Pinguin Mord
Männer waren hier
und haben so komische Fragen gestellt.«
»Hmm.«
»Interessiert
dich wohl nicht, dass man dich bald hat?« Helga Meves
schüttelte wütend den Kopf. Obwohl sie in ihrer
Küche saß, hatte sie die Stimme gesenkt. Niemand durfte
etwas mithören können. Als sie keine Antwort bekam, fuhr
die alte Dame fort. »Thea hat sich nach ihrem Vater
erkundigt. Sie weiß jetzt alles.«
»Das nützt
ihr auch nichts mehr.«
»Aber sie wird
mich fragen.«
»Du weißt
von nichts.« Werners Stimme klang bestimmend. Helga Meves
lachte auf. »Du bist lustig. Thea ist mein Kind, und sie hat
ein Recht darauf, zu erfahren …«
»Unsinn, es hat
sie fünfunddreißig Jahre nicht interessiert. Ihr geht es
nur ums Geld.«
»Das ist Unsinn.
Es geht um mehr als nur um das verdammte Geld. Sie wurde Zeuge, wie
Karlheinz von deinen Leuten getötet wurde. Ich kann mir gut
vorstellen, dass sie mich fragen wird.«
»Sein Laden ist
schon so gut wie aufgekauft.«
»Sie wird ihr
Erbe einklagen, darauf kannst du deinen Hintern verwetten. Und das
ist ihr gutes Recht, aber das weißt du ja selbst am besten.
Du bist der Geschäftsmann.«
»Ganz genau. Und
ich werde eine Lösung finden. Mach dir mal nicht ins Hemd, ich habe ganz
andere Sorgen.«
»Bei deiner Art,
Geschäfte zu machen, wundert mich das nicht.«
»Peggy ist
tot.«
Helga Meves hätte
um ein Haar den Hörer fallen lassen. Sie zitterte am ganzen
Leib. »Was hast du da gesagt?«, fragte sie nach einer
kleinen Ewigkeit.
»Sie hat sich
mit meinem Wagen selbst umgebracht. Verbrannt. Es kam in den
Nachrichten.«
»Mein
Gott.« Dann nickte die alte Dame. »Aber sie wird einen
Grund gehabt haben. Sicherlich hast du sie mit deinen
ständigen Kontrollanrufen in den Wahnsinn
getrieben.«
»Ich habe sie
geliebt.«
»Liebe ist ein
Fremdwort für dich. Du hast sie permanent überwacht. Ist
das etwa Liebe? Was ist mit gegenseitigem Vertrauen? Mein Gott, das
arme Mädchen. Thea kannte Peggy seit ihrer Schulzeit. Sie
waren wie Schwestern. Hätte ich euch bloß niemals
bekannt gemacht.«
»Jetzt ist es zu
spät.«
»Allerdings.«
»Ich muss
Schluss machen.«
»In
Ordnung.« Helga Meves zitterte immer noch, als sie erneut
nickte. »Werner?«
»Ja?«
»Es tut mir
leid.«
»Ich
weiß.« Ohne ein weiteres Wort abzuwarten, hatte Werner
Grotejohann aufgelegt. Die alte Dame starrte noch lange auf das
Telefon. Langsam begann sie ihren Halbbruder zu hassen. Wenn es ums
verdammte Geld ging, dann konnte er über Leichen gehen. Im
wahrsten Sinne des Wortes. Und es war ein offenes Geheimnis, dass
er auch Karlheinz auf dem Gewissen hatte. Denn es hatte mehr
zwischen den beiden Männern gestanden als nur die
geschäftliche Konkurrenz. Nachdem ihr Vater gestorben war,
hatte Werner das Imperium der Grotejohanns an sich gerissen. Jeder,
der sich ihm in
den Weg stellte, musste mit Konsequenzen rechnen. War sie zu weit
gegangen, als sie ihrem Halbbruder gesagt hatte, dass sie ihn
hasste? Dann war sie zu einer Gefahr für Werner Grotejohann
geworden. Helga Meves hatte plötzlich Angst.
56
Montag, 14:45 Uhr,
Wupperwelle, Büro des Chefredakteurs
»Machen Sie, was
Sie wollen, Sie sind nicht umsonst Chef vom Dienst« Michael
Eckhardt gab sich kollegial. Er schlürfte von seinem
längst erkalteten Kaffee, betrachtete Stefan nachdenklich und
verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
»Ich hätte
gern die neuesten Ereignisse rund um die Morde in der Sendung.
Neuigkeiten als Erste bringen, das ist unsere Stärke, das ist
unser
Radio.«
»Haben Sie nie
darüber nachgedacht, die Seiten zu wechseln?«
Der Chefredakteur
lehnte sich in seinem Sessel weit zurück und musterte den Chef
vom Dienst.
»Wie
bitte?«
»Na ja, viele
der alten Kollegen haben uns bereits verlassen.
Es sind nur noch ganz
wenige vom alten Stamm des Senders bei uns. Und wenn ich an die
neuesten Einschaltquoten denke …«
Er winkte theatralisch
ab. »Einige der ehemaligen Kollegen sind beim WDR gelandet
und machen jetzt Fernsehen.«
»Lokalzeit,
hm.« Stefan nickte.
»Richtig.
Allesamt Leute, die am Aufbau der Wupperwelle beteiligt waren. Sie
waren dabei, als wir zum ersten Mal auf Sendung gingen, von der
ersten Minute an. Und jetzt verdienen sie ihre Brötchen bei
den öffentlich-rechtlichen Kollegen.«
»Wollen Sie mich
loswerden, Herr Eckhardt?« Stefan grinste.
Der Chefredakteur
schmunzelte. »Nein, Gott bewahre. Aber ich habe mitbekommen,
dass es bald auch einen privaten TV-Sender in der
Weitere Kostenlose Bücher