Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
Aufmerksamkeit, auch wenn sie nur aus Höflichkeit so nett
zu ihm ist«, übergeht sie seine bissige Bemerkung. »Ich bin fest davon überzeugt,
dass er ihre Freundlichkeit falsch interpretiert. Denn wie kann ein Mensch, der
kaum je Liebe erfahren hat, zwischen Höflichkeit und Zuwendung unterscheiden? Du
solltest ihn sehen. Er weicht nicht von Angelinas Seite, und wenn du mich fragst,
so fürchtet sie sich vor ihm.«
»Warum sollte
sie sich vor ihm fürchten?«, fragt er nach.
»Weil Angelina
weiß, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Herkules erkennt, dass sie ihm
nicht das geben kann, was er sich erhofft.«
»Nun, wir
werden sehen.«
»Selbstverständlich
könnten auch Trix und Alex die Täterinnen sein«, mutmaßt sie forsch weiter. »Ich
bin sicher, dass derjenige, der Joe getötet hat, schon bald einen Fehler macht,
und dann wirst du ihn drankriegen.«
»Es ist
nett, dass du mir so viel zutraust, aber deine Einmischung geht mir echt auf die
Nerven. Ich will und kann dich nicht Tag und Nacht beschützen.«
»Eigentlich
schade«, schneidet sie ihm das Wort ab. »Ich kann nicht genug von dir bekommen,
auch wenn du manchmal ein richtiger Rüpel bist.« Sie genießt das Schmunzeln, das
über sein angespanntes Gesicht huscht. Als er sich mit einem Ächzen aufmüht und
sich an der Glasschiebetüre zu schaffen macht, geht sie ihm nach. Auf der Terrasse
folgt sie seinem Blick, der über das von Wind und Regen heimgesuchte Dorf schweift.
»Verstehst du denn nicht? Ich habe ein verdammtes Recht darauf zu erfahren, wer
mich bedroht«, versucht sie es erneut. »Auch möchte ich, dass du diesen vermaledeiten
Fall endlich abschließen kannst. Wir sehen ja uns kaum.«
»Bitte,
keine falschen Erwartungen«, unterbricht er sie aufgebracht.
Sie zuckt
verletzt zusammen. »Warum darf ich dich bei deiner Arbeit nicht unterstützen?«
»Ich brauche
keine Hilfe von einer Frau und schon gar nicht von dir«, fällt er ihr grimmig ins
Wort.
»Schau mich
an, Valentin. Was bin ich für dich? Was wünschst du dir von mir?«
»Willst
du es wirklich wissen?«
»Ja, das
will ich.«
»Ich … Ach
was, vergiss es«, winkt er energisch ab.
»Bitte«,
bettelt sie.
»Also gut.
Ich wünsche mir eine Frau, um die ich mir keine Sorgen machen muss. Eine Frau, der
ich voll und ganz vertrauen kann, und die sich nicht in meine Arbeit einmischt.
Mir auch nicht vorschreibt, was ich zu tun und zu lassen habe.«
»Du erträgst
keine starke Frau an deiner Seite«, bemerkt sie bekümmert.
»Da hast
du wohl recht.«
Sie wendet
sich abrupt ab und geht in den Wohnraum zurück, wo sie sich mit einem Gefühl der
Ernüchterung aufs Sofa setzt.
Nach einer
Weile kommt er nach. Sein Gesicht ist ernst, als er ihr mitteilt, dass er nur hierhergekommen
ist, um das Parfüm von ihr identifizieren zu lassen.
»Also gut«,
lenkt sie ein, »ich bin allerdings sicher, dass ich beim Überfall den Duft von Aqua
di Giò gerochen habe.«
Er reiht
alle Flakons vor sich auf. » Aqua di Giò ist nicht dabei«, bemerkt er beiläufig
und reicht ihr einen grünen Flakon mit Metallsprühkopf.
Sie bespritzt
damit ein Papiertaschentuch und wartet kurz, bevor sie daran riecht. »Bingo, das
ist der Duft«, ruft sie aufgeregt.
»Bist du
dir ganz sicher?«
Sie bejaht
seine Frage, ohne zu zögern.
» P aco rabanne pour hommes «, klärt er sie
auf.
»Das kann
nicht sein. Ich bin mir sicher, dass ich diesen Duft heute an Trix gerochen habe.
Und sie hat behauptet, dass es sich dabei um Aqua di Giò handelt.«
»Vielleicht
hat sie den Namen verwechselt oder du täuschst dich?«
Sie schüttelt
widerwillig den Kopf.
»Engel benutzt Paco rabanne . Wir werden ihn damit konfrontieren müssen.«
»Engel?«
Sie sieht ihn erschrocken an. »Ist das wahr?«
Er antwortet
mit einem Nicken. »Bei Rofflers Frau gab es ausschließlich Damendüfte, bei Herkules
nur dieses eine Aftershave«, fährt er fort und reicht ihr den Flakon.
»Nein, dieses
war es definitiv nicht.«
»In der
Wohnung von Mannhart und Müller haben wir übrigens nur Damenparfüms gefunden.«
»Vielleicht
trägt Trix den Flakon in ihrer Handtasche herum. Ist bei Frauen nicht unüblich«,
schlägt sie vor.
»Du täuschst
dich wohl nie«, gibt er missbilligend zurück.
Sie kneift
empört den Mund zusammen.
»Warum hast
du Müller heute Mittag getroffen?«
»Morgen
ist Alex’ siebenundvierzigster Geburtstag. Trix hat mich zu einer Wanderung auf
die Höchhand überredet.«
Er sieht
sie mit kalter
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