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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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jeden Tag eingeloggt hat. Vielleicht nur alle zwei, drei Tage.«
    Klang logisch. Lisa nickte es ab, Bentner gab ein Datum ein, den 20. Die Seite sagte ihm: Sorry, das Archiv ist nur für Abonnenten und Leute, die für Informationen bezahlen. Bentner stöhnte und suchte nach seiner Kreditkarte.
    Verkehrsunfälle. Blechschäden, deren Verursacher Gummi gaben, Rentner im Konflikt zwischen Gas und Bremse, Farbenblinde vor roten Ampeln. »Man fasst es nicht«, sagte Lisa.
    Der 20. September war ein unauffälliger Tag mit einer leicht denkwürdigen Konzentration auf Nachrichten aus dem Briefmarkensammlermilieu gewesen, gleich drei Vereine hatten zu Vereinsabenden geladen. Ein Geschäft für Bastelbedarf war eröffnet worden, die Bürgermeisterin überreichte Blumen an die beiden strahlenden Inhaber, ein mittelalterliches Pärchen, dann, eine Seite weiter, wieder die Bürgermeisterin bei einer Podiumsdiskussion, »Verkehrskreisel pro und contra«, diesmal ohne Blumenstrauß und Businesslächeln, dafür neben einem grantigen Stierkopf, in den die sture Opposition gemeißelt schien.
    Der 21. September. Die Wettersymbole links oben, eine von vielen Wolken fast vollständig verdeckte Sonne, aber kein Regen, immerhin. 14 Grad, in der Nacht zunehmende Bewölkung, schwacher Wind aus Südwest. Wieder der Verkehrskreisel, ein Bericht mit aufregenden Bildern, die vor einer Ampel wartende Autoschlange, drei aufgeregt in verschiedene Himmelsrichtungen weisende Passanten. Der Männerchor lud zur Gruppenreise in die Champagne, Führung durch eine Champagnerkellerei und ein Glas zum Probieren inklusive, auch für Nichtmitglieder. Wieder hatte jemand Gas und Bremse verwechselt und war zwischen schockierten Fußgängern hindurch übers Trottoir in eine Schaufensterscheibe, siehe Foto, da musste der Glaser her. Zwei Einbrüche, in einen Tabakladen, in eine Bäckerei, das Kleingeld aus der Kasse, mehrere Stangen Zigaretten. Entlaufene Hunde, zugelaufene Katzen, ein Englischkurs der VHS fiel wegen Erkrankung des Dozenten aus, sollte aber nachgeholt werden, Termin dann rechtzeitig an dieser Stelle.
    »Was das wieder kostet«, sagte Lisa und bedauerte Bentners Kreditkarte.
    Bentner antwortete nicht. Er las die kleine Meldung zweimal, wies mit dem Finger drauf.
    »Hier.«
    Lisa las laut.
    »Tödlicher Sturz aus einem Fenster. Gestern Nachmittag ereignete sich ein schrecklicher Unfall im 4. Stock des Hotels Meisterhof. Aus noch nicht geklärten Gründen stürzte ein 13-jähriges Mädchen aus dem Flurfenster in die Tiefe. Der sofort alarmierte Notarzt konnte nur noch den Tod des Kindes feststellen. Bericht folgt.«
    Nämlich zwei Tage später am 23. September, eine dreiviertel Seite, der Text lief um ein großes Foto, eine Hauswand im Hintergrund, der ramponierte und gerade wohl gereinigte, noch nasse Asphalt eines Parkplatzes und zwischen zwei Markierlinien eine Umrisszeichnung, kaum noch zu erkennen.
    Sie sahen hin, fröstelten. Die Umrisse eines Menschen, Arme und Beine vom Körper gestreckt, wie an die Pfosten eines Bettes gefesselt.
    »O – M – G«, kürzelte Lisa, »deshalb also. Lies mal vor, bitte.«
    Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen, atmete tief, hörte, machte sich Bilder im Kopf.
    » MYSTERIÖSER FENSTERSTURZ . Noch immer ungeklärt sind die Umstände, die zum Tod der 13-jährigen Schülerin Layla-Anne S. führten. Die Leiche des Kindes war vor drei Tagen gegen 16 Uhr 30 von einem Gast des Hotels Meisterhof auf dem dortigen Parkplatz entdeckt worden. Der sofort herbeigerufene Notarzt musste den Tod des Mädchens feststellen. Erste Ermittlungen der Polizeidirektion Ost ergaben einen ungefähren Hergang des Geschehens. Layla-Anne S. betrat das Foyer des Hotels gegen 16 Uhr, wie mehrere Zeugen übereinstimmend bestätigten. Sie war für Jahreszeit und Außentemperatur auffällig mit einer roten Shorts, einem blauen T-Shirt, weißen Söckchen und gelben sogenannten Ballerinas bekleidet. Unbemerkt von der Mitarbeiterin an der Rezeption betrat Layla-Anne S. den Fahrstuhl und fuhr – so jedenfalls die Hypothese – in den vierten Stock des Meisterhof. Was dort bis zum Fenstersturz ca. 25 Minuten später geschah, bleibt vorläufig noch im Dunkeln.
    Gegen 16 Uhr 30 verließ der Gast Walter P. das Hotel durch den Hinterausgang, um zu seinem Wagen auf dem Parkplatz zu gelangen. Er hörte, noch nicht aus dem Haus getreten, ein heftiges Aufprallgeräusch. Die Leiche des Kindes lag unter dem offenen Fenster des Korridors im vierten

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