Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
dreier Kinder war gefoltert und ermordet in ihrer Wohnung in Skärholmen aufgefunden worden. Kein Verdächtiger. Die Polizei suchte nach Zeugen. Keine gute Woche für Vierundvierzigjährige, dachte Sjöberg zerstreut. Anschließend spielten sie Karten und nahmen noch einen Drink. Danach gingen sie ins Bett.
MONTAGVORMITTAG
Das Wasser strömte in die Waschschüssel, und sie stand vor dem Schlafzimmerfenster und schaute auf den Hof hinaus. Ein paar Kinder saßen in der Sandkiste und suhlten sich im nassen Sand. Sie trugen warme Mützen und Matschanzüge und scherten sich nicht um den Wind und das nasskalte Wetter. Ihre Mamas saßen bibbernd mit den Händen in den Jackentaschen und hochgeschlagenen Kragen auf einer Bank. Ansonsten war es um diese Tageszeit menschenleer auf dem Hof. Die größeren Kinder waren in der Schule oder im Kindergarten.
Ihr ganzes Leben lang hatte sie hier gewohnt und sich niemals irgendwo anders hingesehnt. Sie war in einem der Häuser auf der anderen Seite des Hofes aufgewachsen, und ihre Eltern wohnten immer noch dort. Als sie und Jörgen zusammenzogen, hatte sie nie mit dem Gedanken gespielt, in irgendeinen anderen Teil der Stadt zu ziehen, und als im Viertel eine Wohnung frei wurde, hatten sie, ohne zu zögern, zugegriffen. Durch die Nähe zu ihren Eltern war es auch nie ein Problem, jemanden zu finden, der auf die Kinder aufpassen konnte.
Sie genoss diese Vormittagsstunden, wenn sie allein war und sich einfach zu Hause treiben lassen konnte. Die vierzehnjährige Therese war in der Schule. Tobias, der siebzehn war, arbeitete als Briefträger und kam erst nach dem Mittagessen nach Hause, wenn er überhaupt nach Hause kam. Jörgen war auf der Arbeit in der Kugellagerfabrik, und sie selbst ging nicht vor zwei Uhr zum Putzen aus dem Haus.
Sie war schon seit ein paar Jahren frühpensioniert, obwohl das mittlerweile nicht mehr so hieß. Von ihrem unterbezahlten Putzjob im Krankenhaus hatte sie Schmerzen im Rücken und in den Armen bekommen, war zum Arzt gegangen und dauerhaft krankgeschrieben worden, was sie ein paar Jahre später automatisch dazu berechtigte, eine Berufsunfähigkeitsrente zu beziehen. So weh tat es nun auch wieder nicht, dass sie überhaupt nicht mehr arbeiten konnte, also putzte sie nachmittags schwarz bei den Leuten zu Hause und verdiente noch einiges dazu. Auf diese Weise brachte sie bedeutend mehr Geld in die Haushaltskasse als Jörgen, obwohl er Vollzeit arbeitete. Manchmal unterhielten sie sich darüber, aber er wollte keinen Putzjob annehmen. Frauenarbeit, dachte er.
Sie ging ins Badezimmer, drehte den Hahn zu, trug die Wanne mit dem Wasser ins Wohnzimmer und stellte sie auf den Teppich. Sie ließ sich in den Sessel fallen, senkte vorsichtig ihre Füße in das warme Wasser und zündete sich eine Zigarette an. Ricky Lake und ein Dutzend fetter Amerikaner versuchten, sich bei einer Diskussion zum Thema »Mein Partner betrügt mich mit meiner besten Freundin, der Lügendetektor beweist es« gegenseitig lautstark zu übertönen. Sie selbst war niemals untreu gewesen, jedenfalls nicht, seitdem Jörgen und sie verheiratet waren, und das waren sie schon seit mehr als zwanzig Jahren. Sie konnte sich durchaus vorstellen, dass Jörgen das ein oder andere am Laufen hatte, aber das kümmerte sie im Grunde nicht besonders.
Sie lebten unter demselben Dach, aber das war auch schon alles. Sie sprachen nicht viel miteinander. Jeder kümmerte sich um seine eigenen Angelegenheiten. Er hatte seine Kumpels, das Bandy, den Fußball. Sie hatte den Fernseher und die Kinder. Manchmal kam es vor, dass sie ins Safiren ging und mit einer Freundin tanzte, aber ansonsten wurde ihre Zeit von Seifenopern, Putzarbeit und Servicedienstleistungen für den Rest der Familie in Anspruch genommen. Man könnte ein solches Leben dürftig nennen, aber sie beklagte sich nicht.
Es klingelte an der Tür, und sie verfluchte sich selbst, weil sie wieder einmal vergessen hatte, ein Handtuch aus dem Badezimmer mitzunehmen. Die Tür wurde schließlich von außen geöffnet, sodass sie nicht aufstehen musste.
»Ich bin’s nur! Was machst du?«
»Mama, holst du mir das Handtuch aus dem Badezimmer? Ich sitze hier und bade meine Füße.«
Ihre Mutter war eine etwas übergewichtige Frau von fünfundsechzig, aber ihr dunkelbraunes Haar hatte nur einen ganz leichten Einschlag ins Graue. Jetzt hatte sie eine neue Dauerwelle und sah richtig flott aus.
»Tolle Frisur«, sagte Lise-Lott.
»Ich komme direkt vom
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