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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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weitererzählen? Der Polizei oder Siglinde oder dem Alten? Was willst du ei gentlich genau von mir?«
    »Antworten«, sagte ich. »Hier wurde jemand ermor det. Es geht mich nichts an, da hast du recht. Aber jemand hat heute Abend die Bremse an meinem Auto lahmgelegt. Meine Mutter hätte mit dabei draufgehen können.«
    Er stoppte auf der Arsbrücke. Der Mond funkelte ihm aus den Augen. »Und deshalb tauchst du bei mir im Stall auf.«
    O Gott, war er enttäuscht.
    »Ich soll die Bremsen an deinem Auto beschädigt haben? Welches Auto war es denn von all denen, die vorhin auf dem Parkplatz standen?«
    Am Stuttgarter Nummernschild hatte er sich jedenfalls nicht orientieren können. »Aber du wirst doch wohl das Auto vom Bürgermeister und das von Sterras kennen. Das dritte war meins. Ganz einfach.«
    »Und was hat mir deine Mutter getan, dass ich sie dann gleich mit dir zum Teufel schicke, eh? Aber gut, Vanessa hat mir ja auch nichts getan und trotzdem habe ich sie bestialisch zugerichtet. Morgen schreien alle Analphabet und Mörder, und die Bullen schleifen mich vom Hof, damit wieder Ruhe ist. Aber sag mir mal, warum mich? Warum nicht Bongart, zum Beispiel.«
    »Wieso Bongart?«
    »Er war gestern Abend, also Donnerstagabend hier.«
    »Wo?«
    »Hier. Von meinem Fenster in meiner Stube im Wirtschaftshaus kann ich den Parkplatz sehen. Es war gegen neun, halb zehn abends, als ich ein Auto hörte. Es war Bongarts. Dann habe ich ihn gesehen. Eine Viertelstunde später fuhr er wieder.«
    »Ein Vater ermordet nicht seine eigene Tochter.«
    Doch ich dachte an Bongarts Anruf kurz bevor ich zu Gallion musste. Er hatte mir etwas sagen wollen. Viel leicht hatte er nur Hajo beschuldigen wollen, genauso, wie Hajo jetzt ihn anschwärzte. Die beiden Männer mussten sich hassen, nicht nur, weil der eine, der Reiche, sich Siglinde zuerst geschnappt hatte, und der andere, der Armselige, es jetzt ablehnte, Siglindes zweite Wahl zu sein.
    »Du kannst Bongart nicht leiden«, sagte ich. »Siglinde hat mir von eurem Streit vor einem Jahr erzählt. Er woll te sich mit dir um seine Frau schlagen und du hast ihn vor allen Leuten lächerlich gemacht. Wenn er dich nicht hasst, so hasste dich bestimmt Vanessa dafür. Allein deswegen könnte sie auf die Idee verfallen sein, deinen Arabal zu vergiften. Die Eibenhecke wächst gleich in ihrer Nachbarschaft. Aber du hast auch sie selbst gedemütigt. Sie hast du nicht in der S-Gruppe mitreiten lassen, obgleich sie bestimmt besser ritt als ihre Mutter auf diesem Fuchs, wie heißt er doch: Zoro.«
    »Zoro ist kein Fuchs. Er ist ein Schimmel.«
    Hübsch, dachte ich. Der spanische Name für Fuchs hatte mich in die Irre geführt. Die weißen Haare im Putzzeug aus Bongarts Fach wirbelten mir durchs Hirn und der Schriftzug Bongart in der Kappe. Pflegten nicht Mädchen ihren Besitz mit Vor- und Zunamen zu kennzeichnen?
    »Was läuft da eigentlich mit Heide Bongart? Was ist das für eine? Was treibt ihr mit ihr, ihr Männer?«
    Hajo legte ein schmutziges Lächeln auf. »Ihr macht’s Spaß.«
    »Aber der Tochter doch wohl kaum, die das mit anse hen musste.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das ist Sache von Mut ter und Tochter. Was soll ich denn machen? Wenn ich Vanessa in der S-Gruppe hätte mitreiten lassen, hätte ich die Mutter auf dem Hals gehabt. Am Ende hätte sie noch behauptet, ich hätte was mit der Kleinen.«
    »Kompliziert.«
    Hajo hantierte mit dem Schlüsselbund, um die Tür des Wirtschaftshauses aufzuschließen. »Nicht kompliziert. Es ist ganz einfach. Solche Mädels wie Vanessa sind einfach tabu. Man sieht zu, dass man so wenig wie möglich mit ihnen zu tun hat. Außerdem haben sie sowieso nur Augen für ihr Pferd.«
    »Aber sie hat sich an dir gerächt, an deinem Pferd Arabal.«
    »Hör auf! Ich habe sie nicht getötet. Das wäre kein Grund für mich. Ich habe immer wieder alles verloren, und Arabal gehörte mir ja nicht.«
    Er schloss die Tür auf und verschwand im Treppenhaus. Die Nachtigall jubilierte. Ich wartete unter Sternen, bis Hajo ein geschultertes Fahrrad aus der Tür rammelte und vor mich hinstellte. Nur die Reifen waren neu, und die Kette war geölt.
    »Die Gangschaltung läuft«, sagte Hajo. »Ich habe sie hingekriegt.«
    Wenn er in jedem Moment seines Lebens so gewitzt gewesen wäre, dann hätte er das nicht gesagt. Offenbar verfügte er auch über eine gewisse technische Begabung. Vermutlich hatte er in seiner Jugend auf dem Gestüt Kühlungsborn auch Traktoren, Heumaschinen und

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