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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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fingierten Trittbrettfahrer-Mord. So etwas Fahrlässiges! Wenn der nun in die falschen Hände gekommen wäre? – Nicht auszudenken!
    Mit einem letzten Blick streifte er über die Fotos in seinen Händen, dann legte er sie zurück auf den Tisch neben die Entwicklerschalen und begab sich in einen angrenzenden Raum, der auf den ersten Blick an eine Gärtnerei erinnerte.
    Nachdem er eine grüne Metallkanne mit einer Düngelösung befüllt hatte, goss er den trüben Inhalt zuerst in eine Pflanzinsel, in der mehrere Exemplare des Roten Fingerhuts prächtig gedeihten, und danach verteilte er vorsichtig den Rest der Flüssigkeit über eine mit einer Vielzahl von braunen Eichensprösslingen gefüllten, flachen Tonschale.
    Anschließend stellte er sich vor die Werkbank in der rechten hinteren Raumecke, zog einen der unbearbeiteten Grillspieße aus Rundstahl aus dem Köcher neben der gerade hochdrehenden Schleifmaschine, spannte den Metallstab in den mächtigen Schraubstock und kürzte ihn mit Hilfe einer Trennscheibe auf etwa die Hälfte. Dann befreite er den abgesägten ehemaligen Grillspieß aus den stählernen Umklammerungsbacken und spitzte ihn an seinem vorderen Ende so an, dass dieser fortan in der Lage war, jedes menschliche Gewebe nahezu widerstandslos zu durchdringen. Aus gegebenem Anlass steckte er sich zusätzlich zu dem Döschen, das einen in Chloroform getauchten Lappen enthielt, den starken Elektroschocker in die Hosentasche seines blauen Monteuroveralls.
    Nun waren fast alle notwendigen Vorbereitungen getroffen. Jetzt konnte er sich auf den Weg machen. Zuvor unternahm er noch einen Abstecher in das Zimmer seiner Mutter, die ihn wie üblich mahnte, gut auf sich aufzupassen, was er ihr wie immer fest versprach.
     
    Seine Autofahrt führte ihn durch unberührte Waldgebiete, an einem kleinen See und an ausgetrockneten Sommerwiesen vorbei, bis endlich die Silhouette der ersten mehrgeschossigen Wohngebäude am Horizont auftauchte.
    Kurz vor der Stadtgrenze bog er in einen uneinsehbaren Waldweg ein, klebte sich den Vollbart ins Gesicht, nahm die dicke schwarze Sonnenbrille aus der Tasche, schob sie auf die Nase und zog sich die blaue Baseballmütze noch tiefer in die Stirn.
    Seine Anspannung steigerte sich.
    Da ich meinen Zweitwagen benutzte, der im Gegensatz zum Golf Caddy über Original-Zulassungsschilder verfügt, kann mir eigentlich nichts passieren; schließlich sucht die Polizei nach einem weißen Kastenwagen, und nicht nach einem silbernen Audi Kombi, versuchte er gegen die aufkeimende innere Unruhe anzugehen, die allmählich immer mehr von ihm Besitz ergriff. Eine natürliche Reaktion, beruhigte er sich, schließlich ist Adrenalin ein Aufputschmittel, das dazu dient, unsere Sinnesorgane aufzuwecken und die körperliche Fitness zu erzeugen, die man für solche außergewöhnlichen Aktivitäten eben benötigt.
    Seinen Zielort hatte er problemlos und schnell erreicht. Das Auto stellte er auf einem der vorher ausgespähten Parkplätze am Messeplatz ab, von dem aus sich ihm, falls es trotz der perfekten Planung erforderlich sein sollte, gute Fluchtmöglichkeiten boten.
    Sicherheitshalber überprüfte er noch einmal, ob er auch wirklich alles dabeihatte.
    Dann schnappte er sich die schwarze Ledertasche mit der Aufschrift ›Rundfunk Bauer‹, sondierte vom Auto aus noch einmal die Situation in der Straße und begab sich auf direktem Wege zu den eng aneinandergebauten Wohnhäusern, deren Hinterhöfe durch bis an die Straße heranreichende Containergaragen voneinander abgetrennt waren. Zielstrebig steuerte er die Kellertür eines Reihenhauses an, stellte zufrieden fest, dass sie unverschlossen war, und betrat das düstere Treppenhaus.
    In langsamen Schritten bewegte er sich die leise knarrenden Holzstufen hinauf zum Dachboden. Auf dem Weg dorthin traf er auf keinen einzigen der Bewohner. So war es ihm zwar lieber, aber er wäre auch darauf vorbereitet gewesen, wenn ihm jemand begegnet wäre. Dann hätte er freundlich gegrüßt und auf eine mögliche Nachfrage hin, was er denn in dem Haus suche oder vorhabe, geantwortet, dass er die Satelliten- und Antennenanlagen überprüfen müsse.
    Aber dazu war es ja glücklicherweise gar nicht gekommen. Obwohl er diesen Umstand eigentlich auch ein wenig bedauerte, schließlich konnte er so die Qualität der gesichtsverändernden Wirkung seiner Maskerade nicht anhand eines später veröffentlichten Phantombildes überprüfen.
    Nachdem er die im dritten Obergeschoss am Ende des

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