Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pharmakon

Pharmakon

Titel: Pharmakon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
er versuchte, Halt auf dem glatten Beton zu bekommen. Schließlich schaffte er es auf das Dach.
    Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, beugte sich Adam über die Mauer. Alan stand mit seinem Rücken gegen die Wand des Gebäudes gelehnt.
    Adam zog das Seil an, konnte Alan aber nur ein paar Zentimeter hochheben. Er erkannte, daß er mehr Hebelwirkung haben müsse. Plötzlich erinnerte er sich an Bilder von ägyptischen Sklaven, die Steinblöcke die Pyramiden hinauf schleppen mußten. Sie hatten das Seil wie Lasttiere über ihre Schultern gehalten. Adam entschied sich, das gleiche zu tun. Er lehnte sich mit aller Macht vorwärts und kämpfte sich so bis an die gegenüberliegende Wand, an der das Seil ursprünglich festgemacht war. Als er zur Seitenwand zurücklief, sah er, wie Alan etwa auf einem Drittel des Weges baumelte.
    Adam wiederholte dieses Manöver noch dreimal. Beim vierten Zug ließ sich das Seil plötzlich nicht mehr bewegen, und als Adam über die Mauer spähte, sah er, daß Alan direkt unter dem Vorsprung der Mauer, die das Dach umgab, hängengeblieben war. Er griff herunter und zog den Arzt in eine seitliche Lage, ergriff dann dessen Beine und hievte ihn unter großer Anstrengung über die Mauer. Die beiden Männer fielen auf das Dach.
    Als Adam wieder zu Atem gekommen war, löste er das Seil und stopfte es in seine Schultertasche. Dann half er Alan auf. Auf seiner rechten Wange hatte er eine schlimme Abschürfung erlitten, aber ansonsten schien er diese Zerreißprobe bewundernswert überstanden zu haben.
    Adam warf seine Tasche über die Schulter und führte Alan über das Dach zum äußeren Gebäude und dann die Treppe hinunter. Zu diesem Zeitpunkt stolperte Adam mehr als Alan. Seine Arme waren kraftlos, seine Schenkel zitterten vor Erschöpfung, und seine Handflächen waren wund. Als sie Adams Zimmer erreicht hatten, legte er den Arzt auf das Bett und ließ sich neben ihn fallen.
    Adam war für derartige extreme körperlichen Anstrengungen nicht in optimaler Verfassung. Er hätte sich gerne etwas ausgeruht, wußte aber, daß sich die Gefahr, entdeckt zu werden, mit jeder vergehenden Minute vergrößerte. Er half Alan aus seinem Krankenhausanzug heraus und zog ihn schnell an. Glücklicherweise waren die beiden Männer fast gleich groß. Dann steckte er Alan ins Bett und betete, daß er noch genügend unter Beruhigungsmitteln stünde, um wieder einzuschlafen. Zur Vorsicht verschloß Adam die Tür hinter sich, als er sein Zimmer verließ, um nachzusehen, ob er irgendwo ein Auto auftreiben könne. Als er den Korridor hinuntereilte, wünschte er zum zweitenmal, er hätte ihre Flucht besser geplant.
     
    *
     
    Selma Parkman gähnte und blickte auf die Uhr über dem Medikamentenschrank. Es war erst ein Uhr fünfzehn. Sie hatte noch mehr als fünf Stunden ihrer Schicht abzuleisten, langweilte sich aber jetzt schon zu Tode. Als sie zu den beiden Pflegern hinüberblickte, wünschte sie, sie hätte ein bißchen mehr von deren Geduld. Von dem Augenblick an, als sie im Zentrum angekommen war, war sie überrascht gewesen, wie gelassen das Personal die langweilige Routine akzeptierte.
    »Ich glaube, ich gehe mal ein bißchen spazieren«, sagte sie und schlug ihren Robert-Ludlum-Roman zu. Die Pfleger antworteten nicht.
    »Habt ihr mich gehört?« fragte sie gereizt.
    »Wir werden auf die Abteilung achtgeben«, sagte einer von ihnen schließlich.
    »Sehr gut«, sagte Selma und zwängte ihre Füße in die Schuhe. Sie wußte, daß nichts passieren würde, während sie weg war. Hier geschah nie etwas. Als sie den Job akzeptiert hatte, hatte sie etwas aufregendere Dinge erwartet, als auf einen Haufen Automaten aufzupassen. Sie hatte einen guten Job in Philadelphia im Hobart-Psychiatric-Institute aufgegeben, um nach Puerto Rico zu kommen, und sie begann sich zu fragen, ob sie nicht einen Fehler gemacht habe.
    Selma verließ das Schwesternzimmer und nahm, sich verzweifelt nach etwas Unterhaltung sehnend, den Aufzug zum Stockwerk mit den Operationssälen. Dort trat sie auf eine der Zuschauergalerien. Dr. Nachman lächelte, als er sie sah. »Gelangweilt?« fragte er. »Ich sehe schon, wir müssen Ihnen einen etwas aufregenderen Arbeitsplatz geben.« In Wahrheit war er jedoch wegen ihrer Ruhelosigkeit irritiert und hatte sie auf die Liste für einen Kursus mit der Conformin-Behandlung gesetzt.
    Selma beobachtete, wie die von Computern erschaffenen Bilder auf der Leinwand vor den Operateuren erschienen, aber sie hatte keine

Weitere Kostenlose Bücher