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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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Bruder?«
    »Selbstverständlich«, bestätigte der Greis und nickte beflissen mit dem Kopf. »Jede Antwort ein ›Knaller‹.«
    Der Professor wurde plötzlich hellhörig. Er richtete sich auf und schien etwas sagen zu wollen. Doch dann überlegte er es sich anders und schwieg.
    »Vielen Dank, Bruder Ignatius. Und … fünf.« Der Blindenführer spitzte die Lippen und – puh – blies die Kerze aus.
    Iwan verzog das Gesicht. In der schlagartig hereingebrochenen totalen Finsternis schimmerte noch für kurze Zeit die Silhouette der erloschenen Flamme.
    »Nein!«, schrie Kusnezow. »Lasst bitte das Licht brennen! Bitte!«
    »Geht in euch«, empfahl die Stimme des Blindenführers in der Dunkelheit. »Ihr habt zehn Mahlzeiten Bedenkzeit. Verpflegt werdet ihr zweimal pro Tag. Bruder Ignatius wird mitzählen. Nach der zehnten Mahlzeit werde ich kommen, um eure Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen.«
    Als die Schritte der Blinden in der Ferne verhallten, setzte sich Iwan auf den Boden.
    Das konnte einfach nicht wahr sein. Er hatte einen Schuss aus nächster Nähe überlebt – und jetzt so was.
    Aber ich werde auch das überleben, verlasst euch drauf. Denn ich muss unbedingt nach Hause zurück.
    »Na prima!« Der Oberführer fing plötzlich zu lachen an. »Wissen ist Licht und Unwissenheit ist Dunkelheit. Ist doch völlig klar. Erst hauen diese Blinden uns die Hucke voll, und dann dürfen wir so werden wie sie. Super, oder?« Das Gelächter des Skinheads nahm hysterische Züge an, so als könnte er gar nicht mehr aufhören.
    Verdammt. Iwan lehnte die Stirn gegen das Gitter.
    Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man tatsächlich darüber lachen, dachte er. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass jemand hartnäckig versucht, meine Rückkehr zu verhindern. Aber das ist absurd. Mit solchen Gedanken mache ich mich nur verrückt. Ich muss mich irgendwie ablenken.
    Iwan stieß sich vom Gitter ab und begann, ein paar Dehnübungen zu machen. Sollte sich eine Chance zur Flucht ergeben, würde er bereit sein.
    Stunden vergingen. Oder Minuten?
    Plötzlich schlurfende Schritte in der Dunkelheit. Und das quietschende Geräusch rollender Räder. Iwan lehnte sich gegen das Gitter und lauschte. Metallisches Knirschen. Jemand schob einen Gegenstand durch den Spalt unter dem Gitter. Und noch einen. Iwan bückte sich und ertastete glattes Blech. Eine Schüssel. Und daneben etwas Kleineres, Rundes. Ein Becher. Er fühlte sich kalt an. Wasser.
    »Was ist das?«, fragte er, obwohl er es schon wusste.
    »Euer Frühstück«, brummte der unsichtbare Gefängniswärter. »Esst.«
    Die Schritte und das Quietschen der Räder entfernten sich nach rechts. Iwan versuchte die Entfernung abzuschätzen. Etwa zwanzig Meter, dann eine Biegung – anscheinend nach rechts.
    Sind wir in einem ehemaligen Schutzbunker? Vielleicht. Egal, Zeit fürs Frühstück. Mal sehen, was sie uns vorgesetzt haben.
    Iwan griff in etwas Schleimiges, das sich bewegte. Er riss die Hand zurück und vor Schreck hätte er beinahe die Schüssel fallen lassen.
    »Scheiße!«, fluchte der Oberführer in der Dunkelheit.
    Eine Blechschüssel schepperte.
    »Was ist das denn?«, fragte Iwan.
    »Weinbergschnecken, wenn ich mich nicht irre«, verkündete Wodjanik geschäftig. Im Gegensatz zu seinen Mithäftlingen begriff der Professor seine Gefangenschaft als eine Art psychologisches Experiment. »Sehr interessant. Die jungen Herrschaften brauchen überhaupt nicht die Nase zu rümpfen. Schnecken sind eine wertvolle Eiweißquelle. Außerdem sind sie genügsam. Es muss nur warm und feucht genug sein, dann vermehren sie sich wie … nun, sagen wir, wie die Schnecken, haha. Probieren wir mal …« Aus der Finsternis drangen Schmatz- und Kaugeräusche. »Nicht schlecht«, befand Wodjanik mit vollem Mund. »Zitrone fehlt natürlich, aber dennoch …«
    »Ich muss gleich kotzen, Prof«, warnte der Oberführer.
    Das fehlte noch, dachte Iwan.
    »Ich bitte Sie, junger Mann, das ist doch eine Delikatesse! In früheren Zeiten wurden Schnecken in den feinsten Pariser Restaurants aufgetischt.«
    »Ich weiß, ich weiß«, entgegnete der Oberführer. »Aber bei Licht. Bei Licht würde ich auch ein paar davon essen, aber in der Dunkelheit sind sie einfach nur schleimig und ekelhaft.«
    Der Professor hustete. »Sie übertreiben maßlos«, sagte er dann. »Natürlich sehen Schnecken nicht besonders appetitlich aus und sie bewegen sich …«
    »Scheiße, die bewegen sich!!«, schrie der Oberführer

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