Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
Vom Netzwerk:
nicht um Hilfe gebeten hätte, wenn Cem Agrarwissenschaften studieren würde?
    Er setzt sich aufs Sofa, hält sein Glas in der unverletzten Hand und stellt meins zusammen mit der halbvollen Flasche auf den Tisch. Ich setze mich neben ihn, nehme mein Glas und trinke einen großen Schluck. Sofort spüre ich den Wein schwer in meine Beine sacken.
    »Prost«, sagt Janosch und legt die Füße über Kreuz auf den Couchtisch.
    »Ja, ähm. Prost«, entgegne ich verlegen und bemerke plötzlich, dass direkt neben seinen Füßen mein dicker Ringbuchordner liegt, in dem ich meine Uni-Unterlagen sammele.
    »Oh, ich habe meinen Ordner hier liegen lassen«, rufe ich.
    »Ähm. Ja.«
    Bisher habe ich ihn zwar nicht vermisst, aber jetzt erinnere ich mich, den Ordner heute Mittag während unseres Gesprächs auf den Boden geworfen zu haben. Ich ziehe ihn zu mir heran und entdecke einen feinen roten Spritzer darauf.
    Oh Shit. Ich hab ihn… auf dem Boden liegen lassen!
    »Es ist meine Schuld. Das mit deinem Arm ist meine Schuld!«
    »Nein, reg dich ab, ist es nicht.«
    »Natürlich! Ich hab ihn auf den Boden gelegt, obwohl ich… Oh Mann, ich denke nie mit! Weißt du, ich bin total unordentlich und werfe ständig alles irgendwohin. Entschuldige bitte, Janosch, wirklich, das wollte ich nicht. Ich hab einfach nicht nachgedacht und…«
    Janosch drückt meine Hand fest und faltet unsere Finger ineinander.
    »…und ich habe nicht«, versuche ich meinen Satz zu beenden.
    »Deshalb wollte ich nicht, dass du weißt, wie es passiert ist. Weil du dann stundenlang redest. Und dir die Schuld gibst.«
    »Es ist ja auch meine Schuld!«
    »Ja, theoretisch. Aber ich bin in meinem Leben schon so oft gestolpert. Noch viel häufiger als du, glaub mir.«
    »Bestimmt musstest du danach nur in den seltensten Fällen ins Krankenhaus.«
    »Ja, da ist was Wahres dran.«
    »Sorry«, flüstere ich noch einmal.
    »Jetzt hör auf, dich zu entschuldigen! Ich will nicht, dass du dich deshalb schlecht fühlst. Ich wollte eigentlich gar nicht, dass du es weißt.«
    Er hat mich also angepflaumt, damit ich mich nicht schlecht fühle?
    Oh. Mein. Gott. Ich exe schnell das Weinglas. Hui, fein.
    »Paul ist dein…?«, frage ich themawechselnd.
    »Mein Neffe. Er ist Pias Sohn.«
    »Dann ist sie aber früh Mama geworden.«
    »Sie war einundzwanzig. Paul ist jetzt fünf. Ja. Unsere Mutter ist damals fast ausgerastet.« Janosch lacht, als erinnere er sich gerade daran.
    »Ist sie mit dem Vater noch zusammen?«
    »Ja, die beiden wollen im November heiraten.«
    Wir schweigen mehrere Minuten, so lange, bis Janosch den letzten Rest seines Weins in einem großen Zug herunterstürzt und einen Fuß angewinkelt aufs Sofa zieht.
    »Ich würde übrigens gern den Film am Freitag sehen.«
    »Ehrlich?« Ich strahle. Oh ja, oh ja, oh ja. Ich hab ein Date. Ich hab ein Date. Ein echtes. Hiiiiiiiiiii.
    Janosch sagt: »Ja, ehrlich.«
    Okay, das bedeutet, ich muss mein Zimmer aufräumen. Am besten fange ich gleich morgen damit an.
    »Feli, ich weiß, das ist irgendwie dumm und so wie im schlechten Film«, beginnt Janosch plötzlich, als würde ihn das, was wie im schlechten Film ist, sehr bedrücken.
    »Was denn?«, frage ich und drücke instinktiv seine Hand, die immer noch um meine geschlossen ist.
    Er löst seine Hand von meiner und legt sie auf meine Wange. Mit den Fingerspitzen stößt er gegen meine Brille. Ich setze sie ab, lege sie auf den Couchtisch und rücke näher an ihn ran. Somit gebe ich ihm mein Einverständnis. Mehr noch, ich sage ihm, dass ich seine Berührung möchte.
    »Danke«, sagt er leise, »ohne Brille ist es besser.«
    Seine Finger bewegen sich über meine Stirn und Augenbrauen, über meine Nase und die geschlossenen Augen. »Du hast große Augen«, sagt er. Ich kann nicht antworten. Mit der ganzen Handinnenfläche befühlt er meine Wangen, betastet dann meine Ohren und die Konturen meines Kinns. Schließlich fährt er mir übers Haar, von der Kopfhaut bis zu den Spitzen. »Wahnsinn. Pia hat recht, du hast verdammt lange Haare. Sie hat gesagt, du bist blond.«
    Ich nicke. Er merkt die Bewegung. Noch einmal streicht er über die gesamte Länge meiner Haare, umgreift sie und lässt sie durch seine hohle Hand fallen.
    »Und…« Die Spitze seines rechten Zeigefingers senkt sich plötzlich auf meine Oberlippe, der Mittelfinger auf die untere. Ich zucke zurück. »Sorry. Ich weiß, das ist etwas…«
    »Nein. Nein!« Ich lege seine Finger zurück auf meinen Mund.
    Er presst

Weitere Kostenlose Bücher