Philippas verkehrte Welt
erlebt hatte, staunte nicht schlecht über diese Verwandlung. Nur Ayo imponierte das alles leider überhaupt nicht. Dabei taten Nneka und ich alles, aber auch wirklich alles, um ihn für Celia zu begeistern. Wir luden ihn zu einem Drei-Action-Filme-hintereinander-gucken-Nachmittag ein und lieÃen uns von ihm Basketball beibringen, ja wir liefen sogar einen ganzen Tag in Borussia-Dortmund-Trikots rum, doch nichts von all dem änderte auch nur das Geringste an Ayos Verhalten Celia gegenüber.
»Es hilft nichts, wir brauchen einen Jungen im Team«, sagte Nneka, als wir Anfang der letzten Maiwoche an einem schrecklich verregneten Nachmittag wieder einmal in meinem Zimmer auf dem roten Sofa hockten.
»Wenn du dabei an Krister denkst â¦Â«, gab ich abwinkend zurück. »Das kannst du getrost vergessen. Den nimmt Ayo doch sowieso nicht für voll.«
»Ich denke nicht an deinen kleinen süÃen Schnuckelbruder«, erwiderte Nneka.
»Sondern?«
»An deinen kleinen süÃen Schnuckelprinzen«, rief sie, schlenkerte die Arme hin und her und lieà ihre Perlenarmbänder triumphierend gegeneinanderklackern.
»Jona?« Ich schüttelte den Kopf. Den wollte ich auf keinen Fall auch noch mit in unsere Verschwörungsaktion hineinziehen. Dass meine beiden neuen Freundinnen inzwischen überhaupt von ihm wussten, musste genügen.
»Nneka hat recht«, beschwor Celia mich. »Jona ist unsere letzte Rettung.«
»Du meinst, deine«, brummte ich.
»Stimmt.« Celia seufzte. »Okay, abgehakt«, meinte sie dann und richtete ihre Augen auf Nneka. »Ein neuer Plan muss her, bitte schön.«
»So was kann man doch nicht auf Knopfdruck produzieren«, entgegnete die. »So etwas braucht seine Zeit.« Und schon glitt Nneka auf den Boden und versank in eine Art Trance, indem sie im Schneidersitz mit geschlossenen Augen und weit geöffneten Armen dasaà und Botschaften aus der Geisterwelt zu empfangen versuchte, so wie ihre GroÃmutter in Afrika das angeblich auch immer getan hatte.
Es dauerte über eine Viertelstunde, bis sie wieder ins Hier und Jetzt zurückkam und unter herzhaftem Gähnen verkündete: »Die Geister sind genau derselben Ansicht. Jona ist der Einzige, der uns jetzt noch helfen kann.«
»Du meinst, Celia«, brummte ich.
»Ja, zum Teufel!« Nneka sprang vom Boden auf. »Denk an Limette! Denk an euren Deal!«
Mir war klar, dass ich mich nicht weiter drücken konnte. Ebenso wenig wollte ich Jona ahnungslos lassen und deshalb weihte ich ihn gleich am nächsten Tag in der MarillenstraÃe in unseren Plan ein. Er hörte mir aufmerksam zu, überlegte ein paar Sekunden und nickte. »Gut. Ich machâs.«
Ich musterte ihn ungläubig und suchte den Fehler im Strickmuster, und als ich den nicht fand, stieà ich einen Freudenquietsch aus und umarmte ihn inbrünstig.
»Unter einer Bedingung«, sagte Jona.
Also doch! »Was?«
»Das heiÃt nicht was, sondern welche«, korrigierte er mich grinsend.
»Blödmann«, knurrte ich und stupste ihn sachte mit meiner Faust unters Kinn. »Also welche?«
»Limette bleibt hier, bis ihr diese Wohnung aufgebt.«
Jonas Stimme klang traurig und machte mir schmerzlich bewusst, was ich so erfolgreich verdrängt hatte, nämlich dass unsere schöne Zeit hier in der MarillenstraÃe sich allmählich dem Ende zuneigte.
»Klar«, krächzte ich. »Wir wollen Celias Mutter deswegen sowieso erst auf der Gartenparty ansprechen.«
Deswegen beinhaltete in diesem Fall übrigens nicht nur die Sache mit Limette, sondern auch noch drei weitere Punkte:
wollten wir bewirken, dass Frau von Helsing Celias Anmeldung auf dem Internat in Süddeutschland zurücknahm,
sie stattdessen darum bitten, dass Celia und Nneka in meine Klasse auf der Gesamtschule kamen â wobei hier natürlich auch Nnekas Mutter noch ein Wörtchen mitzureden hatte â, und
Frau von Helsing schonend beibringen, dass Celia nun mit Ayo zusammen war.
Neben der Sache mit Limette schien uns Punkt 1 mittlerweile gar nicht mehr so unrealistisch zu sein. Wie schon gesagt, war Celias Mutter nämlich auÃerordentlich entzückt darüber, dass ihre Tochter, Nneka und ich inzwischen so oft zusammenhingen. Es war ihr nicht einmal suspekt, dass wir uns dazu meistens im Gästehaus trafen. Na ja, sie konnte sich wohl einfach nicht vorstellen, dass
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