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Pinguine frieren nicht

Pinguine frieren nicht

Titel: Pinguine frieren nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Viktor. ›Der Chef wird davon nicht arm. Dafür macht es als Mannschaft mehr her, man braucht ja auch einen Ersatzmann!‹
    Einen Wagen für den Heimweg anzuhalten erwies sich als schwierig, da die Nagornajastraße praktisch eine Sackgasse war. Autos fuhren hier selten durch. So rief Viktor per Handy ein richtiges Taxi, das sie komfortabel bis zur Haustür brachte.
    Zuerst schleppte Viktor Ljoscha nach oben und ging dann noch mal hinunter, um den Rollstuhl zu holen. Als er wieder in der Wohnung ankam und Jacke und Schuhe ausgezogen hatte, erkannte er, daß Ljoscha Nina und Sonja die Neuigkeit bereits mitgeteilt hatte. Ninas freudestrahlendes Gesicht brachte Viktor zum Staunen.
    Sonja nahm die Nachricht, daß Onkel Ljoscha Kapitän einer Sportmannschaft geworden war, äußerst gelassen auf.
    »Gehst du dann jeden Tag zu Wettkämpfen?« fragte sie nachdenklich.
    »Nicht jeden Tag«, antwortete Viktor an Ljoschas Stelle. »Und manchmal wird er fahren, manchmal fliegen…«
    »Fliegen?« fragte Sonja und wandte sich zu Nina. »Kann er mich dann mitnehmen?«
    [483] Viktor schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Nein, Sonjetschka, das geht nicht.«
    »Und wen kann er mitnehmen? Mischa?«
    Viktor sah das Mädchen aufmerksam an. Ohne es zu wissen, hatte sie seinen geheimen Plan aufgegriffen, den er weder ihr noch dem Chef offenbaren wollte. Zwar hatte er noch nicht im einzelnen überlegt, wie er Mischa mit sich und der Mannschaft nach Kroatien befördern konnte. Aber Sonjas Frage erinnerte ihn daran, daß er sich jetzt, wo die Mannschaft gegründet war, auch um die Sache kümmern mußte, um deretwillen er das Ganze in Gang gebracht hatte.
    Nach dem Abendessen kochte Nina sich einen Kaffee und goß ihn in das Täßchen, das sie von Viktor zu Neujahr bekommen hatte. Später drehte sie das Täßchen um und las im Kaffeesatz das, was jeder Leser in diesem Satz stets zu sehen bekam. Lange sah sie in die Tasse, und auf ihrem Gesicht spielte ein nachdenkliches und ein wenig herausforderndes Lächeln. Viktor, der Nina betrachtete, ertappte sich plötzlich bei dem Gedanken, daß der ernste, oder besser nachdenkliche, Gesichtsausdruck ihr gut stand. Nur schade, daß er auf ihrem Gesicht nicht oft zu sehen war.
    Irgendwann merkte Viktor, daß Mischa-Pinguin nicht mit ihnen zu Abend aß. Er ging zur Balkontür und rief ihn. Mischa kam zögernd hinter seinem Herrchen her in die Küche und legte den Kopf auf das frisch aus dem Kühlschrank gezogene Stück Fisch.
    »Die Katze ist nicht wiedergekommen!« sagte Sonja und sah dabei Mischa an. »Vielleicht haben die Hunde sie gefressen!«
    [484] Beim Wort Hunde zuckte der Pinguin zusammen, drehte sich um und sah mit plötzlichem Interesse das Mädchen an. Aber das Gespräch verstummte. Ljoscha wendete seinen Rollstuhl. Nina stand auf, um Ljoscha durch die Tür in den Flur zu helfen. Viktor sah ihnen stumm dabei zu, genau wie Sonja. In dem entstandenen Schweigen und der von der Dunkelheit vor dem Fenster verstärkten Stille kehrte Mischa-Pinguin wieder zu seinen eigenen Gedanken und zu seinem Fisch zurück.
    96
    Zwei Tage später lud Sergej Pawlowitsch Viktor zum Abendessen ein, beflügelt von der Sportklubidee, die vor ihren Augen Gestalt annahm. Er bat ihn nur, früher zu kommen, damit sie vor dem Essen noch die Neuigkeiten besprechen konnten.
    Der frühe Abend atmete unerwartet Tauwetter. Der Schnee knirschte schon nicht mehr unter den Füßen, sondern klumpte zusammen. Die Stiefelspuren wurden dunkel und füllten sich mit Wasser, und Viktor, der durch Golossejewo zum Haus seines Chefs wanderte, blickte von Zeit zu Zeit auf seine Stiefel, die seine Füße bis jetzt noch vor Nässe geschützt und sie warm und gemütlich gehalten hatten. Viktor seufzte im Gehen und wünschte sich, das Tauwetter möge aufhören. Tauwetter gehörte nicht in den Januar, auch wenn der Monat sich schon dem Ende näherte.
    Der Tisch war im Salon gedeckt. Und zwar so liebevoll [485] und sorgfältig wie von Frauenhand, daß Viktor, an das Fehlen von Frauen in diesem Haus gewöhnt, sich wunderte. Aber das klärte sich ziemlich schnell auf. Als sie sich gerade in die Sessel am kleinen Zeitungstisch gesetzt hatten, erschien in der Tür eine etwa fünfzigjährige Frau mit Kopftuch in einem einfachen, ausgebleichten Kleid und Schürze.
    »Sergej Pawlowitsch, ich habe schon draufgehauen, ich haue und haue, aber es geht nicht!« klagte sie.
    »Ich komme.« Der Chef erhob sich und nickte Viktor zu.
    Er verließ den Raum, und kurz

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