Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
hat Jack ihn mit seinen Füssen getreten.«
»Und wie
hat Joe darauf reagiert?«
»Er hat
ihn ausgelacht. Das hat Jack sehr wütend gemacht und er trat weiter auf ihn ein.
Danach musste ich meinen Mann zum Arzt fahren.«
»Wann war
das?«
»Vor ungefähr
zwei Monaten.«
»Hat Joe
seinen Bruder daraufhin angezeigt?«
»Nein, aber
danach haben sie kein einziges Wort mehr miteinander gesprochen.«
Trix, die
in diesem Moment zum Tisch zurückkehrt, tätschelt tröstend Angelinas Schulter. »Eine
schlimme Sache, aber jetzt bist du deinen Mann zum Glück los. Und glaube mir, das
ist gut so.«
»Was weißt
du schon über Glück und Unglück«, greift Alex ihre Wohnpartnerin grob an.
Trix zuckt
erschrocken zusammen.
»Gibt es
in Joes Familie einen Arzt oder Apotheker?«, wendet sich Viktoria erneut an Angelina.
Das Gesicht
der Asiatin hellt sich merklich auf. »Der Cousin meines Mannes ist Arzt. Fredi hat
vor einem Jahr seine Frau bei einem tragischen Unfall verloren. Er unterstützt mich
sehr.«
»Hat er
dir auch ein Rezept für Natrium-Pentobarbital besorgt?«
Angelina
überhört Viktorias Frage. »Fredi weiß nicht, dass mein Mann krank war. Er weiß auch
nicht, dass er …«
»Bisexuell
war?«, beendet Viktoria den Satz.
Angelina
nickt. »Er weiß nichts.«
Viktoria
beugt sich etwas vor und fixiert Angelina mit einem prüfenden Blick. »Hat dich Fredi
dazu verführt, Joe zu vergiften?«
Angelina
schüttelt heftig den Kopf. »Fredi ist ein guter Mensch. Er könnte nie etwas Böses
tun.«
»Bist du
etwa in Fredi verliebt?«, fragt sie unverhohlen.
»Nein, Verliebtheit
ist nur etwas für Teenager.«
»Könnte
es nicht sein, dass Herkules deinen Mann getötet hat?«, schlägt sie vor.
»Jack liebte
seinen Bruder«, begehrt Angelina auf. »aber er kann sehr zornig werden.«
»Verstehe.«
Sie kehrt sich zu Alex, was Angelina sichtlich erleichtert zur Kenntnis nimmt. »Auch
du hast Joe geliebt. Was machte ihn für Frauen und Männer so attraktiv?«
»Joe war
ein totaler Egoist, es ging ihm immer nur um sich selbst«, fährt Trix barsch dazwischen.
»Ich habe
Alex gefragt, nicht dich«, tadelt Viktoria sie.
Ein Schimmer
von Traurigkeit huscht über Alex’ Züge. »Ich habe Joe geliebt. Ich glaube, dass
ein Teil von ihm ein guter Liebespartner sein wollte. Wenn er Mist baute, so wusste
er es und entschuldigte sich dafür.«
»Ich höre
wohl schlecht«, schimpft Trix aufgebracht. »Dieser Mann hat dich tief verletzt,
und jetzt verteidigst du ihn? Wäre ich damals nicht zur Stelle gewesen, wärst du
heute tot.«
»Stimmt,
du hast mir das Leben gerettet. Aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du
es nicht getan hättest. Denn mit Joe ist auch mein Glaube an die Liebe gestorben.«
Das saß.
Trix starrt
Alex erschrocken an.
»Ich glaube
nicht, dass es Joe bewusst war, wie tief er mich bei der Trennung verletzte«, fährt
Alex schließlich nachdenklich fort. »Joe war sehr clever. Er konnte gut über seine
Gefühle sprechen und er war witzig. Er war der erste Mensch in meinem Leben, der
mich zum Lachen brachte. Er ging auf meine Wünsche und Bedürfnisse ein, ohne dass
ich darum bitten musste. Er gab mir das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Für
mich als ehemaliges Heimkind war das eine völlig neue Erfahrung.«
Trix schnaubt
verächtlich. »Das tat er nur, um dich besser manipulieren zu können.«
»Das glaube
ich nicht«, widerspricht Alex energisch. »Auf jeden Fall war es mit ihm keine Minute
langweilig. Was soll ich noch sagen? Wahrscheinlich habe ich ein schlechtes Gespür
für Erlogenes. Ich hätte wohl viel früher erkennen müssen, dass Joe nicht wirklich
zu haben war.«
»All die
Versprechen, die er dir gemacht hat, von wegen Heirat, Kinder, Haus am See, Weltreise,
was weiß ich«, kläfft Trix. »Kein einziges Versprechen hat er gehalten.« Sie springt
empört auf.
Kurz darauf
beobachtet Viktoria, wie Trix auf der Terrasse zigarettenpaffend nervös auf und
ab geht.
Alex fährt
fort: »Vor gut einem Jahr bin ich Joe zufällig auf der Straße begegnet und wir haben
zusammen einen Kaffee getrunken. Weißt du, Viki, was für mich das Schlimmste war?«
Viktoria
bittet sie, weiterzusprechen.
»Joe erkannte
in keiner Weise, wie weh er mir damals tat. Für ihn war die Trennung eine Bagatelle,
sozusagen etwas Alltägliches. Als ich ihm von meinem Selbstmordversuch erzählte,
hat er laut herausgelacht. ›Wegen mir?‹, rief er. ›Wer bringt sich schon wegen einem
Trottel wie mir
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