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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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können.«
    Ich unterdrückte ein Grinsen.
    »Und jetzt lassen Sie mal die Finger von Vanessas Sa chen«, raunzte sie. Mit flatternder Sommerjacke und flatternden hellbeigen Hosenbeinen eilte sie davon.

9
     
    Warum sagte ich Feil nichts vom Eibenzweig und Ara bal? Weil wir Vingener die Reudinger Polizei nicht gern un terstützten. Aber musste ich gleich wieder kindisch werden, kaum war ich zurück in Vingen?
    Wenn also Vanessa Hajos Pferd vergiftet hatte, dann war Hajo ihr Mörder. Ein Bereiter, der sich darüber aufregte, dass ein böses Pferd eingeschläfert werden sollte, der rastete womöglich richtig aus, wenn jemand einen Zuchthengst vergiftete, und überließ die Hinrichtung wiederum einem Pferd. Zwar galt es noch zu klären, wa rum Vanessa Arabal vergiftet hatte, aber Hajo hatte ein starkes Motiv, sich zu rächen, ein Motiv, das durch seine Marbacher Brandstiftung nach der Entlassung we gen sexueller Belästigung noch mehr Gewicht bekam.
    Nur: eigentlich ging mich das Ganze nichts an. Die Polizei würde schon selber draufkommen. Selbst wenn Feil zu ungeschickt war, die Wahrheit zu erfragen, so hatte sie doch Fachleute, die Spuren analysierten, Alibis verglichen und Vorstrafendaten abfragten. Mein Bestre ben hätte es sein müssen, mich rauszuhalten. Aber konn te ich das noch? Durfte man sich überhaupt desinteressiert abwenden, wenn ein junges Mädchen ermordet wurde? Falls es tatsächlich Mord war. Außerdem konnte ich Siglinde vielleicht doch nützlich sein. Falls ich das wollte.
    Zumindest schien es mir geboten, sie zu warnen. Sie hatte die Marbacher Vergangenheit ihres Hauptbereiters herausbekommen. Wenn sie ihn triumphierend damit konfrontierte, dann könnte ihm der kurzschlüssige Gedanke kommen, dass Siglinde zum Schweigen gebracht werden müsse, damit er für seine Flucht ein paar Stunden Vorsprung gewann. Denn falls Hajo Vanessas Mörder war, dann musste ihm klar sein, dass das Bekanntwerden seiner Entlassung wegen sexueller Belästigung und anschließender pyrotechnischer Rache ihn in Untersuchungshaft brachte.
    Ich ging Siglinde suchen. Ein Stallbursche meinte, sie sei mit Tierarzt Schimmel zur Nachtkoppel gegangen. Damit war die kleine Weide am Westrand gen Vingen gemeint, auf der die Robustpferde nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter die Nacht verbrachten, zum Beispiel Sascha. Hajo hatte erwähnt, dass er Prinz dorthin gebracht hatte. Sascha, das Island-Pony, auf dem Siglin de ihre ersten Reitversuche gemacht hatte, musste inzwischen ein biblisches Alter von über dreißig erreicht haben. Mit Kindern im Sattel war er lammfromm, aber er warf jeden Erwachsenen ab, ähnlich wie die kleine Tra kehnerstute Hexe, die unterm Sattel zur Furie wurde. Je des noch so noble Gestüt hatte in irgendeiner Ecke ein paar dieser Haudegen stehen.
    Der kürzeste Weg zur Nachtkoppel führte über die große Wasserweide im Arsbogen. Die Koppeln zur Landstraße hin waren mit Elektrozäunen parzelliert, in denen die Privatpferde einzeln oder zu zweit grasten. Man fasste sie nicht zu einer größeren Herde zusammen, weil die notwendigen Rangkämpfe das Risiko von Verletzungen bargen.
    Auf der Wasserweide grasten fünf Pferde von jenem arabischen Zuschnitt, den sich Privatpferdehalter leisten konnten. Von den drei langen, drei kurzen, drei breiten und drei trockenen Dingen fehlten stets ein paar. Eine kleine Frau stapfte drahtig mit Strick in der Hand durch die Wiese. Sie steuerte auf einen Schimmelwallach zu, den edelsten von allen, der mit aufmerksamem Ohr scheinbar gleichgültig Gras rupfte.
    Als sie bis auf zehn Meter heran war, hob er Kopf und Schweif und trabte los. Sie hinterher. »Falko, komm, Mörli!«
    Aber Falko entlief Möhre und Strick. Die Mähne flatterte silbrig, die Augen blitzten im frei erhobenen Hechtkopf. Er kannte seinen Vorteil auf der Weide und wartete grasend an der oberen Weidenecke, bis seine Herrin erneut auf zehn Meter heran war. Dann startete er schweifschlagend und flog in lockerem schwingendem Trab den Zaun entlang. Die Sonne versilberte seinen Leib. Da half kein Flöten und Schreien, kein Locken mit Mohren. Fal ko konnte Freiheit gegen Fressen abwägen. Und das, was seine Herren mit ihm beim Ausritt oder in der Reitbahn anstellte, reizte ihn offenbar überhaupt nicht.
    Ich blieb mitten auf der Weide stehen und zündete mir eine Zigarette an. Die Dame warf mir einen wütenden Blick zu. In so einem Moment, da das eigene Pferd mit einem Fangen spielte, waren Zeugen peinlich. Ihr

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