Pinguinwetter: Roman (German Edition)
bescheuerte Geschichte! Soll das heißen, ich soll erst vierzig Jahre was mit einem anderen haben und womöglich auch noch Kinder von so ’nem Versager austragen und großziehen, bis ich dann Eric wiedersehe und wir uns die letzten zwei Jahre im Altersheim lieben?«
Ich stellte mir die Wiedersehensszene im Altenheim auf einer großen Grünfläche vor einem künstlich angelegten See mit zwei altersschwachen, fast federlosen grauen Schwänen vor. Eric und ich humpelten – im Rahmen unserer Möglichkeiten mit unseren Rollatoren – aufeinander zu, bis wir die Gehhilfen beiseitewarfen und uns gegenseitig in die Arme fielen.
Ich habe wirklich tolle Freundinnen, immer mit Rat und Tat an meiner Seite.
»Ich will aber keine Kinder von irgendeinem Typen! Eigentlich will ich überhaupt keine Kinder! Und ich will, dass jetzt alles gut ist. Aber nach all dem ganzen Schlamassel ist wohl nichts mehr zu retten. Und das, obwohl ich fest entschlossen war, mich bei ihm zu entschuldigen.« Ich ließ mich quer über das große Sofa fallen. »Außerdem hatte ich schon Streit mit Mona deswegen. Sie meint, ich ziehe eine Märtyrer-Nummer durch, wenn ich sage, dass Eric sowieso nicht an mir interessiert wäre, wenn er die Wahrheit wüsste, und ich deswegen auf ihn verzichte.«
»Das stimmt«, sagte Trine und schob sich den ungefähr zwölften Esslöffel Nuss-Nougat-Creme in den Mund. »Irgendwie passt gar nichts bei euch. Aber dass Finn nicht dein Kind ist, wolltest du ihm doch schon so lange sagen. Was ist dazwischengekommen?«
Die Småland-Geschichte muss jetzt nicht auch noch ausgepackt werden, beschloss ich und setzte zu einem Themenwechsel an. »Immer nur falsches Timing. Sonst nichts. Aber danke, Trine. Du hast mir mit deiner Geschichte sehr geholfen. Ich meld mich in vierzig Jahren noch mal und erzähl dir dann, wie es ausgegangen ist.«
»Aber so was gibt einem doch Hoffnung!«, meinte Trine, nach wie vor unerschütterlich in ihrem Glauben an die wahre Liebe.
Also, wenn das alles ist, was mir am Ende des Tunnels an Licht entgegenstrahlt, dann kann ich einpacken. Das war doch noch nicht mal ein Teelicht! Noch nicht mal ein mickriges Schlüsselanhängerschlosssuchlichtchen!
»So, Liebes, jetzt musst du dich ein wenig mit dir selbst beschäftigen. Bis zum Abendbrot werde ich noch ein wenig lesen, und dann mach ich uns was Leckeres, ja?«
Ich hatte spontan das Gefühl, wieder vier Jahre alt zu sein.
»Was liest du denn?«, fragte ich meine neue Pflegemutter.
»Witzig eigentlich, der Titel heißt genauso, glaube ich, Bis zum Abendbrot , irgendwas mit Vampiren.«
»Oh Mann, Trine …«
Mit dem Buch unterm Arm verschwand Trine ins Schlafzimmer und ließ mich und Finn alleine.
Der hatte Spaß daran gefunden, meine Handtasche zu untersuchen, und sortierte gerade meine Tampons nach Größe. Niedergeschlagen ließ ich dieses Schauspiel unkommentiert.
Ich würde mir in der nächsten Zeit ein dickeres Fell zulegen müssen, das stand außer Frage. Trines Nuss-Nougat-Creme-Glas stand immer noch vor mir auf dem Tisch.
Vielleicht hilft das, dachte ich und tunkte den großen Löffel tief hinein.
»Bist du auch schwanger?«, fragte Finn in einem Ton, der viel Erfahrung mit Verhaltensweisen, die im direkten Zusammenhang mit einer Schwangerschaft standen, vermuten ließ.
»Nein«, antwortete ich leise, »in diesem Leben wohl nicht mehr.«
»Und warum bist du dann so dick geworden?«, fragte Finn mit dem Ton eines Engelchens, das in seiner Verkleidung in Wirklichkeit direkt aus der Hölle emporgestiegen war.
Jetzt will ich echt tot sein , dachte ich noch, bevor ich den letzten Schokoklumpen hinunterschluckte.
Die nächsten beiden Tage verbrachte ich hauptsächlich damit, Finn von allem, das unter dem Oberbegriff Tuwort zusammenzufassen wäre, abzubringen. Denn alles, was er tat, war irgendwie gemeingefährlich, lebensgefährlich, kostenintensiv, schmerzhaft – oder auch alles gleichzeitig.
Trine war stoisch wie immer und schlief viel. Sie war dankbar und froh, mich als Babysitter im Haus zu haben, da ihr die Schwangerschaft täglich mehr zu schaffen machte.
Mona hatte sich seit dem letzten Gespräch zwischen uns nicht mehr gemeldet, und ich hatte wenig Lust, mir weiter ihre Vorwürfe anzuhören, und beließ es erst mal bei der Funkstille. Dasselbe galt auch für Eric. Schließlich würde ich seine Meinung über mich sowieso nicht mehr ändern können – selbst wenn ich mich entschuldigte.
Nach fast drei Tagen, in denen mein
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