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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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erkaufen musst«, blaffte sie.
    Ich war so perplex, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
    Â»Wie lange hast du denn sparen müssen, um fünfzig Euro zusammenzukriegen, he? Oder hast du das Geld etwa geklaut?«
    Ich starrte sie an und verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte sie bloß so etwas von mir denken? Ich hatte noch nie jemandem was geklaut, das wusste auch Mariel ganz genau! Und warum, zum Teufel, redete sie auf einmal mit mir? … Nur um sich aufzuregen? Wo ich doch schon seit fast zwei Wochen nichts weiter als Luft für sie gewesen war!
    Â»Komm«, sagte Jona. Er fasste mich am Arm und zog mich von ihr weg. »Das musst du dir nicht gefallen lassen. Wirklich nicht.«
    Ich folgte ihm widerstrebend, den Blick noch immer auf Mariel gerichtet. Auch sie guckte mir kurz hinterher, dann warf sie ihren Kopf in den Nacken und stolzierte in der entgegengesetzten Richtung davon.
    Â»So eine selten dumme Kuh«, platzte Jona heraus, als wir die Tür zum Schulhof erreicht hatten. »Entschuldigung«, beeilte er sich hinzuzufügen. »Ich weiß, du magst sie noch … im Gegensatz zu mir übrigens … was ich echt nicht verstehe.«
    Â»Ich auch nicht«, murmelte ich. »Vor allem aber verstehe ich nicht, warum sie mich plötzlich so hasst.«
    Â»Tja …« Jona hob hilflos die Schultern. »Keine Ahnung.«
    Er drückte die Tür auf und ein lauer Wind schlug uns entgegen. Es war schon irre, wie viel sich innerhalb so kurzer Zeit so grundlegend ändern konnte. Nicht nur dass ich meine beste Freundin verloren hatte und woanders wohnte, sogar das Wetter hatte von fast-noch-Winter in beinahe-schon-Sommer umgeschlagen.
    Â»Ãœbrigens: Die Jeans hat nie und nimmer fünfzig Euro gekostet«, sagte Jona und machte Anstalten, das noch immer zusammengefaltete Geld in meine Westentasche zu stecken, doch ich drehte mich flugs zur Seite, sodass er ins Leere griff.
    Â»Es sind hundertfünfzig«, sagte ich.
    Jonas Augen weiteten sich. »Was?«
    Â»Drei Fünfziger«, drückte ich das Unfassbare noch einmal anders aus.
    Â»Nee«, sagte Jona. »Echt jetzt?«
    Ich nickte, während er auf das Geld zwischen seinen Fingern glotzte.
    Â»Die spinnt doch, die Alte … äh, Entschuldigung … diese Frau von Helsing!«
    Jetzt musste ich lächeln, weil Jona so erfrischend ehrlich war und dabei trotzdem so feinfühlig sein konnte. »Keine Sorge, sie liegt mir nicht besonders am Herzen.«
    Â»Egal«, stammelte er. »Ich kann das nicht annehmen. Das ist viel zu viel.«
    Â»Du musst«, sagte ich. »Denn ich kann es ihr unmöglich zurückgeben.«
    Jona schluckte. »Na gut«, meinte er schließlich. »Dann behältst du es eben«, und als ich erneut protestieren wollte, setzte er noch »Wer weiß, vielleicht brauchst du es ja irgendwann noch mal« hinzu.
    Damals hielt ich Jona für verrückt, jetzt, im Nachhinein, frage ich mich natürlich, ob er womöglich hellsehen konnte.

    Einer inneren Eingebung folgend, deponierte ich das Geld in einer meiner unzähligen Dosen, die ich in meinem Zimmer in der Marillenstraße zurückgelassen hatte – und vergaß es. Ja, Tatsache, ob du’s glaubst oder nicht, aber genau so war es.
    Inzwischen war es Ende März und die Woche vor den Osterferien näherte sich ihrem Ende. Die letzte Badmintonstunde fiel aus, weil unsere Trainerin Thea Brümmer für drei Wochen nach Malaysia flog, und ich begann zu überlegen, ob ich in Zukunft überhaupt noch hingehen sollte. Einerseits hatte ich es ja längst beschlossen, andererseits machte einem das Leben erfahrungsgemäß gerne mal einen Strich durch die Rechnung. Denn was Mariel betraf, hatte ich noch immer nicht aufgegeben. Zweieinhalb Wochen Ferien konnten alles ändern – so hoffte ich wenigstens.
    Mama fuhr nach wie vor dienstag- und freitagvormittags in ihren Blumenladen und traf sich anschließend fast immer mit Birgitta im Café Luffo . An diesen Tagen lauerte ich regelrecht darauf, dass sie mir irgendwas über Mariel erzählte, zum Beispiel, dass sie ihrer Mutter in einer schwachen Minute gestanden hatte, dass sie mich vermisst, aber nicht weiß, wie sie den Riss in unserer Freundschaft wieder kitten soll. Doch nichts dergleichen passierte. Es war, als wäre Mariel tot, und irgendwann traute ich mich auch gar nicht mehr, Mama überhaupt noch auf dieses Thema

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