Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls
Crake rief Frey etwas zu und zeigte auf eine bestimmte Stelle. »Dracken läuft weg!«, rief er.
Frey sah hin. Das Handgemenge im Hof war noch erbitterter geworden. Die Ritter waren bei weitem in der Unterzahl, gingen aber trotzdem nicht zu Boden. Etliche blutbesudelte Körper lagen auf dem Platz. Die Miliz hatte es aufgegeben, jemanden ergreifen zu wollen, und versuchte die Ritter jetzt nur noch zu töten, aber ihre Gewehre waren im Nahkampf nicht richtig zu gebrauchen. Einige Milizionäre hatten bereits zu Pistolen und Messern gegriffen. Die Ritter glitten mit geübter Brutalität zwischen den Kugeln und Klingen hindurch, und ihre Gegner bekamen sie nicht in die Hände.
Jenseits von alledem entdeckte Frey Trinica Dracken. Sie
floh zu der Tür, die ins Kasernengebäude führte, weg vom Hof. Herzog Grephen wich vor dem Knäuel der Männer zurück, die mit den Rittern kämpften. Er wirkte benommen, verblüfft von dem Blutbad, das er entfesselt hatte. Versehentlich kam er dem Käfig zu nahe, in dem die Crew der Ketty Jay eingesperrt war, und Malvery langte hinaus, packte ihn mit seinen dicken Armen und presste ihn fest an die Gitterstangen.
»Den hier hab ich, Käpt’n!«, brüllte Malvery, während Frey von der Plattform sprang, um Trinica zu folgen. Er sprintete über den Hof, als sie durch die Tür verschwand. Aus dem Augenwinkel sah er Gallian Thade zu derselben Tür laufen. Der Aristokrat war offenbar zu dem Schluss gelangt, dass Trinica die richtige Idee gehabt hatte, und ließ seinen Herzog nun zugunsten einer raschen Flucht im Stich.
Die beiden rannten über den Hof, und einen Moment lang sah es so aus, als würden sie ihr Ziel gleichzeitig erreichen. Doch dann sah Frey, wie Kedmund Drave seine Pistole hob und durch das Gedränge der Körper um ihn herum einen Schuss abgab. Thades Sprint wurde zu einem Stolpern; er taumelte unter seinem eigenen Schwung vorwärts. Sein Gesicht erschlaffte, und er krachte in einer Staubwolke zu Boden. In seiner eleganten Jacke klaffte ein Loch, und sie war mit Blut befleckt.
Frey lief weiter. Er fürchtete, selbst jeden Moment eine Kugel in den Rücken zu bekommen, aber Drave war zu sehr damit beschäftigt, sich selbst zu retten, als dass er mehr als einen Sekundenbruchteil für jemand anderen erübrigen konnte. Pinn und Malvery spornten Frey an, während er aus dem Hof durch die offene Tür in die kühlen Steinflure der Kaserne flog.
Trinica verschwand gerade um eine Ecke, und er nahm die
Verfolgung auf. Ihr Kompass und ihre Karten waren seine einzigen Trümpfe; wenn sie damit entkam, würden er und seine Crew trotz allem für ihre Beteiligung an dem Verbrechen gehenkt werden. Als er um die Ecke bog, erhaschte er wieder einen Blick von ihr – ihre schwarz gekleidete Gestalt, ihr unregelmäßig geschnittenes weißes Haar. Sie hörte seine Schritte und schaute sich zu ihm um. Ihre Augen verrieten nichts, nicht einmal Überraschung. Sie bog um eine weitere Ecke und verschwand außer Sicht.
Frey rannte mit pumpenden Armen hinter ihr her. Sein Entermesser schnitt durch die Luft. Die Kaserne war verlassen, und die hohlen Echos seiner Schritte hallten von den Wänden wider. Er flitzte um die Ecke, hinter Trinica her.
Sie stand dort, ein paar Meter entfernt, ihre Pistole auf seine Brust gerichtet. Frey verspürte eine kurze, schreckliche Überraschung, und dann schoss sie ihn nieder.
Die Schüsse waren ohrenbetäubend laut. Er hatte nicht einmal Zeit, um schlitternd zum Stehen zu kommen, bevor sie zweimal hintereinander abdrückte und praktisch auf kürzeste Distanz auf ihn feuerte. Freys Schwung wurde gewaltsam gestoppt. Er schwankte auf den Absätzen und fiel auf den Rücken.
Für Trinica war er schon erledigt, bevor er auf dem Boden aufschlug. Sie steckte ihre Pistole ins Halfter und rannte weiter, nicht daran interessiert, einen Moment ihrer Flucht auf Gefühle zu verschwenden.
Frey hörte ihre Schritte weiter vorn im Flur verschwinden. Seine Brust hob und senkte sich. Sein Gehirn und sein Körper überwanden allmählich die Schockstarre.
Er stützte sich auf die Ellbogen. Ungläubig betastete er seine Brust.
In seinem Hemd waren keine Löcher. Er war unverletzt.
Er rappelte sich hoch und schaute sich um, als könnte dort irgendwo eine Antwort liegen.
Ich bin nicht tot, dachte er stumm. Warum bin ich nicht tot?
Ihm fiel nur eine einzige Möglichkeit ein. Er schaute auf seine Hand hinunter, die immer noch das Entermesser hielt.
Die Klinge mit dem darin gebannten
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