Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
Kindergarten. Sjöberg lehnte sich einfach zurück und genoss ihre Erzählungen von der unkomplizierten Seite des wirklichen Lebens, mit der er auf seiner Arbeit eher selten zu tun hatte.
Die Vorspeise war, ebenso wie die Tapenade-Spiralen, ein durchschlagender Erfolg, und Åsa war nicht wenig beeindruckt von den Kochkünsten ihrer Kinder. Sara und Maja hatten sich so satt gegessen, dass sie vom Hauptgericht gar nichts mehr herunterbekamen und sich stattdessen vor den Fernseher setzten und das Kinderprogramm schauten. Nach dem Hauptgericht verabschiedete sich auch Simon von der Tafel, und die Erwachsenengespräche konnten beginnen.
»Ich muss unbedingt etwas an dir ausprobieren, Conny«, sagte Åsa. »Einer der Psychologielehrer auf der Arbeit hat im Lehrerzimmer einen richtig witzigen Test mit uns gemacht.«
Åsa arbeitete als Lehrerin mit der eher ungewöhnlichen Fächerkombination Mathematik und Sport am Frans-Schartau-Gymnasium.
»Es ist ein Moraltest. Zuerst erzähle ich dir eine Geschichte. Danach sollst du alle Personen in der Geschichte danach ordnen, wie moralisch sie sich deiner Meinung nach verhalten haben. So weit klar?«
»Jawoll«, antwortete Sjöberg begeistert.
Er liebte solche Dinge wie Spiele, Rätsel oder Selbsttests in Illustrierten.
»Stina wohnt in einer Hütte auf der einen Seite des Flusses. Auf der anderen Seite wohnt Per in seiner Hütte, und die beiden lieben einander. Das Problem besteht darin, dass die Brücke über den Fluss zusammengebrochen und der Fluss selbst voller Krokodile ist, sodass man nicht hinüberschwimmen kann. Stina muss unbedingt ihren Per treffen, denn vor lauter Sehnsucht bricht ihr fast das Herz. Sie geht also zu ihrem Nachbarn Sven, der ein Boot besitzt, und fragt ihn, ob sie es sich ausleihen könne. Der lacht und sagt, natürlich könne sie sich sein Boot ausleihen, aber nur, wenn sie vorher mit ihm schlafen würde.«
Sjöberg grinste zufrieden, und Åsa fuhr fort:
»Stina ist ganz verzweifelt und geht zu ihrem anderen Nachbarn, Ivar, der der stärkste Bewohner des Dorfes ist und die größte Autorität besitzt. Alle respektieren ihn und tun, was er sagt. In ihrer Verzweiflung erzählt sie ihm alles und bittet ihn, Sven zur Vernunft zu bringen, aber er sagt, dass ihn das alles nicht kümmern würde. Sven könne die Situation nach seinem Gutdünken ausnutzen. Ivar hat nicht vor, zwischen den beiden zu vermitteln. Stina ist mittlerweile ganz außer sich und denkt, dass Per, der sie doch so sehr liebt, sie bestimmt verstehen und ihr verzeihen wird. Also geht sie zu Sven und schläft mit ihm und darf sich das Boot leihen. Als Stina die andere Seite erreicht hat, zögert sie nicht, ihrem Geliebten die schmerzliche Wahrheit zu offenbaren. Sie erzählt Per also sofort, was für schreckliche Dinge sie tun musste, und bittet ihn, ihr zu verzeihen. Per wird wütend, wirft Stina raus und macht ihr klar, dass er sie niemals wiedersehen will. Da geht Stina zu Pers Nachbar Gustav, auf den man sich verlassen kann, und weint sich bei ihm aus. Er tröstet sie und wird so wütend, als er hört, wie Per sie behandelt hat, dass er zu Per hinübergeht und ihn verprügelt.«
Sjöberg lachte und schüttelte den Kopf.
»Na«, sagte Åsa, »jetzt musst du diese Menschen in eine Rangfolge bringen, und zwar danach, wie du sie beurteilst, nicht das Gesetz, denk dran. Der Erste ist der Beste, und der Fünfte der Schlechteste.«
»Tja, dieses kleine Luder Stina …«, sagte Sjöberg mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen.
»Also, Conny, jetzt aber mal ernst!«, unterbrach ihn Åsa.
»Nur ein kleiner Scherz. Ich muss erst noch ein bisschen nachdenken.«
»Ich habe jedenfalls schon entschieden, wie meine Antwort aussieht«, sagte Åsa. »Ich bin schon ganz gespannt, ob wir derselben Meinung sind. Danach müssen wir das Ergebnis diskutieren.«
Er liebte ihre Art, den Verlauf des Gesprächs schon im Voraus zu planen. Er liebte ihre gute Laune und wie sie andere damit anzustecken vermochte. Er liebte Åsa einfach, die ganze Åsa. Aber weiß der Teufel, wenn sie mit Sandén ins Bett steigen würde, nur um mich treffen zu können …, dachte Sjöberg.
»Da haben wir also Stina, die ehrlich und guten Herzens ist, aber auch dämlich«, fasste Sjöberg zusammen. »Sie lebt ganz im Jetzt, ohne einen Gedanken an die möglichen Folgen ihrer Handlungen zu verschwenden. Dann haben wir Per, der selbstherrlich und ungnädig ist. Gustav hat ein gutes Herz, viel Mitgefühl, und er steht zu
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