Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
hatte.«
Mitfühlend blickte ich zu meinem weißen Tiger. Seine Augen waren geschlossen, aber seine Ohren schnalzten vor und zurück. Er lauschte gebannt.
»Wir sind ein Stück mit den Baiga gewandert, haben mit ihnen ein Fest gefeiert und sie dann verlassen, nachdem ich dich hergebeten hatte«, erklärte er Nilima.
»Sie haben die Gottheit sehr authentisch gespielt«, neckte ich ihn.
»Ja. Offenbar haben die Baiga angenommen, wir alle vier wären Gottheiten. Hätte ich gesehen, was sie miterlebt haben, hätte ich das wohl auch geglaubt.«
»Haben sie wirklich Magie benutzt, um Ren gefangen zu halten?«, fragte ich neugierig.
»Als ich mit ihnen darüber geredet habe, hat der Gunia tatsächlich behauptet, er könne Tiger kontrollieren und habe Ren mit seiner Magie gebannt. Er kann eine Art Barriere heraufbeschworen, um sein Dorf vor Tigerangriffen zu schützen. Allerdings meinte er, er hätte den Zauber vor etwa einer Woche ins genaue Gegenteil umwandeln und stattdessen Tiger anziehen sollen. Angeblich sind die Soldaten die ganze letzte Woche von ungewöhnlich vielen Tigern angegriffen worden.«
»Oh, das ist also der Grund, weshalb Kishan hineinkonnte?«
»Gut möglich.«
»Bedeutet das im Umkehrschluss nicht, Ren hätte fliehen können?«
»Wahrscheinlich, aber Lokeshs Macht ist nicht zu unterschätzen. Ich vermute, die Baiga waren nur Plan B, für den Fall, dass Lokesh zu abgelenkt ist, um Ren selbst außer Gefecht zu setzen.«
»Er ist schrecklich«, sagte ich leise. »Ren war der ultimative Preis, seine Trophäe. Derjenige, auf den er jahrhundertelang gewartet, den er all die Zeit über gejagt hat. Er hätte Ren niemals fliehen lassen.«
Da fiel mir Kishan ins Wort. »Ich denke, er hat das Interesse an Ren verloren. Er ist jetzt hinter jemand anderem her.«
Mr. Kadam schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Hinter wem?«, fragte ich.
Er sagte nichts.
»Hinter mir, nicht wahr?«, stellte ich ausdruckslos fest.
Nach langem Zögern wandte sich Kishan an Mr. Kadam: »Es ist besser, wenn sie es weiß und sich vorbereiten kann.« Dann drehte er sich zu mir. »Ja. Er hat es nun auf dich abgesehen, Kells.«
»Warum? Ich meine, warum auf mich? «
»Weil er weiß, wie wichtig du für uns bist. Und weil … du ihn besiegt hast.«
»Das war ich doch gar nicht. Das warst du.«
»Aber das weiß er nicht.« Kishan warf mir einen vielsagenden Blick zu.
Ich stöhnte leise auf und hörte Kishan nur mit halbem Ohr zu, während er unseren Kampf mit Lokesh beschrieb und ich hin und wieder etwas ergänzte.
Ren beobachtete uns und lauschte unseren Worten. Ich stellte meinen unberührten Teller auf den Boden, in der Hoffnung, ihn damit anzulocken. Er betrachtete mich neugierig, erhob sich dann und kam zu mir getrottet.
Er aß die Eier, schob den überbackene Toast jedoch mit den Pfoten hin und her, ohne dass es ihm gelang, ihn in sein Maul zu befördern. Vorsichtig benutzte ich meine Gabel und spießte ein großes Stück auf. Ren hob den Kopf, zog den Toast geschickt von der Gabel und verschlang ihn mit einem Bissen. Dasselbe wiederholte ich mit dem anderen Stück. Nachdem Ren den Teller saubergeleckt hatte, legte er sich neben Kishan und begann, sich den klebrigen Sirup von den Pfoten zu schlecken.
Kishan hatte aufgehört zu reden, und als ich aufblickte, bemerkte ich, dass er mich beobachtete. In seinen Augen lag Traurigkeit. Ich sah weg. Er runzelte die Stirn und nahm seinen Gesprächsfaden wieder auf. Als er zu der Stelle kam, wo Lokesh drohte, mich zu töten und mein Herz zum Stillstand zu bringen, unterbrach ich ihn.
»Lokesh hat damit nicht mich gemeint«, stellte ich klar.
»Doch, das hat er, Kells. Er musste gewusst haben, wer du bist. Er sagte: ›Ich werde ihn töten.‹«
»Ja, aber warum solltest du , verkleidet als Kelsey , dir Gedanken um mich in meiner Baiga-Verkleidung machen? Er meinte, er würde ihn töten, nicht sie . Er hat nicht mich bedroht.«
»Wen dann?«
Ich blickte zu dem weißen Tiger und spürte, wie mein Gesicht flammend rot wurde.
»Oh«, sagte Kishan matt. »Die Drohung galt ihm . Hätte ich das doch nur damals gewusst!«
»Ja, die Drohung galt Ren. Er wusste, ich würde nichts tun, was ihn in Gefahr bringt.«
»Richtig. Das hättest du nicht.«
»Was soll das bedeuten? Und was soll das heißen, du wünschtest, du hättest das damals gewusst? Hättest du dann etwa weitergekämpft? «
»Nein. Ja. Vielleicht. Keine Ahnung, was ich getan hätte. Im Nachhinein kann ich das
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