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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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hatte.
    Als Dr. Eva Glück-Mankowski ihren vollen Namen nannte, erfuhr diese fratzenhafte, aufgesetzte Call-Center-Freundlichkeit eine weitere, kaum für möglich gehaltene Steigerung und wurde auf dem Weg zum Dienstzimmer des Oberstaatsanwalts zusätzlich angereichert durch eine sehr lästige, aufdringliche Unterwürfigkeit.
    »Der Herr hat mein inständiges Flehen erhört und mir nun endlich den lang ersehnten Engel geschickt«, frohlockte Dr. Hollerbach und strahlte über das ganze Gesicht, als die von ihm angeforderte LKA-Unterstützung in seinem Dienstzimmer erschien.
    »Also, ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Ihren hoch gesteckten Erwartungen wirklich gerecht werden kann, Herr Oberstaatsanwalt. Aber erstmal vielen Dank für die nette Begrüßung. Das ist in dieser Stadt nicht so ganz selbstverständlich, scheint mir. Sind die Leute hier immer so abweisend und störrisch?«
    »Das ist schon ein seltsamer Menschenschlag, der hier lebt – so verklemmt und engstirnig. Das muss an der Gegend liegen. Dieser Wald bedrückt eben. Bei Ihnen da oben in Mainz ist doch vieles anders, weltoffener, toleranter«, seufzte Dr. Hollerbach. »Und dann noch das schöne Wiesbaden direkt nebendran, der Rhein, Frankfurt … Im Gegensatz zu hier leben Sie ja beneidenswerterweise in einer kulturellen Hochburg. Mit ein wenig Glück wäre ich damals auch in Mainz hängen geblieben. Aber es hat leider nicht sein sollen … Und dann wurde hier die Stelle des Leitenden Oberstaatsanwalts ausgeschrieben. Na ja, was soll’s. Jedenfalls freue ich mich sehr, dass Sie nun da sind.«
    »Danke für die Blumen!«
    »Diese dilettantischen Ermittler hier brauchen nämlich dringend fachkompetente Unterstützung, sonst wird die Mordserie nie aufgeklärt. Bei uns werden Sie auf viele bornierte Wald- und Wiesensheriffs treffen, die diesen komplizierten Fall nie alleine werden lösen können. Bei denen reicht’s bestenfalls für die Aufklärung eines Ladendiebstahls.«
    »Für solche schwierigen Fälle gibt es ja glücklicherweise das Landeskriminalamt.«
    »Gott sei Dank! Ich hoffe, Sie machen denen mal anständig Feuer unter den Hintern.«
    »Ich werde mein Möglichstes tun, das verspreche ich Ihnen. Schließlich will ich ja hier unten nicht versauern, sondern so schnell wie möglich wieder zurück nach Mainz.«
    »Sie Glückliche!«, seufzte Dr. Hollerbach.
     
    Schauß entkorkte die Rieslingflasche, befüllte die frisch ausgespülten Weingläser zur Hälfte und reichte jedem der Mitarbeiter des K 1 wortlos ein Glas.
    »Liebe Kollegin, liebe Kollegen, wie ihr alle wisst, ist Fritz Walter heute im Alter von 81 Jahren in seinem Haus in Alsenborn verstorben«, begann Tannenberg. »Fritz Walter war nicht nur ein untadeliger Sportler, er war vor allem ein außergewöhnlich bescheidener, liebenswerter Mensch, ein Vorbild in allen Bereichen. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet er die bislang einzige Ehrenbürgerwürde des Landes Rheinland-Pfalz verliehen bekommen hat. Ich möchte euch nun bitten, eure Gläser zu erheben und im Stillen der bedeutendsten Persönlichkeit zu gedenken, die unsere Stadt jemals hervorgebracht hat.«
    »Was ist denn hier los? Wird denn überhaupt nichts mehr gearbeitet? Jetzt wird auch noch während der Dienstzeit Alkohol getrunken. Seid ihr denn alle völlig von Sinnen?«, schrie Dr. Hollerbach vorwurfsvoll mit barscher Stimme, als er, kurz nachdem Tannenberg seine kleine Traueransprache beendet hatte, gemeinsam mit seiner Begleiterin das Kommissariat betrat.
    Die einzigen Reaktionen, die er mit seinem pietätlosen Wutausbruch erzeugte, war verständnisloses Kopfschütteln und eine ziemlich eindeutige Geste Tannenbergs, die den Oberstaatsanwalt zum sofortigen Schweigen aufforderte. Obwohl dieser vor Erregung innerlich zu bersten drohte, schien er schlagartig die Situation zu begreifen und zügelte seine Wut.
    »Wir werden doch wohl noch eine Gedenkminute für einen der berühmtesten Söhne unserer Stadt abhalten dürfen«, schimpfte Petra Flockerzie mit Tränen in den Augen.
    »Entschuldigung, ich wusste ja nicht …«
    »Jetzt verstehe ich endlich«, unterbrach die LKA-Mitarbeiterin. »Dieses ganze Trauergehabe in der Stadt wird nur wegen diesem alten Fußballspieler veranstaltet! Fußball: Männerwahn und Massenpsychose! Bei uns in Mainz geht das jetzt ja auch los. Deswegen die Fahnen auf Halbmast und der Trauerflor. Jetzt erst verstehe ich das alles!«
    »Sie verstehen gar nichts«, entgegnete Tannenberg wütend. »Der

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