Pharmakon
meinte, an Dr. Vandermers Kopf zu berühren. Als das geschah, sprang er voller Entsetzen zurück. Auf beiden Seiten von Dr. Vandermers Schädel fanden sich kleine aufgeworfene Linien. Adam konnte gerade noch die heilenden Einschnitte sehen. Dr. Vandermer reagierte wütend.
»Das ist jetzt weit genug gegangen.« Er öffnete die Tür und winkte den beiden Pflegern zu, sie sollten Adam wegschaffen. »Bitte geleiten Sie Mr. Schonberg in den Wartesaal. Dort kann er warten, wenn er sich benimmt, wenn er Ihnen jedoch irgendwelche Schwierigkeiten macht, dann rufen Sie die Psychiatrische Abteilung.«
Adam hielt seine Hände hoch. »Ich werde keine Schwierigkeiten machen«, sagte er sanft. Auf keinen Fall wollte er, daß man ihm irgendwelche Beruhigungsmittel geben würde. Er erkannte, daß er keine Möglichkeit hätte, wenn man Dr. Vandermer selbst irgendeiner Art von Psychochirurgie unterzogen hatte, ihn von den Betrügereien Arolens zu überzeugen.
»Darf ich mit meiner Frau sprechen?« sagte er.
Dr. Vandermer blickte Adam einen Augenblick an und schüttelte dann den Kopf. »Ich glaube nicht, daß es in Jennifers bestem Interesse ist, aber ich werde sie selbst die Entscheidung fällen lassen.«
Er öffnete die Tür zum Behandlungszimmer und trat ein. Jennifer stützte sich auf einen Ellbogen auf. »Was ist denn los?« fragte sie besorgt.
Dr. Vandermer beschrieb kurz die Szene mit Adam und endete mit Adams Bitte, mit ihr sprechen zu dürfen. »Er scheint nicht mit dem Streß Ihrer Schwangerschaft fertig geworden zu sein«, war alles, was Dr. Vandermer als seine Ansicht anzubieten hatte.
»Nun, er hat die Lage für mich sicherlich nicht einfacher gemacht«, sagte Jennifer. »Tut mir leid, daß er Ihnen so viele Schwierigkeiten bereitet hat.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, sagte Dr. Vandermer. »Ich finde nur, wir sollten jetzt mit dem Verfahren weitermachen. Sie können sich mit Adam befassen, wenn wir fertig sind.«
Jennifer nickte. »Warum mußte er auch zurückkommen? Sie haben recht. Ich glaube nicht, daß ich jetzt im Augenblick mit Adam fertig werden kann. Warum machen Sie nicht einfach weiter, während ich noch in Kontrolle bin?«
Dr. Vandermer lächelte beruhigend und winkte der Schwester, wieder mit den Vorbereitungen zu beginnen. Dann kehrte er in das Vorzimmer zurück und teilte Adam mit, Jennifer würde nachher mit ihm reden.
Adam erkannte, es habe keinen Sinn, weiter zu protestieren. Wie betäubt folgte er den beiden Pflegern den Korridor hinunter.
Dr. Vandermer zog sich die OP-Kleidung wieder an und ging in den Behandlungsraum zurück. Nachdem er die Spritze aufgenommen hatte, gab er Jennifer eine lokale Anästhesie. Er wollte gerade mit dem Verfahren beginnen, als sich die Tür wieder öffnete.
»Dr. Vandermer, ich fürchte, Sie werden diesen Fall abbrechen müssen.«
Jennifer öffnete die Augen. In der Tür stand eine stämmige Frau, die in einen OP-Anzug gekleidet war. Jennifer erkannte sie nicht, wohl aber Dr. Vandermer. Es war Helen Clark, Direktorin der Operationssäle der Julian-Klinik.
»Wir haben gerade ein Unterlassungsurteil bekommen. Wir können mit Jennifer Schonbergs Abtreibung nicht fortfahren.«
»Aus welchem Grund?« fragte ein völlig erstaunter Dr. Vandermer.
»Ich kenne die Details nicht«, sagte Mrs. Clark. »Es ist aber von einem Richter eines Obersten Gerichtshofes von New York unterzeichnet.«
Dr. Vandermer zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder Jennifer zu.
»Machen Sie nichts Dummes«, warnte ihn Mrs. Clark. »Ein Urteil des Gerichts zu ignorieren, würde uns alle in Schwierigkeiten bringen.«
»Das ist lächerlich«, sagte Dr. Vandermer. »Rechtsstreit im Operationssaal.« Dennoch nahm er aber seinen Gesichtsschutz und die Handschuhe ab.
Als sie sah, daß er gehen wollte, biß sich Jennifer auf die Unterlippe, um sich vom Schreien abzuhalten.
*
Nachdem er von Vandermer aus dem Behandlungsraum geworfen worden war, hatte Adam sofort Emmet Redford angerufen. Der Rechtsanwalt hatte ihm mitgeteilt, er habe einen alten Gefallen eingefordert und ein Unterlassungsurteil erwirkt. Während sie jetzt redeten, sei es auf dem Weg zur Klinik. Adam ging in den Wartesaal zurück und betete, die Papiere würden noch rechtzeitig eintreffen. Als er Mrs. Carson über eine Illustrierte gebeugt sah, nahm er einen Stuhl, der außerhalb ihres Sichtfeldes stand.
Weniger als fünf Minuten später eilte eine Krankenschwester zu Mrs. Carson hinüber. Sie
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