ursprünglich vereinbart hatten, und deshalb entlasse ich Sie nun mit allen Ehren wieder in den Ruhestand. Ich hoffe, dass Sie sich daran erfreuen und Frieden finden, alter Freund.«
Sperren wankte und seine runzligen Wangen schimmerten tränennass. Er verneigte sich und trat zurück. Laren fand, dass
diese Maßnahme längst hätte erfolgen sollen. Während der Beratung traf man Sperren häufiger schlafend als wach an, und sein ehemals klarer Verstand war in den letzten Jahren deutlich trüber geworden. Früher waren seine Weisheit und sein Rat unverzichtbar gewesen, aber aufgrund der vielen Herausforderungen, denen Sacoridien begegnen musste, musste Zacharias die fähigsten, schärfsten Denker um sich scharen, die er auftreiben konnte.
»Man hat mir mitgeteilt, was um mich herum geschah, während ich bewusstlos war«, sagte Zacharias. »Ich bedaure, dass mit einer einzigen Ausnahme alle meine persönlichen Ratgeber, die mir am nächsten stehen, meinem Urteil nicht vertrauten und nicht bereit waren zu akzeptieren, was ich in Bezug auf meinen Erben im königlichen Treuhanddokument bestimmt oder nicht bestimmt hatte. Ich hatte gehofft, sie würden mich besser kennen. Für den Fall meines vorzeitigen Todes hatte ich Pläne gemacht, die gewährleisteten, dass der Machtübergang so reibungslos wie möglich verlief. Doch meine Ratgeber waren nicht bereit, auf die offizielle Öffnung der Schatulle zu warten, um dann zu tun, was das Treuhanddokument vorsah. Stattdessen nahmen sie die Sache selbst in die Hand und verlegten meine Hochzeit vor. Eine Hochzeit, derer ich mir gar nicht bewusst war.
Unterdessen wurde die einzige Ratgeberin, die im vollen Vertrauen auf mich handeln wollte, unter Hausarrest gestellt, damit sie die Pläne, die Sie, meine Herren, geschmiedet hatten, nicht durchkreuzen konnte. Gewiss, ich habe alle Gründe dafür gehört, warum Sie so und nicht anders gehandelt haben, und ich habe jeden von Ihnen angehört, aber letzten Endes läuft alles auf Vertrauen hinaus. Ich kann mich nicht mit Menschen umgeben, die meine Wünsche nicht respektieren, die das königliche Gesetz ignorieren und die mir nicht auch persönlich vertrauen. Meisterheiler Destarion.«
Der Heiler trat vor und schluckte schwer. »Eure Majestät.«
»Genau wie Sperren haben auch Sie dem Reich lange und gut gedient. Bis auf dieses eine Mal haben Sie mir stets Ihre Treue bewiesen. Wie Sie wissen, fordern Ihre jüngsten Handlungen jedoch die schwersten Strafen. Dass Sie einen meiner Offiziere, meinen persönlichen Boten, einfach bei der Ausübung ihrer Pflichten ausgeschaltet haben, ist allein schon ein Vergehen, das schlimmste Bestrafung erfordert.«
»Ja, mein König«, flüsterte Destarion. »Das weiß ich.«
»Dennoch zögere ich«, fuhr Zacharias fort, »einen Gelehrten zum Tode zu verurteilen, der im Lauf seines Dienstes wesentlich mehr Gutes als Böses bewirkt hat. Deshalb werde ich Sie Ihres Amtes als oberster Heiler entkleiden und Sie zur Flusseinheit abkommandieren, und zwar zu einem Außenposten im äußersten Norden, an der Mündung des Flusses Terrygood. Dort gab es seit Langem keinen echten Heiler, und ich bin sicher, den Siedlern
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