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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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anzusprechen.

    Am Samstagnachmittag vor den Ferien sah ich Celias Vater zum ersten Mal – allerdings nur aus der Ferne. Papa hatte ihn mit dem Bentley vom Flughafen abgeholt. Er parkte den Wagen vor dem Villeneingang, hievte das Gepäck aus dem Kofferraum und trug es mit Evelyns Hilfe ins Haus.
    Herr von Helsing war groß und schlank und hatte mittelbraunes, leicht gewelltes Haar. Er ging ein wenig nach vorn gebeugt und seine Bewegungen erschienen mir ruhig und bedachtsam. Obwohl ich vom Garten des Gästehauses aus kaum etwas von seinem Gesicht erkennen konnte, war er mir auf Anhieb sympathisch. Keine Ahnung, was es war, aber irgendetwas an ihm kam mir vertraut vor.
    Â»Der ist ganz okay«, sagte Nneka hinter mir. »Leider ist er kaum hier.«
    Â»Mann!«, entfuhr es mir. »Hast du mich erschreckt!«
    Mein Herz stand für einen Moment still, dann machte es einen Überschlag, bevor es wieder in normalem Tempo weiterpumpte.
    Â»Tut mir leid.« Nneka sah allerdings wenig zerknirscht aus. »Ich glaube, wenn er öfter daheim wäre, wäre Celia gar nicht mal sooo übel.«
    Â»Meinst du?«
    Â»Ja, meine ich«, erwiderte Nneka. »Bernhard von Helsing verbreitet richtig gute Stimmung. In seiner Gegenwart kann man gar nicht zickig sein. Nicht einmal Celia. Bestimmt kommt sie total entspannt aus dem Urlaub zurück.«
    Â»Hm«, machte ich und blinzelte gegen die Sonne zur Villa hinüber. Papa hatte den Bentley inzwischen weggefahren. Celias Vater stand neben seiner Frau auf den Eingangsstufen und ließ seinen Blick über das Anwesen schweifen.
    Â»Hast du das denn schon mal erlebt?«, fragte ich.
    Â»Jaaa.« Nneka trat dicht neben mich und legte mir ganz selbstverständlich ihren Arm um den Hals. »Im letzten Herbst. Da waren die von Helsings für zehn Tage auf Hawaii. Als sie zurückkamen, war Celia der hellste Sonnenschein. Wir haben es geschafft, ganze drei Tage miteinander befreundet zu sein. Dann ging der übliche Zickenstress wieder los. Ich weiß nicht, wieso, aber ich denke, es liegt an ihr.«
    Â»Was?«, fragte ich. »An wem?«
    Â»Dass Celia so schrecklich ist, liegt an ihrer Mutter«, raunte Nneka mir ins Ohr. »Darauf würde ich wetten.«
    Â»Und wieso?«
    Â»Weil Margarethe von Helsing sie unter Kontrolle haben will«, sagte Nneka. »Celia fährt nicht einmal alleine zur Schule.«
    Â»Klar«, sagte ich. »Du und Ayo sitzen schließlich mit im Wagen.«
    Nneka hob den Zeigefinger. »Genau.«
    Â»Aber ihr seid doch nicht ihre Aufpasser«, wandte ich ein.
    Â»Da wäre ich mir nicht so sicher«, gab Nneka zurück.
    Â»Wie meinst du denn das schon wieder?«, fragte ich.
    Â»Hm, wie soll ich dir das erklären …?« Nneka ließ ihren Arm von meiner Schulter gleiten und knetete nachdenklich ihre Unterlippe. »Ayo und ich gehören nicht in ihre Welt. Wir leben zwar hier, aber wir sind die Kinder der Köchin, mehr nicht. Trotzdem gehen wir auf die gleiche private Schule wie Celia.«
    Â»Weil ihre Mutter es so will.«
    Â»Ja, aber nicht, um meinem Bruder und mir bessere Zukunftschancen zu geben«, sagte Nneka. »Jedenfalls nicht nur.«
    Jetzt war ich aber wirklich gespannt. »Sondern?«
    Â»Frau von Helsing weiß, dass wir auf dieser Schule keine Freunde finden«, erwiderte sie. »Ayo und ich sind dort Außenseiter. Und zwar gar nicht mal so sehr, weil wir eine dunkle Hautfarbe haben. Wir ticken einfach anders.«
    Schon klar, aber: »Was hat das mit Celia zu tun?«
    Â»Dadurch dass sie zusammen mit uns im selben schicken Auto zur Schule gebracht wird, ist sie in den Augen der anderen auch nicht besser als wir.«
    Als ich begriff, wie Nneka das meinte und was tatsächlich hinter dieser Aussage stand, schüttelte ich energisch den Kopf. »Du spinnst doch! Frau von Helsing kann unmöglich wollen, dass Celia von diesen reichen Leuten dort ausgeschlossen wird.«
    Â»Na ja, zumindest wird sie von denen nicht auf ihre Partys eingeladen«, gab Nneka triumphierend zurück.
    Ich blähte die Backen, denn in diesem Moment hatte ich so etwas wie ein Déjà-vu. Mariels Worte von vor einigen Wochen nach Arlettas Geburtstagsfeier rauschten mir wie kleine Feuerteufel durch die Ohren.
    Wenn man es zu etwas bringen will, muss man mit den richtigen Leuten verkehren.
    Â»Eben!«, platzte ich heraus.
    Nneka sah mich verständnislos an.

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