Pink Christmas (German Edition)
müssen. Vielleicht war es ein Zufall, vielleicht auch Manitus Wille, dass Trinoth es war, der mich zum traditionellen Bad vor dem Ritual begleitete, und so nutzte ich die Chance, mit meinem Körper auch meine Seele zu reinigen. Zu meinem Erstaunen schien er von meinen Gefühlen für ihn bereits gewusst zu haben, und er erwiderte sie voller Leidenschaft. Wir liebten uns in dem warmen Teich und am Ufer, eine Vollmondnacht lang so innig, wie ich es niemals mehr erlebt habe.
Ich ging durch das Ritual mit ihm in meinem Kopf und meinem Herzen, und später beglückte ich meine Frauen zwischen ihren Schenkeln, während ich mich in Gedanken an den seinen rieb. Er tat es genauso, und hin und wieder trafen wir uns nachts an dem Teich, um die Erinnerung aufzufrischen. Ich glaube, unsere Frauen wussten es im geheimen, aber niemals sagte eine ein Wort – man hätte ihr dafür die Zunge herausgerissen.
Nicht jedoch dem alten Medizinmann, der uns misstrauisch nachspionierte und schließlich aufstöberte.“ Amutilla verstummte. Sein Atem ging stockend, so als überlegte er, ob er weitererzählen und die Wunde in seiner Seele wieder aufreißen sollte.
Tschunka erriet bereits, was jetzt kommen würde, und die schreckliche Vorahnung ließ ihm das Herz stocken. Doch er wollte die Geschichte bis zu ihrem Ende hören, wie grausam sie auch sein mochte. Vorsichtig streckte er den Arm aus und berührte die Narbe in Amutillas Gesicht noch einmal.
Amutilla seufzte und sprach weiter: „Sie folterten uns am Marterpfahl und peitschten uns aus. Lange und überall, wie du siehst. Es galt als eine schwere Schande, einen Männerkörper zu lieben, obgleich wir der Sippe alle Ehre gemacht und viele Knaben gezeugt hatten. Meine kleinen Söhne sahen alle schweigend der Schandstrafe zu, und keiner von ihnen sprach je wieder mit mir.
Trinoth überlebte die Marter nicht. Er wurde krank an seinen Wunden, und der Medizinmann ließ ihn siechen. Auch mich überließ er mehr mir selbst, quälte mich mit wirkungslosen Salben und bitteren Trunken, die mich über mich selbst erbrechen ließen, bis ich mich schließlich seiner und jeder anderen Hilfe eines Mannes verweigerte. Es war meine Hauptfrau, die mich pflegte und meine Wunden versorgte. Sie war es auch, die mich drängte, fortzugehen, denn bei meinem Stamm hätte ich kein Glück mehr gefunden, weder durch Jagderfolg noch durch große Weisheit oder viele gesunde Kinder. Ich bin geflohen, Tschunka, vor der Strafe meiner Stammesbrüder und vor mir selbst. Und dieses Schicksal kann auch dich ereilen.“
Tschunka hatte mit regloser Miene zugehört, den Blick unter den halb geschlossenen Lidern auf den flimmernden Horizont gerichtet. Doch bei dem letzten Satz zuckten seine Augen zu Amutilla hinüber, der ganz deutlich darin die Angst lesen konnte, die Tschunka bei diesem grausamen Bericht befallen hatte. Mit einem Schlag war ihm klar geworden, dass seine Sehnsüchte der letzten Stunden dieselben waren, die Amutilla gerade beschrieben hatte: dieses Verlangen nach starken Armen, in denen er sich verlieren konnte, etwas, das ihn nahm, statt sich ihm hinzugeben, raue Haut und ein harter Griff anstelle von nachgiebiger Gefälligkeit. Der Preis dafür war der Fluch der Geister.
Als hätte Amutilla seinen letzten Gedanken gelesen, schüttelte er langsam den Kopf und flüsterte: „Es ist der Wille, aber nicht der Fluch Manitus, dass wir so sind, wie wir sind. Er hat uns so geschaffen. Auch wir sind seine Kinder, ohne zu wissen, was ihn dabei erfreute, uns den Gefallen an seiner eigenen Männlichkeit zu schenken.“
Dennoch begehrte Tschunka verzweifelt auf: „Woher willst du das wissen?! Womit ist gesagt, dass ich genauso bin wie du? Du hast mich geküsst und gestreichelt, aber wisse, dass es der erste Kuss war, den ich je bekommen habe und ...“
„Und war er falsch?“, fuhr Amutilla hart dazwischen.
Tschunka verstummte, erschauerte fast, als diese raue, kräftige Stimme so plötzlich in ihn fuhr.
Etwas sanfter fügte Amutilla hinzu: „Fühlte es sich falsch an, meine Hände in deinem Haar zu spüren? War der Druck meiner Schenkel an deinen Lenden unangenehm? Hat mein Atem in deinem Ohr wehgetan?“
Tschunka schob trotzig das Kinn vor, doch dann schüttelte er kaum merklich den Kopf. Amutilla hatte recht. Das Offensichtliche war nicht zu leugnen: er hatte die Zärtlichkeiten dieses Mannes genossen. Und mehr noch: es verlangte ihn danach, sie wieder zu spüren, und sogar weiter zu gehen, als er es
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