Pfad der Schatten reiter4
großen Sorgen gemacht, denn sie neigten dazu, sich von Menschen fernzuhalten, aber nach einem solch strengen Winter vermutete Laren, dass sie verzweifelt nach einer Mahlzeit gierten. Sperling war ganz bestimmt ein Beutetier, und falls die heulenden Tiere halb verhungert waren, würden sie ihre natürliche Furcht vor Laren überwinden.
Sie trieb Sperling zu einem schnelleren Trab an und spähte in den immer grauer werdenden Wald, und das Heulen erklang
wieder, lauter, näher, überall um sie herum. Würde sie eine Verfolgung nicht erst recht herausfordern, wenn sie Sperling zum Galopp zwang?
Als die Schreie den Wald erneut erfüllten, klangen sie irgendwie nicht ganz richtig. Weder wie Wölfe noch wie Kojoten. Sie klangen fast wie menschliche Stimmen.
Erdriesen.
»Alle fünf verdammten Höllen«, murmelte Laren. Aus dem Augenwinkel erhaschte sie die Bewegung einer menschenähnlichen Gestalt, die unter den Bäumen lauerte. Menschenähnlich, aber nicht menschlich.
Dann entdeckte sie noch eine, und dann noch eine …
Sie zog ihren Säbel und trat Sperling die Absätze in die Flanken. Der strenge Winter war für alle Wesen hart gewesen, bestimmt auch für die Erdriesen. Der Hunger musste sie so tief nach Sacoridien hineingetrieben haben.
Der Schnee stob unter Sperlings Hufen auf, als er vorwärts sprang. Laren beugte sich tief über seinen Hals, den Griff ihres Säbels fest in der behandschuhten Hand.
Die Erdriesen versuchten nun nicht länger, sich zu verbergen, sondern rannten unter furchterregendem Geschrei mit schwingenden Keulen und primitiven Äxten auf Laren und Sperling zu. Als Sperling an ihnen vorbeischoss, sah Laren ihre fellbedeckten Gesichter mit den gefletschten Zähnen nur schemenhaft. Die Erdriesen stürzten aus dem Wald auf den Pfad und versuchten, ihr den Weg zu versperren. Sie schlug einen mit ihrem Säbel nieder, dann einen weiteren. Blut spritzte über den Schnee.
Nun stürmten so viele auf den Pfad, dass sie ihn blockierten, während andere sie von der Seite angriffen. Laren riss Sperling herum, musste aber feststellen, dass die Erdriesen ihr auch hinten den Weg abgeschnitten hatten. Ihre Falle war zugeschnappt.
Ihre einzige Chance war, sich freizukämpfen und zu Elgins Hütte zurückzureiten, und dort konnten sie ihnen vielleicht gemeinsam trotzen.
Sie hackte eine mit Klauen bewehrte Hand ab, die nach Sperlings Zügel gegriffen hatte, und wehrte eine herabsausende Axt ab. Ihr Säbel durchbohrte den Hals eines Erdriesen.
Diese Erdriesen waren mit Fetzen und Häuten bekleidet, eigentlich erbärmlich. Keiner schien irgendeine Art von Rüstung zu tragen, was Larens Chancen erhöhte.
Sperling trat nach hinten aus und Laren hörte ein nasses Geräusch, ähnlich einer platzenden Melone. Eine Keule drosch auf ihren linken Oberschenkel, und sie schwang ihr Schwert über Sperlings Hals hinweg, um es einem Erdriesen ins Gesicht zu schlagen. Er jaulte vor Schmerz und ließ von ihr ab.
Sperling preschte auf die Angreifer zu, trat sie, biss sie und versuchte, aus ihrer Umzingelung auszubrechen, obwohl er Hiebe am ganzen Körper einsteckte. Dadurch wurde er nur noch wütender und wieherte eine Herausforderung, bevor er einen weiteren Erdriesen mit den Vorderhufen niederschlug.
Laren ermüdete allmählich und wusste, dass es Sperling genauso ging. Wenn sie sich nicht bald freikämpften, würden sie in ernsthaften Schwierigkeiten stecken.
Keiner der Erdriesen schien mit einer scharfen Klinge bewaffnet zu sein, aber gerade, als sie den Göttern dafür dankte, fegte scheinbar aus dem Nichts ein Kurzschwert auf sie zu und zerfetzte ihren Umhang. Kastanien purzelten aus ihrer zerschnittenen Tasche.
Sie wehrte einen zweiten Hieb ab und schlug ihre Klinge in den Schädel eines weiteren Erdriesen, der auf Sperlings Gesicht eindrosch. Ihr Säbel traf auf Knochen, und in diesem Moment schnellte das Kurzschwert auf sie zu.
Sie sah das Unvermeidliche kommen. Sie würde im Kampf fallen, und Sperling ebenfalls.
PFEILE
Als sich das Kurzschwert Laren näherte, schien sich die Zeit zu verlangsamen. Sie hatte dieses Phänomen schon bei anderen Kämpfen erlebt, dieses Dehnen der Zeit, das es ihr erlaubte, auch die kleinsten Einzelheiten zu erkennen. Sie sah die katzenähnlichen Ohren des Erdriesen zucken, sah seine gelblichen Hauer, seinen hageren Körper unter seinen Fetzen und dem spärlichem Pelz. Ja, er war ganz offensichtlich am Verhungern.
Sie sah die Klinge, verrostet, dreckig und voller Scharten. Sie
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