Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
anstatt Leo eine ebenso unnachahmliche Eleganz zu verleihen, wie St. Vincent sie besaß, spannten sie über seinem aufgeblähten Bauch und aufgedunsenen Hals.
    »Ich hoffe, du fühlst dich besser, als du aussiehst«, sagte Amelia.
    »Ich würde mich besser fühlen, wenn ich eine anständige Erfrischung bekäme. Ich habe dreimal nach Wein oder Brandy verlangt, aber die Dienstboten scheinen mit einer ungehörigen Zerstreutheit gesegnet zu sein.«
    Amelia runzelte die Stirn. »Es ist selbst für dich eine Spur zu früh, Leo.«
    Er zog eine Taschenuhr aus seiner Westentasche und starrte mit zusammengekniffenen Augen darauf. »Es ist acht Uhr in Bombay. Und da ich ein weltoffener
Mann bin, werde ich mir als diplomatische Geste ein Gläschen genehmigen.«
    Normalerweise wäre Amelia verärgert gewesen oder hätte seine Worte mit Gleichgültigkeit gestraft. Doch als sie ihren Bruder ansah, der hinter seiner aufgesetzten Fassade so verloren und erbärmlich wirkte, stieg echtes Mitgefühl in ihr auf. Sie ging auf ihn zu, legte ihm die Arme um die Schultern und zog ihn an sich. Und fragte sich verwundert, wie sie ihn retten sollte.
    Verunsichert von der unerwarteten Geste blieb Leo wie erstarrt stehen, ohne die Umarmung zu erwidern. Dann schob er Amelia beiseite.
    »Du hättest mich vorwarnen müssen, dass du heute rührselig bist«, sagte er.
    »Nun … wenn der Bruder beinahe verbrannt wäre, kann es schon einmal vorkommen, dass eine Frau emotional wird.«
    »Ich bin nur ein bisschen angekohlt.« Er starrte sie mit seinen sonderbar hellen Augen an, Augen, die Amelia fremd waren. »Und nicht so verändert wie du.«
    Amelia wusste sofort, worauf seine Bemerkung abzielte. Seufzend drehte sie sich weg und gab vor, den Blick über die Landschaft aus Bergen, Wolken und dem silbrig schimmernden See schweifen zu lassen. »Verändert? Ich weiß beim besten Willen nicht, was du meinst.«
    »Ich meine dein Techtelmechtel mit Rohan.«
    »Wer hat dir davon erzählt? Die Dienerschaft?«
    »Merripen.«
    »Ich kann nicht glauben, dass er es gewagt hat …«
    »Ausnahmsweise sind er und ich einer Meinung.
Wir fahren zurück nach London, sobald sich Merripen erholt hat. Wir steigen im Rutledge Hotel ab, bis wir ein standesgemäßes Haus zur Miete finden …«
    »Das Rutledge kostet ein Vermögen!«, rief Amelia. »Das können wir uns nicht leisten.«
    »Das ist beschlossene Sache, Amelia. Ich bin das Oberhaupt der Familie, und ich habe eine Entscheidung getroffen. Und Merripen ist derselben Ansicht.«
    »Ihr beide könnt euch zum Teufel scheren! Ich nehme keine Befehle von dir an, Leo.«
    »Das wirst du, und zwar sofort. Deine Liebschaft mit Rohan ist hiermit beendet.«
    Verbittert und wutentbrannt wandte ihm Amelia den Rücken zu. Sie glaubte nicht, ihre Gefühle unter Kontrolle halten zu können, sollte sie nun etwas erwidern. Im vergangenen Jahr hatte es so viele Gelegenheiten gegeben, als sie sich sehnlichst gewünscht hatte, dass Leo seinen Platz als Familienoberhaupt einnähme, eine Meinung über irgendetwas träfe oder sich um irgendjemand anderen als sich selbst sorgte. Und gerade dieser Zwischenfall hatte ihn animiert, endlich zu handeln?
    »Ich bin sehr froh«, sagte sie mit unheildrohend ruhiger Stimme, »dass du solch ein großes Interesse für mein Leben an den Tag legst, Leo. Vielleicht solltest du jetzt jedoch deine Aufmerksamkeit auf andere wichtige Dinge richten, etwa wann Ramsay House renoviert wird, was wir in Bezug auf Wins Gesundheit, Beatrix’ Schulbildung und Poppys …«
    »So leicht kannst du mich nicht in die Irre führen. Gütiger Himmel, Schwesterherz, konntest du niemanden aus der Oberschicht finden, um dich mit ihm
zu vergnügen? Bist du so tief gesunken, dass du einen Zigeuner in dein Bett lässt?«
    Amelia riss die Augen auf und wirbelte entrüstet herum. »Ich traue meinen Ohren nicht. Unser Bruder ist ein Roma, und er …«
    »Merripen ist nicht unser Bruder. Und in diesem einen Punkt sind er und ich uns einig. Er ist nicht gut genug für dich.«
    »Nicht gut genug«, wiederholte Amelia wie betäubt und wich von ihm zurück, bis ihre Schultern die Wand berührten. »Wie meinst du das?«
    »Das bedarf doch keiner weiteren Erklärung!«
    »Doch«, erwiderte sie.
    »Rohan ist ein Zigeuner , Amelia. Das sind faule, herumziehende Streuner.«
    »Und das sagst ausgerechnet du , der seit einer Ewigkeit keinen Finger mehr gerührt hat?«
    »Ich soll auch nicht arbeiten. Ich gehöre jetzt der Oberschicht an. Ich

Weitere Kostenlose Bücher