Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
Vom Netzwerk:
dir eine Kostprobe mit.«
    »Super«, sage ich. Ja, super für meine Figur.
    »Du bist scheiße drauf«, sagt er, tritt sich die Schuhe ab und kommt in die Wohnung. Simon fällt meine Laune so negativ auf, dass er zum ersten Mal in meiner Gegenwart ein Schimpfwort benutzt.
    Ich kenne ihn doch noch gar nicht besonders gut, wie kann er dann so schnell bemerken, dass es mir schlecht geht? Himmel, ich bin so durchschaubar!
    Simon folgt mir in die Küche und kocht uns Kaffee. Ich fühle mich nicht mal schlecht dabei, mich in meiner eigenen Küche bedienen zu lassen.
    »Geht schon«, kommentiere ich seine Feststellung meiner miesen Laune.
    »Du lügst.« Er stellt eine Tasse vor mir ab und stupst liebevoll gegen meine Nase. Dann lässt er sich mir gegenüber nieder und zieht die Plastikfolie von dem Plätzchenteller.
    Als ich laut » NEIN !« lüge, schiebt er mir einen Zimtstern in den Mund. »Hey!«, beschwere ich mich.
    »Süßes ist ideal gegen Frust.«
    Wem sagt er das. Mir, der Königin des Frustessens. Dennoch dementiere ich eifrig: »Ich habe keinen Frust!« Ich knabbere abwechselnd an meinem Mittelfingernagel und einem brezelförmigen Keks.
    »Du lügst schon wieder.« Simon grinst mich an.
    »Der ist nicht selbst gebacken!«, weiche ich aus, lecke mir über die krümeligen Lippen und deute auf den Brezelkeks.
    »Lenk nicht ab. Sag einfach: Was ist los? Es geht um Janosch. Richtig? Habt ihr Streit? Habt ihr euch getrennt? Soll ich ihn für dich verhauen?«
    Irritiert schaue ich ihn an. Streit? Trennung? Verhauen?
    » QUATSCH !«, ich besprühe ihn bei diesem Ausruf mit Krümeln. Nicht sehr lecker, ich weiß, aber Simon tut so, als hätte er es nicht gemerkt. »Ich hab dir doch schon gesagt, dass es nur um seinen Vater geht!«
    »Na, was heißt hier nur. Janoschs Vater ist so ungefähr das heikelste Thema überhaupt für ihn. Er hasst es, darauf angesprochen zu werden. Ich würde ihm zutrauen, dass er mit dir Schluss macht, weil du zu neugierig warst.«
    Ich ziehe die Augenbrauen fest zusammen und pflaume Simon wenig charmant an: »Was du für einen Quatsch redest!«
    »Ist kein Müll«, meint er und isst ein Plätzchen.
    Okay, so langsam halte ich es nicht mehr aus. Was für ein Geheimnis kann das sein? Simon übertreibt mit Sicherheit schamlos. Janosch würde nie so überreagieren, egal wonach ich ihn wie oft auch immer fragen würde.
    Es kann alles gar nicht so schlimm sein.
    ODER EBEN DOCH
    »Also, Feli, alles, was ich weiß, das habe ich von Janoschs Mutter. Er weiß, dass sie es mir erzählt hat, aber wir haben nur ein einziges Mal darüber gesprochen. Und da hat er zu mir gesagt, es geht mich nichts an und erst recht niemand anders. Aber ich finde, es ist wichtig für dich, damit du verstehst, warum er so reagiert hat.«
    Er redet wie ein Märchenopa, der die Geschichte schon viele Male erzählt hat und sämtliche Floskeln und Wendungen schon auswendig kann.
    »Janoschs Eltern hatten von Anfang an Probleme. Als Lene Pia bekam, hatte sie gerade angefangen zu studieren und musste die Uni abbrechen. Die beiden haben dann wegen des Babys geheiratet. Zwei Jahre später ist Lene mit Janosch schwanger geworden. Ich weiß nicht genau, aus welchem Jahrhundert Janoschs Vater kommt, aber er war wohl total aus dem Häuschen, dass es ein Junge war.«
    Simon schiebt ein Lachen ein, das ich nicht erwidere, weil ich mir tausend verschiedene Variationen ausmalen muss, wie diese Geschichte wohl zu dem Punkt führen wird, an dem Janosch jetzt mit seinem Vater steht. Keine meiner Vorstellungen ist besonders schön.
    »Ich weiß nicht mehr genau, wann sie festgestellt haben, dass Janosch blind ist. Aber du kannst dir vorstellen, was es für ein Schlag war zu erfahren, dass ihr Kind niemals sehen und immer ein Stück weit auf Hilfe angewiesen sein wird. Lene war erst zweiundzwanzig oder so, und sie war total fertig. Zu mir hat sie mal gesagt, sie war von Anfang an absolut verrückt nach Janosch, deshalb war es ihr egal. Sein Vater dagegen hat mit dem Gedanken gespielt, ihn wegzugeben– er konnte damit wohl nicht umgehen. Er hat’s auch nie versucht, er wollte Janosch einfach nicht. Er und Lene haben sich immer heftiger gestritten, und irgendwann, nach langem Hin und Her, ich glaube, Janosch war noch keine zwei, war sein Vater plötzlich nicht mehr da. Wie im Film. Über Nacht abgehauen.«
    Ich stocke und versuche, mir das auszumalen: ein Vater, der sein Kind wegen einer Behinderung so wenig lieben kann. Ich kann es nicht. Ich

Weitere Kostenlose Bücher