Phillips Susan Elizabeth
so fest im Arm hielt, dass sie praktisch über dem Boden schwebte und einen Schuh verlor. Den Portiers gelang es, ihr die Wagentür aufzuhalten, und sie stieg ein.
Als Bram losfuhr, hätte er beinahe zwei Fotografen mitgenommen, die sich auf die Kühlerhaube gelegt hatten. »Ich möchte kein Wort mehr über Hintergedanken hören.
« Seine finstere Miene und unsichere Stimme ließen keinen Raum für Widerworte. »Außerdem will ich im Moment überhaupt nicht reden.«
Damit war sie nur allzu einverstanden, denn sie hätte ohnehin nichts zu sagen gewusst.
Der reinste Zirkustross an Geländewagen folgte ihnen zurück zum Haus. Bram brauste durchs Tor und bremste vor dem Eingang abrupt ab, ehe er den Motor ausschaltete.
Sein schwerer Atem erfüllte den plötzlich stillen Innenraum. Er öffnete die Konsole und zog eine DVD heraus. »Das ist der Grund, weshalb ich nicht schon früher zu dir konnte. Sie war noch nicht fertig. Ich hatte vor, sie dir heute Abend zu bringen.« Er legte ihr die DVD in den Schoß. »Sieh sie dir an, ehe du irgendwelche größeren Entscheidungen hinsichtlich unserer Zukunft triffst.«
»Ich verstehe nicht. Was ist das?«
»Man könnte vielleicht sagen, es ist … mein Liebesbrief an dich.« Er stieg aus.
»Liebesbrief?« Aber er war bereits ums Haus verschwunden.
Sie betrachtete die DVD und las die von Hand gedruckte Aufschrift.
Skip und Scooter
In die Tiefe
Skip und Scooter hatte nach einhundertacht Episoden geendet, aber diese DVD trug den Vermerk »Episode 109«. Sie presste die DVD an ihre Brust, streifte sich ihren einen Turnschuh ab und rannte barfuß ins Haus. Für die komplizierten Geräte im Medienraum brachte sie nicht genug Geduld auf und trug seinen filmischen Liebesbrief nach oben, wo sie ihn in seinem Schlafzimmer in den DVD-Spieler
schob. Sie setzte sich mitten aufs Bett, zog mit einem Arm ihre Knie an sich heran und drückte unter Herzklopfen auf den Abspielknopf.
Allmähliches Einblenden von zwei Paar kleiner Füße, die sich über eine weitläufige grüne Rasenfläche bewegen. Ein Paar trug schwarze Mary-Janes-Lackschuhe mit weißen Rüschensöckchen. Das andere glänzende schwarze Knabenschnürschuhe, die von schwarzen Anzughosenbeinen gestreift wurden. Beide Fußpaare blieben stehen und wandten sich jemandem zu, der hinter ihnen stand. Das kleine Mädchen wimmerte: »Daddy?«
Georgie schlang beide Arme um ihre Knie und drückte sie an sich.
Der Junge herrschte sie an. »Du sagtest, du würdest nicht weinen.«
Wieder ein Wimmern von dem kleinen Mädchen. »Ich weine nicht. Ich will Daddy.«
Ein drittes Paar Schuhe tauchte auf. Schwarze spitze Männerschuhe. »Ich bin hier, mein Liebling. Ich musste grand-mère helfen.«
Georgie schauderte, als die Kamera langsam an den scharfen Bügelfalten einer schwarzen Hose zu den langgliedrigen manikürten Männerhänden mit einem Ehering aus Platin hinauffuhr. Die Hand des kleinen Mädchens ergriff diese.
Man sah eine Nahaufnahme des kleinen Mädchens. Es war sieben oder acht Jahre alt, ein blondes, engelsgleiches Wesen im schwarzen Samtkleid mit einer zarten Perlenkette.
Die Kamera fuhr zurück, so dass man den ernst dreinblickenden Jungen etwa gleichen Alters sehen konnte, der die andere Hand des Mannes ergriff.
Schnitt und eine weitwinkeligere Kameraeinstellung zeigte einen großen, schlanken Mann und zwei kleine Kinder
von hinten, die über einen gepflegten Rasen liefen. Ein Baumschatten tauchte auf, ein breiter Rasenstreifen, weitere Bäume. Ein paar Steine. Der Winkel wurde größer.
Nein, keine Steine.
Georgie presste ihre Fingerkuppen an ihre Lippen.
Ein Friedhof?
Plötzlich füllte das Gesicht des Mannes den Bildschirm. Skip Scofield. Er war älter, distinguierter und tadellos gepflegt, wie das die Scofields immer waren. Frisch geschnittenes kurzes Haar, ein schwarzer Maßanzug, eine korrekte Krawatte in dunklem Burgunderton auf einem weißen Anzughemd. Und tiefe Kummerfalten, die sich in sein schönes Gesicht gruben.
Georgie schüttelte ungläubig den Kopf. Er konnte doch unmöglich...
»Ich möchte nicht, Daddy«, sagte das Mädchen.
»Ich weiß, mein Liebling.« Skip nahm sie auf den Arm. Gleichzeitig legte er seinen freien Arm um die schmalen Schultern des Jungen.
Georgie hätte am liebsten geschrien: Das ist doch eine Sitcom! Die muss lustig sein!
Nun standen die drei neben einem offenen Grab, im Hintergrund schwarz gekleidete Trauergäste. Der Junge vergrub sein Gesicht in der Anzugjacke des
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