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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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gehasst hätte, wäre er zu ihnen zurückgekehrt. Wenn auch nur, um sie zu warnen. Weil es das Richtige war, und weil es ihn besser machte als Frey.
    Er nahm denselben Weg zum Alten Einauge zurück. An der Schwelle hielt er inne und horchte auf Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmte. Man hatte ihn mit der Crew trinken sehen. Wenn die anderen bereits gefasst worden waren, hatte es keinen Sinn, sich ebenfalls erwischen zu lassen.
    Die Chancen, dass man Frey noch nicht erkannt hatte, standen allerdings gut. Die Ferrotypie auf den Handzetteln musste vor langer Zeit entstanden sein, vor zehn oder mehr Jahren. Sie ähnelte Frey nicht sehr. Sein Gesicht war darauf etwas schmaler und sehr viel sorgloser. Er war glatt rasiert und sah glücklich aus, er lächelte in die Kamera und blinzelte in die Sonne. Im Hintergrund waren Berge und Felder zu sehen. Crake fragte sich, wann sie aufgenommen worden sein mochte, und von wem.
    Die Zechenden waren fröhlich, und der Lärm im Innern der Schenke war wie üblich ohrenbetäubend. Alles schien in Ordnung zu sein. Er spähte durch die beschlagenen Fenster, entdeckte jedoch nichts Falsches.
    Geh rein, schnapp sie dir, und dann nichts wie raus aus der Stadt.

    Er holte tief Luft und machte sich bereit, sich ins Gewühl zu stürzen. In diesem Moment erblickte er auf der Straße zwei Ritter, die auf ihn zukamen.
    Er kannte sie von ihren Ferrotypien. Jeder kannte die Ritter. Die Zeitungen brachten Meldungen über ihre Großtaten; billige Taschenbücher erzählten erfundene Geschichten über ihre Abenteuer; Kinder staffierten sich aus wie sie und spielten Ritter. Die meisten Bürger von Vardia konnten zwanzig bis dreißig der hundert Zenturienritter identifizieren. Aber niemand kannte alle, denn sie operierten ebenso im Verborgenen wie in der Öffentlichkeit.
    Diese beiden gehörten zu den berühmtesten, und sie zogen die Blicke der Passanten auf sich, als sie näher kamen. Die kleinere Ritterin war Samandra Bree. Sie trug einen langen, zerschlissenen Mantel und eine weite, über den Stiefeln ausgestellte Lederhose. Auf ihrem Kopf thronte ihr Wahrzeichen, der Dreispitz. Ihr Mantel wehte im Wind, als sie dahinschritt, und gab den Blick auf zwei Repetierflinten und ein Entermesser am Gürtel frei. Samandra – jung, dunkelhaarig und schön – war ein Hätschelkind der Presse. Nach allem, was man hörte, tat sie wenig, um deren Aufmerksamkeit noch stärker auf sich zu lenken, was nur bewirkte, dass die Menschen sie umso mehr liebten und die Presse sie umso hartnäckiger verfolgte.
    Ihr Begleiter, Colden Grudge, war nicht ganz so fotogen. Er war ein Hüne mit einem Gesicht wie eine Felswand. Dichtes, zottiges braunes Haar und ein ungekämmter Bart verliehen ihm ein boshaftes, affenähnliches Aussehen. Unter einem Umhang mit Kapuze waren vom Alter mattierte Panzerplatten über seine wuchtigen Gliedmaßen und seine massige Brust geschnallt. Auf dem Harnisch trug er die Insignien der Zenturienritter. Zwei Handäxte mit Doppelklinge
hingen an seiner Taille, und eine Maschinenkanone war über seinen Rücken geschlungen.
    Crakes Mund wurde trocken, und er hätte beinahe die Flucht ergriffen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ihm klarwurde, dass sie gar nicht auf ihn zukamen, sondern in die Schenke wollten, vor der er stand. Ins Alte Einauge.
    Ihm blieb keine Zeit zum Überlegen. Gleich würden sie hineingehen. Bevor er wusste, was er tat, streckte er ihnen den Handzettel hin und stieß hervor: »Verzeihung. Ihr sucht diesen Mann, nicht wahr?«
    Die Ritter blieben stehen. Grudge starrte ihn böse an; seine winzigen Augen spähten unter einer vorgewölbten Stirn heraus. Samandra kippte ihren Dreispitz nach hinten und lächelte. Crake ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie in Persona wirklich hinreißend war.
    »Ja, so ist es, Sir«, sagte sie. »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Ich … ja, das habe ich, in der Tat«, stammelte er. »Zumindest glaube ich, dass er es war.«
    »Und wo war das?«, fragte Samandra mit leicht belustigter Miene. Sie hielt seine Nervosität für die Reaktion eines Mannes, der von einer hübschen Frau eingeschüchtert war, nicht für die von jemandem, dem die Angst, entdeckt zu werden, die Kehle zuschnürte.
    »In einer Schenke … da vorn!«, improvisierte Crake und zeigte die Straße entlang.
    »In welcher Schenke?«, fragte Grudge ungeduldig.
    Crake suchte nach einem Namen. »Ach, die mit den Laternen an der Fassade, Sie wissen schon … Der Heulende Wolf oder so … Der

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