Pinguin Mord
unterwegs.« Er unterbrach die Verbindung
und ließ das Handy verschwinden.
»Müssen Sie
weg?« Heike schaute ihn fragend an.
Michaelicke nickte.
»Leider ja. Es hat einen Zwischenfall unter dem Gerüst
der Schwebebahn gegeben. Ich muss sofort los,
Entschuldigung.«
Heike verstaute das
Aufnahmegerät in ihrem Rucksack. »Ich komme mit, wenn es
Ihnen recht ist.«
»Früher
oder später wären Sie oder einer Ihrer Kollegen sowieso
dort aufgetaucht«, schmunzelte Michaelicke. »Also gut:
Kommen Sie!«
*
Im Laufschritt waren
sie durch den unterirdischen Tunnel, der das Verwaltungshaus mit
den Werkstattgebäuden an der Schützenstraße
verband, zur Fahrbereitschaft an der Schützenstraße
geeilt und hatten sich dort einen silbernen Ford Focus Kombi geben
lassen. Michaelicke legte eine nahezu halsbrecherische Fahrweise an
den Tag, und Heike fühlte sich wie auf einer Achterbahn. Mal
wurde sie in den Sitz gepresst, im nächsten Augenblick wurde
sie nach vorn in den Sicherheitsgurt gedrückt. »Ich muss
unbedingt am Unfallort sein, bevor die Presse eintrifft, damit ich
mir in Ruhe ein Bild verschaffen kann«, entschuldigte
Michaelicke seinen rasanten Fahrstil und lächelte.
»Geht das
denn?«, fragte Heike mit einem schelmischen Lächeln.
»Ich meine, Sie bringen mich doch gleich
mit.«
Michaelicke lachte.
»Das ist eben Service. Der persönliche Shuttle-Service
für die Wupperwelle, sozusagen.«
»Na, das
weiß ich zu schätzen.«
Über die
Schönebecker Staße gelangten sie ohne Schwierigkeiten
zum Loh. Von dort aus war es ein Katzensprung zur
Wartburgstraße, wo sich die Räume der
Betriebsleitzentrale befanden. »Was wollen wir denn
hier?«, fragte Heike verwundert, als Michaelicke eilig
ausstieg und auf das Gebäude zurannte.
»Mit dem
da«, er deutete mit dem Kinn auf den Focus der
Fahrbereitschaft, »kommen wir nicht weit. Rund um den
Unglücksort wird alles dicht sein. Wir lassen uns besser von
den Kollegen der Verkehrsaufsicht fahren; die Jungs haben Blaulicht
auf dem Dach.«
Heike folgte ihm in
das Gebäude, wo Michaelicke ein paar Worte mit den Kollegen
von der Verkehrsaufsicht wechselte, bevor sie, jetzt zu viert, den
Einsatzwagen bestiegen und sich mit Blaulicht über die
völlig verstopfte Hünefeldstraße dem Unfallort
näherten. Schon von weitem sahen sie die unheilvolle schwarze
Rauchsäule, die sich in den Himmel kräuselte. Mit
Blaulicht und Martinshorn bahnten sich die Männer von der
Verkehrsaufsicht einen Weg durch die im Stau stehenden Autos. Auf
den Bürgersteigen hatten sich zahllose Schaulustige
eingefunden. »So, Herr Michaelicke, da wären wir«,
sagte Heinz Peters, der am Steuer des Einsatzwagens saß, und
blickte den Pressesprecher über den Innenspiegel des Wagens
an. Michaelicke bedankte sich bei den Kollegen für den
»Shuttle-Service«, wie er es scherzhaft nannte. Dann
stiegen sie aus. An der Abzweigung der Straße Am Wunderbau
sahen sie das Chaos. Die B7 war in beiden Fahrtrichtungen gesperrt.
Zwischen den Pfeilern 284 und 285 hing ein Schwebebahnzug am
Gerüst. Die Türen waren geöffnet; die Feuerwehr
hatte zwei Drehleitern angestellt und war damit beschäftigt,
die Fahrgäste in Sicherheit zu bringen. Der orange-blaue Zug
war von einer schwarzen Rußschicht überzogen. Einige
Fenster waren vermutlich unter der Hitzeeinwirkung geplatzt. Mitten
auf der Fahrbahn in Fahrtrichtung Elberfeld stand ein brennender
PKW. Die Flammen schlugen meterhoch zum Schwebebahngerüst
hinauf.
Löschkräfte
waren bereits im Einsatz. Anscheinend war der Schwebebahnzug nicht
in der Lage, den nächsten Bahnhof aus eigener Kraft zu
erreichen.
»Das ist ja die
gleiche Stelle wie schon einmal«, entfuhr es
Heike.
Michaelicke nickte
grimmig, während er die Szenerie beobachtete. »Stimmt.
1989 ist genau an dieser Stelle eine Schwebebahn von einem
Kieslaster erwischt worden, der seinen Kippauflieger ausgefahren
hatte. Die Bahn hat den Laster umgeworfen wie ein Spielzeugauto.
Obwohl die Schwebebahn auf einer Länge von fast zwanzig Metern
beschädigt wurde, hat es nur vier Leichtverletzte
gegeben.«
»Bleibt zu
hoffen, dass es diesmal auch glimpflich abgelaufen ist«,
murmelte Heike.
Über die
Drehleitern waren auch Rettungskräfte in die Schwebebahn
vorgedrungen. Sie kümmerten sich um die
Fahrgäste.
»Das sieht ja
echt übel aus.« Heike beobachtete den Pressesprecher,
wie er sich zum Einsatzleiter der Rettungskräfte durchfragte.
Seine Miene wirkte sehr besorgt, und immer wieder glitt sein
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