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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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ein starker, jedoch angenehmer Duft in die Nase. »Was ist das?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
    »Kamille, Thymian und Süßholz«, antwortete Rohan, »zusammen mit ein paar Blättern der Rotulme und Schachtelhalm, um die Schwellung in seiner Kehle abklingen zu lassen.«
    »Ich habe auch etwas Morphium dabei, das ihm beim Einschlafen helfen wird«, sagte die Haushälterin. »Ich lasse es auf dem Nachttisch zurück, und wenn er später aufwacht …«
    »Nein«, fuhr ihr Amelia ins Wort. Das Letzte, was Leo brauchte, war ein unbeaufsichtigter Zugang zu einer großen Flasche Morphium. »Das wird nicht nötig sein.«
    »Ja, Miss.« Die Haushälterin entfernte sich und murmelte leise, dass Amelia klingeln sollte, sobald sie irgendetwas bräuchte.
    Cam blieb im Zimmer und lehnte lässig gegen einen Bettpfosten. Er beobachtete gebannt, wie Amelia die Inhaltsstoffe des dampfenden Wasserkessels begutachtete, wobei sie den Blick bewusst abwendete, um Rohans berauschende Gegenwart, seine eindringlichen Augen und den belustigten Schwung seines Mundes auszublenden.
    »Ihr müsst erschöpft sein«, sagte sie und nahm einen Zweig mit getrockneten Blättern zur Hand. Dann hob sie die raschelnden, wohlriechenden Kräuter an die Nase und roch neugierig daran. »Es ist sehr spät.«
    »Ich habe den Großteil meines Lebens in einem Spielclub verbracht – inzwischen bin ich eine Nachteule.« Eine kurze Pause folgte. »Ihr hingegen solltet lieber zu Bett gehen.«

    Amelia schüttelte den Kopf. Irgendwo unter dem Tosen ihres Pulses und dem Durcheinander an Sorgen, die auf ihr lasteten, verspürte sie eine überwältigende Müdigkeit. Aber jeder Versuch, einschlafen zu wollen, wäre sinnlos – sie würde wach im Bett liegen und an die Decke starren. »Mein Kopf dreht sich wie ein Karussell. An Schlaf ist nicht zu denken …« Sie schüttelte vehement den Kopf.
    »Würde es helfen«, fragte er sanft, »wenn Ihr eine Schulter zum Ausweinen hättet?«
    Mit aller Gewalt versuchte sie zu verbergen, wie sehr sie die Frage erschütterte. »Vielen Dank, aber nein.« Vorsichtig gab sie die Kräuter in den Kessel. »Weinen ist Zeitverschwendung.«
    »›Wer weint, vermindert seines Grames Tiefe.‹«
    »Ist das eine Redensart der Roma?«
    »Shakespeare.« Er musterte sie scharf und sah genau, was unter ihrer aufgesetzten Ruhe brodelte. »Ihr habt Freunde, die Euch bei diesem Schicksalsschlag beistehen, Amelia. Und ich bin einer davon.«
    Amelia war erschrocken, dass er in ihr womöglich nur ein bemitleidenswertes Geschöpf sah. Das musste sie mit allen Mitteln vermeiden. Sie konnte sich weder an ihn noch an sonst jemanden anlehnen. Denn wenn sie es täte, könnte sie womöglich nie wieder auf ihren eigenen Beinen stehen. Sie wich von Rohan zurück, schlich um ihn herum und wedelte nervös mit den Händen, als wollte sie jede auch noch so kleine Berührung im Keim ersticken. »Ihr braucht Euch um die Hathaways keine Gedanken zu machen. Wir kommen gut allein zurecht. Das konnten wir schon immer.«
    »Nicht dieses Mal.« Rohan beobachtete sie eindringlich.
»Eurem Bruder kann niemand mehr helfen, nicht einmal er selbst. Eure Schwestern sind abgesehen von Winnifred zu jung. Und jetzt ist selbst Merripen bettlägerig.«
    »Ich werde mich um ihn kümmern. Ich brauche keine Hilfe.« Sie griff nach dem Leinentuch, das über dem Bettende hing, und legte es ordentlich zusammen. »Ihr reist morgen früh nach London ab, nicht wahr? Ihr solltet lieber Euren eigenen Ratschlag befolgen und zu Bett gehen.«
    Seine hellen Augen wurden hart. »Verdammt nochmal, warum müsst Ihr so sturköpfig sein?«
    »Ich bin nicht sturköpfig. Es ist nur so, dass ich nichts von Euch will. Und Ihr verdient es, endlich den Frieden zu finden, den Ihr schon so lange sucht.«
    »Sorgt Ihr Euch tatsächlich um mein Wohlergehen, oder habt Ihr einfach schreckliche Angst, zugeben zu müssen, dass Ihr jemanden braucht?«
    Er hatte Recht – aber sie wäre lieber gestorben, als sich dies einzugestehen. »Ich brauche niemanden, und am allerwenigsten Euch.«
    Seine Stimme war nicht weniger scharf, nur weil er sie nicht erhob. »Ihr wisst nicht, wie leicht es wäre, Euch das Gegenteil zu beweisen.« Er wollte schon nach ihr greifen, hielt dann jedoch mitten in der Bewegung inne und sah sie an, als wollte er sie erdrosseln oder küssen oder beides gleichzeitig.
    »Vielleicht im nächsten Leben«, flüsterte sie und rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Bitte geht jetzt. Bitte,

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