Pink Christmas (German Edition)
soviel von diesem sehnigen und doch so wunderbar anschmiegsamen Körper zu erspüren wie möglich, während der Fremde ihm mit der einen Hand über das lange, weiche Haar und mit der anderen über den kräftigen Po strich.
Endlich ließen sie wieder von einander ab und lagen einige Augenblicke schwer atmend Seite an Seite. Tschunka war nicht fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Nur mit größter Überwindung gelang es ihm, die Augen wieder zu öffnen und dem Mann neben sich ins Gesicht zu schauen. Ein zärtliches Lächeln empfing seinen scheuen Blick.
„Ich denke, du weißt jetzt, wer wir beide sind“, flüsterte der fremde Krieger noch einmal.
Tschunka nickte, und dann gab er sich erneut diesen frevelhaften Küssen hin.
„Du brauchst einen Namen.“
Es war bereits Mittag, die Sonnenscheibe stand wieder strahlend schön am wolkenlosen Himmel und spendete wenigstens ein bisschen ihrer lebensnotwendigen Wärme. Der Schnee war wieder geschmolzen und ließ das Land feucht und dunstig zurück.
Tschunka war am Vormittag nicht müßig gewesen: er hatte ein Kaninchen erlegt, das unvorsichtigerweise seine Nase zu weit aus seinem Erdloch gesteckt hatte. Und tief unter den vertrockneten Grashalmen der umliegenden Steppe hatte er nach den wenigen Pflanzen gesucht, die auch im Winter ihre Triebe in die Lüfte reckten, und deren Säfte Heilung bringen konnten. Davon gab es nicht viele, und er musste lange und geduldig suchen. Aber Tschunka verfügte über sehr gute Kenntnisse in der Heilkunst, erworben nicht zuletzt von dem Medizinmann seiner Sippe. Oft hatte er bereits als Kind dem Alten über die Schulter geschaut und war ihm zur Hand gegangen, wenn Jäger und Krieger verletzt in die heimischen Tipis zurückgekehrt waren und ihre Wunden behandelt werden mussten. Der Medizinmann hatte ihn willig unterrichtet; es konnte nicht schaden, wenn der künftige Häuptling auch grundlegende Kenntnisse in der Heilkunst besaß. Nun war Tschunka froh darum, bereits als kleiner Knabe so aufmerksam jedes einzelne Hälmchen studiert und an jeder Blüte geschnuppert zu haben, bevor sie vom Medizinmann zu einem unkenntlichen Brei zerstampft worden waren.
Tschunka war auch dankbar gewesen um die wenigen Stunden der Einsamkeit, in denen er versucht hatte, seine Gedanken und Gefühle neu zu ordnen. Das Umherstreifen, Suchen und Sammeln gab ihm Zeit zum Nachdenken, über den unbekannten Krieger, seine Küsse und alles andere, was heute Morgen geschehen war. Mit einem Mal schien sein Weltbild einerseits völlig durcheinandergekommen und andererseits nun erst richtig zusammengefügt worden zu sein. Er war verwirrt über das, was geschehen war, und gleichzeitig war alles so klar und eindeutig gewesen, dass er nicht einen Wimpernschlag davon leugnen konnte – und wollte. Doch wie konnte das sein? Noch nie hatte er die Augen einem Mann zugewandt, bisher allerdings auch noch kein Mädchen berührt. Hatte der Fremde ihn getäuscht, seinen neugierigen Geist ausgenutzt, mit seinem unerfahrenen Körper gespielt? Oder war alles doch nur ein Traum? Beinahe befürchtete und beinahe hoffte er, der Fremde wäre bei seiner Rückkehr nicht mehr da, noch nie da gewesen und einfach den Gespinsten seines von der Einsamkeit und Kälte überreizten Gehirns entsprungen.
Doch der Krieger hockte noch dort, wo Tschunka ihn zurückgelassen hatte, warm eingewickelt in die Büffellederdecke, und funkelte den jungen Mann bei seiner Rückkehr mit seinen seltsam golden schimmernden Augen neugierig und mit verhaltener Freude an, als hätte auch er befürchtet, dass sein Fürsorger nicht zurückkehren würde. Die Schatten des über ihn gebreiteten Gestrüpps malten interessante Muster auf sein noch immer sonnengebräuntes Gesicht und Hals. Zu gerne hätte Tschunka seinen Finger ausgestreckt, um den verschlungenen Linien nachzufahren und zu sehen, wohin sie ihn auf diesem Körper führten. Stattdessen grub er seine Fingernägel in das tote Fleisch vor sich. Mit wenigen geschickten Handgriffen hatte er das Tier gehäutet und zerlegt. Die brauchbaren Fleischstücke wickelte er rasch in das Fell des Tieres ein, dann grub er mit seinem Messer etwas abseits zwei kleine Höhlen in den Hügelhang: in die eine legte er das Fellbündel; in dem anderen vergrub er die nicht essbaren Teile des Tieres, wie Knochen und Sehen. Tschunka wusste, dass er mit seiner Jagd eine weitere Regel des Rituals gebrochen hatte. Vielleicht war es ja Manitus Wille, dass er jetzt noch nicht zum Manne
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