Philippas verkehrte Welt
hinauf.
»Mann, das ist ja cool hier!«, rief er aus. »Dass es so etwas gibt! Mitten in der Stadt!«
Wenig später saÃen wir nebeneinander in meinem Zimmer auf dem Bett und kraulten Limette, die sich zwischen uns auf den Rücken geworfen hatte und schnurrte, was das Zeug hielt.
»Ich kann verstehen, dass du nicht von hier wegwolltest«, sagte Jona.
»Das will ich noch immer nicht«, erwiderte ich.
»Dann freunde dich doch mit Nneka an und lass diese Celia einfach links liegen«, schlug Jona vor und strich die schwarze Ponysträhne, die ihm ins Gesicht gefallen war, zur Seite. Er trug die Haare etwas länger als die meisten anderen Jungs, und ich fand, dass ihm das sehr gut stand. »Vielleicht entlässt sie deinen Vater dann ja noch in der Probezeit«, setzte er zwinkernd hinzu.
»Keine schlechte Idee«, murmelte ich, und schon hatte ich Papas panischen Blick von heute Morgen vor Augen, als er begriff, dass ich Frau von Helsings wertvolles Auto beschädigt hatte.
Es war wirklich ein Kreuz. Wie die meisten Dinge hatte auch Jonas Vorschlag seine zwei Seiten. Denn das Glück des einen bedeutete automatisch das Unglück des anderen. Irgendwie musste ich einen Mittelweg finden â und verdammt noch mal, das würde ich auch! Aber wie gesagt, damals konnte ich ja noch nicht ahnen, dass das Schicksal etwas komplett anderes im Schilde führte.
»Musst du eigentlich gar nicht nach Hause?«, fragte ich und stand mit einem Ruck vom Bett auf.
»Doch«, sagte Jona, während er sich ebenfalls erhob. »Meine Mutter wartet schon seit anderthalb Stunden mit dem Essen auf mich. Aber zum Glück habe ich ja eine Entschuldigung.«
Ich sah ihn stirnrunzelnd an, woraufhin er mir seine Hände entgegenhielt. »Ich bin gestürzt und musste mir im Krankenzimmer die Hände verbinden lassen.«
»Die sind doch gar nicht verbunden«, erwiderte ich.
»Dann sollten wir das vielleicht noch schnell nachholen«, meinte Jona und grinste schief.
Es dauerte eine weitere Viertelstunde, bis ich Jona die Hände verbunden hatte, und leider sah es nicht gerade professionell aus.
»Frau Langhans hätte es auch nicht besser gemacht«, sagte Jona.
Ich schüttelte den Kopf.
Frau Langhans war unsere Sekretärin, und sie war alles andere als eine Anfängerin, was das Verarzten von Schülern betraf.
»Du bist ein Blödmann«, sagte ich scherzend.
»Keine Sorge, ich werde auf jeden Fall Ãrger bekommen«, meinte Jona schmunzelnd, als er um kurz nach drei in seinen Bus stieg. »Aber das wird mich nicht davon abhalten, deine Katze noch einmal zu besuchen. Das heiÃt, natürlich nur, wenn du damit einverstanden bist.«
Na klar war ich das! Ich war sogar sehr froh darüber, dass er das in Betracht zog. Im Moment war Jona der Einzige, der weder so richtig mit meinem alten noch mit meinem neuen Leben zu tun hatte. Ich empfand ihn als neutrale Person, als jemanden, der â abgesehen von besagtem Lackschaden â in keine meiner Angelegenheiten verstrickt war. Ihm konnte ich alles erzählen. Und was das Tollste war: Er hörte mir zu.
Ich bekam ebenfalls ziemlichen Ãrger, weil ich zu spät nach Hause kam, aber das schluckte ich hinunter wie eine notwendige Medizin. Ich versuchte nicht einmal, mich herauszureden, von wegen, ich hätte doch nicht gewusst, welchen Bus ich nehmen müsste, und wäre durch die halbe Stadt gefahren, ehe ich endlich die richtige Linie erwischt hätte. Nein, ich gestand frei heraus, dass ich in der MarillenstraÃe gewesen war und mit Limette gekuschelt hatte, und ich kündigte an, dass ich das ab sofort jeden Tag so machen würde.
»Und was ist mit dem Mittagessen?«, entgegnete Mama.
»Das wärme ich mir später einfach auf«, gab ich zurück. Wozu hatte unsere neue ultramoderne Küche schlieÃlich eine Mikrowelle!
Meine Mutter lamentierte ein wenig herum und ich tat es ebenfalls. Wir wurden uns nicht einig, aber ich spürte, dass sie bereit war, mir zumindest fürs Erste eine gewisse Narrenfreiheit zu gewähren, und das würde ich eben ausnutzen â wenn auch mit schlechtem Gewissen.
»Frau von Helsing hat mir übrigens angeboten, dass ihr Hausarzt einen regelmäÃigen Gesundheitscheck bei Josi, Krister und dir durchführt«, sagte Mama. »Die Ndiayes machen davon Gebrauch, also tun wir das natürlich auch.«
Ich wollte gerade
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