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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Antwort auf all dieses Geschrei wollen wir hier einen Satz hersetzen, der – um uns eines Ausdrucks von Beaumarchais zu bedienen – vielleicht nach einem Gedanken aussehen wird, weil er zwischen zwei weißen Zeilen steht.
    LXIII. Die Frau ist für ihren Mann, was ihr Mann aus ihr gemacht hat.
    In dem Ehebett besitzest du einen treuen Dolmetscher, der mit tiefer Wahrheit die Gefühle einer Frau überträgt; du machst sie dadurch zur Spionin ihrer selbst; du befindest dich stets auf der Höhe ihrer Liebestemperatur; du verläßt sie niemals, du kannst ihren Schlummer hören, kannst alle jene Unvernünftigkeiten vermeiden, die so viele Ehen unglücklich machen – und dies sind die Gründe, aus denen ein Ehebett für beide Gatten den beiden andern Arten der Einrichtung des ehelichen Schlafgemachs vorgezogen werden muß.
    Da es aber nichts Gutes ohne eine kleine Beimischung von Unbequemlichkeit gibt, so mußt du elegant zu schlafen verstehen, mußt unter der Nachtmütze ein würdiges Aussehen zu bewahren wissen, höflich sein, einen leichten Schlaf haben, nicht zu viel husten und mußt es machen wie die modernen Schriftsteller, die mehr Vorreden als Bücher produzieren.

Ehe-Revolutionen
    Es kommt stets ein Augenblick, wo die Völker und die Frauen, selbst die dümmsten, merken, daß man ihre Unschuld mißbraucht. Die allergeschickteste Politik vermag allerdings lange Zeit zu täuschen; aber die Menschen wären zu glücklich, wenn sie stets täuschen könnte; dadurch würde Völkern und Eheleuten viel Blut erspart werden.
    Wir wollen indessen hoffen, daß die in den vorhergehenden Betrachtungen angegebenen Verteidigungsmittel einer gewissen Menge von Ehemännern genügen werden, um sich aus den Klauen des Minotauros zu retten!
    Oh! Gebt doch dem Doktor der Ehewissenschaft recht, wenn er behauptet, daß mehr als eine Liebschaft, die als geheime Verschwörung angesponnen ist, durch die Mittel der Ehehygiene vernichtet werden oder dank der Ehepolitik ihr Ende finden wird. Ja – und ist es ein Irrtum, so ist er wenigstens tröstlich – ja! mehr als ein Liebhaber wird durch die persönlichen Mittel vertrieben werden. Mehr als ein Ehemann wird mit einem undurchdringlichen Schleier die geheimen Triebfedern seines Machiavellismus zu verhüten wissen, und mehr als einer wird bessern Erfolg haben, als jener alte Philosoph, welcher ausrief: ›Nolo coronari!‹ – ›Ich will nicht gekrönt werden!‹
    Leider aber sind wir gezwungen, eine traurige Wahrheit anzuerkennen. Der Despotismus hat seine Sicherheit; diese gleicht jener Stunde, die einem Gewitter vorausgeht, und in deren tiefem Schweigen der auf vergilbtem Grase ausgestreckte Wanderer eine Viertelmeile weit den Gesang einer Grille zu hören vermag. Eines Morgens also entdeckt eine anständige Frau – und wie sie werden es die meisten unserer anständigen Frauen machen – mit Adlerblick die geschickten Manöver, die aus ihr das Opfer einer teuflischen Politik gemacht haben. Zunächst ist sie ganz wütend, so lange Zeit tugendhaft gewesen zu sein. In welchem Alter, an welchem Tage wird diese furchtbare Revolution ausbrechen? Diese chronologische Frage hängt ganz und gar von der Geschicklichkeit eines jeden Ehemannes ab; denn nicht alle sind berufen, mit demselben Talent die Vorschriften unseres Ehe-Evangeliums zu befolgen.
    »Man muß recht wenig Liebe empfinden,« wird die hinters Licht geführte Ehefrau ausrufen, »um sich mit derartigen Berechnungen abzugeben! Was! Vom ersten Tage an hat er mich fortwährend im Verdacht gehabt? Das ist ja ungeheuerlich, eine Frau wäre einer so grausamen und heimtückischen Kunst nicht fähig!«
    Dies ist das Thema. Die Variationen, die der Charakter der von ihm zu seiner Lebensgefährtin erwählten jungen Eumenide dazu liefern wird, kann jeder Ehemann selber erraten.
    In diesem verhängnisvollen Augenblick sagt eine Frau nichts. Sie schweigt und verstellt sich. Ihre Rache wird geheimnisvoll sein. Nur hattest du seit jenem kritischen Augenblick, der nach unserer Annahme das Ende eures Honigmondes bezeichnete, bloß mit einem Schwanken ihres Herzens zu kämpfen; jetzt dagegen wirst du mit einem festen Entschluß zu kämpfen haben. Sie hat beschlossen, sich zu rächen. Von diesem Tage an trägt sie für dich eine Gesichtsmaske, die ehern ist wie ihr Herz. Du warst ihr gleichgültig; unvermerkt wirst du ihr unerträglich werden. Der Bürgerkrieg wird erst in dem Augenblick beginnen, wo ein Ereignis dich ihr verhaßt gemacht hat, wie

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