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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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keinerlei
Alltagsproblemen mehr belastet werden durfte. Letzteres war
allerdings auch früher schon der Fall gewesen. Sir Alistair war
gewiss ein weichherziger und von allen geachteter Mann. Jedoch,
seiner Fähigkeit, sein Vermögen zu mehren oder auch nur zu
bewahren, wohnte ein Mangel inne, der nur von seiner ärgerlich
überschwänglichen Freigiebigkeit gegenüber seinen
Pächtern und Angestellten überboten wurde. Ein Umstand, der
Lady Millford während ihrer langen Ehe ein ums andere Mal
erhebliche Bitternis bescherte.
    Lady
Millford seufzte tief. Tatsächlich waren es diese für sie
eher schlecht zu akzeptierenden Charakterzüge ihres Gatten, die
sie in die unerfreuliche Lage gebracht hatten, sich jetzt mit diesem
ebenso unerfreulichen Geschöpf Charlotte abgeben zu müssen.
Die Unfähigkeit der jungen Frau, statthafte Zurückhaltung,
Eleganz und Weiblichkeit zu entwickeln, war frappierend und höchst
ärgerlich. Dabei hätte man das angesichts der kostspieligen
Erziehung, die sie genossen hatte, doch erwarten können.
Stattdessen zeigte die unerträgliche Tochter Elisas aber
Widerspruchsgeist und ein unverständliches Interesse an Dingen,
mit denen sich Frauen der guten Gesellschaft gemeinhin nicht
beschäftigten. Zu allem Überfluss legte sie auch noch wenig
Wert auf ihre äußere Erscheinung, dem einzigen (noch
gründlich zu überarbeitenden) Kapital, das sie besaß,
um ihnen allen ein besseres Auskommen zu verschaffen. Und das
angesichts der Tatsache, dass die ohnehin schon knappe Börse der
Millfords durch die Bemühungen, aus dem Mündel Charlotte
endlich eben dies erhoffte Kapital zu schlagen, erheblich belastet
war.
    Gott
sei Dank war eingetreten, was Lady Millford in ihren kühnsten
Träumen nicht zu hoffen gewagt hatte. Der dickste Karpfen im
Teich hatte allen Widrigkeiten zum Trotz tatsächlich angebissen
und saß nun charmant parlierend Charlotte gegenüber an der
reich gedeckten Tafel. Ärgerlich war nur, dass man den Eindruck
gewinnen konnte, dass diese dem Gespräch nicht so zugeneigt war,
wie man es mit Fug und Recht erwarten konnte. Stattdessen hatte sie
die Unverfrorenheit besessen, ihren Nachmittag den Fortescues und vor
allem diesem unsäglichen Edward zu widmen. Ein Mensch, der nicht
nur von bedauernswert kleinem Auskommen und wenig Esprit geplagt
wurde, sondern sich zu allem Überfluss auch noch durch ein
besonderes Maß an Ungeschicklichkeit auszeichnete.

    ******

    Geradezu
lächerlich waren die Bemühungen ihrer Nichte gewesen, dem
Unglücklichen die Grundbegriffe der griechischen Konjugation zu
erläutern, indem sie beide unverständliche Vokabeln
memorierend und kichernd durch die Gartenanlage gezogen waren, was,
so hatte ihre Nichte frech behauptet, dem Einprägen ungemein
förderlich, da mit Bewegung verbunden sei. Tatsächlich
hatte sich Charlotte erdreistet, einen Mann belehren zu wollen. Das
war wirklich unerhört! Lady Millford war fast das Herz stehen
geblieben, als der später angekommene Mr Terency Zeuge dieses
entwürdigenden Schauspiels wurde.
    Doch
zu ihrer großen Erleichterung war er augenscheinlich in das
Vorhaben eingeweiht worden und beteiligte sich sogar, zusammen mit
den Fortescue-Schwestern, an dem peinlichen Auftritt.
    Lady
Millford war zu ihrer weiteren Verärgerung auch nicht entgangen,
dass die junge Miss Millicent unverschämterweise ein Auge auf Mr
Terency geworfen hatte, und sich seit Beginn des Dinners immer wieder
schamlos und allzu auffällig um seine Aufmerksamkeit bemühte.
Was bildete sich dieses nichtswürdige Geschöpf nur ein? Ein
Vorhaben, das aber seitens Terencys nur beiläufig zur Kenntnis
genommen wurde. Er hatte − es war ein wahres Wunder –
offenbar nur Augen für ihre Nichte, die seit geraumer Zeit
lustlos in ihrem Wildragout herumstocherte.
    Da
Lady Millford am anderen Ende der Tafel thronte, sah sie sich zu
ihrem Leidwesen außerstande, Charlotte mit einem gezielten
Tritt unter dem Tisch zur Raison zu bringen. Sie musste etwas
unternehmen.
    » Meine
lieben Gäste«, Lady Millford hatte ihr Bleikristallglas
leicht mit dem Messer touchiert (natürlich mit wohlberechneter
Schlagkraft, um das edle Glas keinesfalls zu gefährden), »ich
schlage vor, wir begeben uns in den Wohnraum, den Sir Alistair
bevorzugt, da die dortigen Sitzgelegenheiten ihm mehr Bequemlichkeit
bereiten und nehmen unser Dessert dort ein. Auch hat Thomas im Garten
Fackeln entzündet, die von diesem Raum aus besser betrachtet
werden können als vom Salon aus.«
    »

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