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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Ton von Bruder Hilpert war deutlich schärfer geworden. »Darum auf ein Neues: Legt Ihr gelegentlich Schmuck an – ja oder nein?«
    »Gelegentlich.«
    »Und Eure Tochter?«
    »Die auch.«
    »Dinge von Wert?«
    Chlotilde lachte kurz auf. »Kommt drauf an, was Ihr darunter versteht, Bruder.«
    »So zum Beispiel eine goldene Haarnadel? Schätzungsweise sechs bis sieben Zoll lang?«
    »Verzeiht, wenn ich Euch unterbreche, Bruder«, mischte sich Coelestinus ein. »Aber mir ist nicht ganz klar, was Frau Chlotildes Geschmeide mit …«
    »Muss es auch nicht!«, stauchte ihn Bruder Hilpert zusammen, während sein Blick den Visitator durchbohrte. »Nur noch ein, zwei Fragen, dann seid Ihr an der Reihe. Falls es dann überhaupt noch etwas zu fragen gibt.«
    »Wie meint Ihr das?«, fragte Coelestinus hörbar alarmiert.
    »So, wie ich es sage!«, wies Bruder Hilpert den Visitator zurecht und wandte sich wieder der Tuchhändlerwitwe zu. Deren Gesicht war inzwischen knallrot geworden, der Blick unstet und scheu. »Und nun zurück zu Euch, Frau Chlotilde«, griff Bruder Hilpert das Gesprächsthema wieder auf. »Ist Eure Tochter nun im Besitz einer goldenen Haarnadel – ja oder nein?«
    Die Matrone blieb Bruder Hilpert die Antwort schuldig und stierte stumpfsinnig vor sich hin. Coelestinus, mit dem sie einen flüchtigen Blick austauschte, stand ihr in nichts nach.
    »Kann es sein, dass ich Euch etwas gefragt habe, Frau Raab?«
    »Jetzt ist es aber genug!«, platzte Coelestinus der Kragen. »So kann man doch nicht …«
    »… mit einer potenziellen Mörderin umspringen, meint Ihr?«, wies ihn Bruder Hilpert in die Schranken. »Und ob ich das kann. Das und noch vieles mehr. Und nun habt endlich die Güte und lasst mich meine Arbeit tun.«
    »Eure Arbeit?«
    »Ganz recht, Herr Visitator, die meinige. Euch, Coelestinus, ist diesbezüglich nämlich nicht zu trauen. Nicht mehr, wie ich korrekterweise betonen muss.«
    »Ihr wagt es, mir, dem Repräsentanten der Heiligen Inquisition, die Stirn zu bieten?«
    »Und ob.« Bruder Hilpert winkte Berengar zu sich heran, murmelte ihm ein paar Instruktionen ins Ohr und wandte sich erneut seinem Kontrahenten zu. »Damit Ihr Euch nicht über Gebühr erhitzt: Wenn ich meine Beweisführung abgeschlossen habe, werdet Ihr Gelegenheit bekommen, Stellung zu beziehen. Auf dass alles seine Richtigkeit hat.«
    »Beweisführung? Stehe ich hier etwa vor Gericht?«, entrüstete sich der Visitator, während Berengar eilig die Kajüte verließ.
    »Um der Wahrheit die Ehre zu geben – ja. Wobei Euch das Prozedere nicht unbekannt sein dürfte.« Bruder Hilpert atmete tief durch, kehrte dem Visitator den Rücken und knöpfte sich die Tuchhändlerwitwe vor. »Und nun zu Euch, werte Frau Raab«, sprach er mit drohendem Unterton. Sichtlich unter Schock, fingerte diese an ihrer Warze herum. »Im Folgenden eine kurze Frage – mit der Bitte um eine ehrliche Antwort.«
    Die Matrone scharrte verlegen mit dem Fuß, schlug die Augen nieder und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht.
    Von derlei Emotionsbekundungen ließ sich Bruder Hilpert jedoch nicht aus der Bahn werfen. »Schaut mich an, wenn ich mit Euch spreche!«, wies er die Tuchhändlerwitwe zurecht.
    Die Matrone reckte das Kinn und bedachte Bruder Hilpert mit einem bitterbösen Blick. »So richtig?«, keifte sie.
    Bruder Hilpert ging darüber hinweg, griff in die Tasche und holte eine goldene, exakt sieben Zoll lange und spitz zulaufende Haarnadel hervor, welche er der Tuchhändlerwitwe vor die Nase hielt.
    »Wo habt Ihr das her?«, rief Coelestinus konsterniert aus.
    »Erinnert Ihr Euch an meinen Vorschlag, sämtliche Passagiere in diese Kajüte zu bitten und sie bis zu meinem Eintreffen nicht mehr aus den Augen zu lassen? Mit dem diskreten Zusatz, ich müsse einem menschlichen Bedürfnis nachgeben?«
    Die Augen weit aufgerissen, klammerte sich der Visitator an einen Stützbalken und schüttelte fortwährend den Kopf. »In … in der Tat«, stammelte er, während die übrigen Passagiere erstaunte Blicke austauschten.
    »Wie schön, dass Euer Gedächtnis diesbezüglich noch funktioniert«, antwortete Bruder Hilpert eiskalt. »Was, wie ich hoffe, auch auf dasjenige einer gewissen Chlotilde Raab zutrifft. Handelt es sich nun um die Haarnadel Eurer Tochter – ja oder nein?«
    Die Tuchhändlerwitwe bejahte stumm.
    »Pures Gold«, murmelte Bruder Hilpert mit anerkennendem Blick. Und legte unverzüglich nach: »Wenn auch mit Spuren von getrocknetem Blut. Nur

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