Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Sie den Abdruck haben?«
»Ach, das.«
»Ja, das!«
Sie tat es mit einem Achselzucken ab. »Sie haben nicht gefragt.«
»So viel zum Vertrauen«, sagte er scharf.
»Es liegt nicht daran, dass ich Ihnen nicht vertraue«, entgegnete sie hastig. »Es war mir schlicht entfallen.«
»Ich glaube Ihnen nicht.« Er ließ sie los und winkte der Kutsche, die in diesem Moment in die Straße einbog.
»Warum nicht?«, fragte sie stirnrunzelnd.
»Wie Sie sagten, Gabriella.« Die Kutsche hielt vor ihnen, und Nate riss die Tür auf. Erschrocken sah die wartende Zofe zu ihm und rutschte in die hinterste Ecke des Wagens. »Vertrauen muss verdient werden.«
Dann half er ihr in die Kutsche und schlug die Tür wieder zu.
»Außerdem hege ich nicht die Absicht, diesen Ball zu besuchen«, sagte sie mürrisch.
»Oh doch, Sie werden. Es ist in Ihrem Interesse, dort zu erscheinen.«
»Sie können es mir nicht befehlen, als wäre ich …«
»Als wären Sie die Dame, die ich verhaften lassen könnte?«
Sie rang nach Atem. »Nathanial Harrington, ich kann nicht glauben, dass Sie …«
»Dass ich Sie erpresse? Man tut, was man tun muss. Ich sehe Sie zu Hause.«
Sie lehnte sich aus dem Fenster. »Kommen Sie denn nicht mit?«
»Nein. Ich habe anderes zu erledigen.«
»Was?«, fragte sie misstrauisch.
»Vertrauen, Gabriella. Versuchen Sie, ein wenig Vertrauen in mich zu haben. Ich werde Sie nicht enttäuschen.« Mit diesen Worten gab Nate dem Kutscher ein Zeichen, und der Wagen setzte sich in Bewegung. »Sie haben mein Wort, Gabriella Montini.«
Dann drehte er sich um und ging die Straße hinunter. Wenn er sein Wort halten wollte, musste er ihre Geheimnisse kennen. Der Anwalt seiner Familie arbeitete seit Jahren mit einer hoch angesehenen Detektei zusammen. Sterling zufolge hatten sich deren Agenten in der Vergangenheit als äußerst schnell und effizient erwiesen. Nate hatte ihre Dienste noch nie gebraucht, aber wenn es eine Zeit gab, in der sie vonnöten waren, dann jetzt.
Mit jedem Moment, den er in ihrer Gesellschaft verbrachte, entdeckte er mehr, was er nicht über Gabriella Montini wusste. Und vieles davon sollte er besser wissen.
Zehntes Kapitel
»Die Anerkennung für die Entdeckung des Siegels teilen?« Gabriella lief im Salon ihres Hauses auf und ab, wobei sie bemerkte, wie klein der Raum war. Offenbar hatte der Aufenthalt bei den Harringtons ihre Wahrnehmung beeinflusst. Was ärgerlich war. »Kannst du dir solch eine Unverschämtheit vorstellen?«
Florence blickte von ihrer Handarbeit auf. »Mir scheint es eher vernünftig.«
Gabriella blieb stehen und sah die Freundin wütend an. »Vernünftig?«
»Gabriella«, sagte Florence seufzend und legte den Kissenbezug, an dem sie stickte, in ihren Schoß. »Du weißt ebenso gut wie ich – und wie offensichtlich auch Mr Harrington und Mr Beckworth -, dass derjenige, der im Besitz des Siegels ist, nicht zwangsläufig dieselbe Person ist, die es stahl. Er könnte auf relativ legale Weise zu dem Siegel gekommen sein, und falls dem so ist, dürfte er wenig gewillt sein, seinen Anspruch auf den Fund zu teilen, geschweige denn vollständig aufzugeben.«
»Das weiß ich, nur ziehe ich es vor, nicht darüber nachzudenken.« Gabriella atmete aus. »Dennoch, dass Nathanial es vorschlägt, nun, das kommt einem Verrat gleich.«
»Ich dachte, du vertraust ihm«, sagte Florence verwundert.
»Tat ich auch. Tue ich. Bis zu einem gewissen Grad. Ich kann ihm nicht vollkommen vertrauen, auch wenn ich es versuche.« Sie lief weiter auf und ab. »Es ist nicht so, dass ich ihm nicht vertrauen will. Das möchte ich sehr gern.« Allein der Gedanke, Nathanial zu vertrauen, war fast unwiderstehlich. Wie schön wäre es, müsste sie in seiner Gegenwart nicht auf jedes Wort achten, das sie sagte, sondern könnte ihm ihre Geheimnisse anvertrauen. Vielleicht sogar ihr Herz. Obwohl das absurd war.
»Ich würde meinen, dass es für dich eine große Erleichterung wäre, jemandem vollkommen zu vertrauen.«
Gabriella sah sie mit großen Augen an. »Ich vertraue dir vollkommen.«
»Tust du das?« Florence nahm ihre Stickerei wieder auf. »Immer?«
»Ja, selbstverständlich.« Gabriella schob die Erinnerung an ihre Ägyptenreise sofort beiseite. »Ich vertraue dir bedingungslos.«
»Bedingungslos?«
»Ja.« Gabriella nickte. »Ohne Frage.«
»Und doch hast du mir nicht genug vertraut, um mir von deinen geplanten Missetaten bei den Harringtons zu erzählen.«
»Du hättest mich
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