Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
Katrineholm gehört?«, fragte er sofort. »Die vor ein paar Tagen in einem Badezuber ertränkt worden ist?«
»Ja, ich habe davon gelesen«, antwortete Mia. »Das scheint ja eine bestialische Geschichte gewesen zu sein.«
»Du hast sie nicht gekannt?«
»Nein. Sie war wohl drei, vier Jahre jünger als ich, sodass wir kaum gleichzeitig das Gymnasium besucht haben können. Nicht einmal ihr Name kam mir bekannt vor. Wie hieß sie gleich noch mal?«
»Keine Ahnung«, antwortete Sjöberg und nahm sich noch eine Olive.
»Ich glaube, Mama hat gesagt, dass sie Lise-Lott oder so ähnlich hieß … Nein«, sagte Mia, »an so jemanden kann ich mich nicht erinnern. Dieser Fall, an dem du arbeitest, hat darüber etwas in der Zeitung gestanden?«
»Ja, eine ganze Menge sogar, aber das ist schon ein paar Wochen her.«
»Werdet ihr ihn erwischen?«
»Früher oder später werden wir das vielleicht, aber im Augenblick sieht es düster aus.«
»Dann wollen wir nicht mehr darüber reden und uns stattdessen amüsieren. Lass es über das Wochenende reifen, und dann löst du den Fall am Montag!«
»Darauf wollen wir anstoßen«, sagte Sjöberg und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas.
Lasse rief aus der Küche, dass das Essen serviert sei. Sie erhoben sich vom Sofa, nahmen ihre Gläser mit und gingen in die Küche. Auf dem großen, runden Küchentisch stand ein Nudelbüfett, wie man es nur selten zu sehen bekam. Eine Schüssel Spaghetti Carbonara, eine Schale mit Gnocchi in einer sahnigen Soße mit Käse und Fleischwürfeln, ein Topf voller knoblauchduftener Tagliatelle mit Pesto, eine Auflaufform mit hausgemachter Lasagne und noch eine Schüssel mit Spaghetti in einer Soße aus Sahne, Zwiebeln und Hühnerleber. Daneben standen eine große Schale mit einem bunten Tricolore-Salat aus Tomaten, Avocados und Mozzarella sowie ein Schälchen mit geriebenem Parmesankäse. Hinter dem mit Speisen überladenen Tisch stand Lasse und öffnete eine ganze Reihe italienischer Rotweinflaschen unterschiedlicher Provenienz. Sjöberg klappte die Kinnlade herunter.
»Habt ihr beide euren Job verloren? Woher nehmt ihr bloß die Zeit, so ein Essen zuzubereiten?«
Sie setzten sich gemeinsam an den Tisch und ließen sich die Köstlichkeiten schmecken. Sjöberg aß, bis er das Gefühl hatte zu platzen. Der Lautstärkepegel in der Küche stieg im gleichen Maße an, wie der Flüssigkeitspegel in den Weinflaschen sank, und ein Gesprächsthema jagte das andere. Auf die warmen Gerichte folgte als Nachspeise eine Panna cotta, die mit Himbeeren und Blaubeeren auf Himbeercoulis angerichtet war und auf der Zunge zerging. Dazu tranken sie einen weißen Portwein; der Alkoholpegel stieg weiter.
Nachdem sie in der Küche das Schlimmste abgeräumt hatten, ließen sie sich in die weichen Sofas im Wohnzimmer fallen. Während die Kaffeemaschine lief, holte Mia ihr Lieblingsspiel Trivial Pursuit. Sie diskutierten, ob sie allein oder in Mannschaften spielen sollten. Sjöberg war Individualist und hasste es zu verlieren, weshalb er die erste Variante favorisierte.
»Jaaää, und dann gewinnst immer nur du«, sagte Mia. »Aber es ist schon elf Uhr, und wenn wir nicht als Mannschaften spielen, sitzen wir noch das ganze Wochenende hier.«
In Sjöbergs Kopf machte es plötzlich »Klack«, und er wurde schlagartig nüchtern. Da war er wieder, dieser Dialekt, an den er immer wieder denken musste, seit er neulich diesen Fernsehbericht über die ermordete Frau in Katrineholm gesehen hatte.
»Jaaää«, wiederholte Sjöberg leise, aber laut genug, dass die anderen es hörten. Sie betrachteten ihn verwundert.
Der Polizist aus Katrineholm hatte es auch so ausgesprochen. Aber wer sonst noch? Er war jetzt ganz nah dran, es steckte irgendwo in seinem Hinterkopf und wollte ans Licht. In welchem Zusammenhang hatte er es noch gehört, vor gar nicht langer Zeit?
»Jaaää«, sagte er noch einmal, dieses Mal lauter.
Die drei anderen Personen am Tisch tauschten vielsagende Blicke miteinander aus, betrachteten Sjöberg erneut mit unverhohlener Neugier und kicherten erwartungsvoll. Er nahm sie nicht wahr, er war so nah dran, so nah … Er wusste, dass es wichtig war. Irgendetwas in seinem Unterbewusstsein sagte ihm, dass es von entscheidender Bedeutung war. Er wusste es einfach.
Und plötzlich konnte er es greifen. Er erinnerte sich an sein erstes Gespräch mit Gun Vannerberg. Die trauernde, seltsam gekleidete Gun Vannerberg, die in seinem Zimmer auf der Polizeiwache ihm
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